Kulmbach und Holland pflegten schon im 19. Jahrhundert enge Bier-Beziehungen. Heute wird ein exklusives "Koningsbier" exportiert.
Wenn in Kürze die Elefantenhochzeit zwischen den weltgrößten Bierkonzernen AB Inbev und SAB Miller vollzogen sein wird, dann wird Heineken den zweiten Platz in der Brauerei-Weltrangliste ein. Global bringt es der Konzern aus den Niederlanden auf einen Jahresausstoß von 178 Millionen Hektolitern. Er ist in fast allen Ländern der Erde vertreten und hat seine Fangarme auch längst nach Deutschland und bis nach Kulmbach ausgestreckt.
Die Beziehungen zwischen der Bierstadt Kulmbach und Holland jedoch sind nicht erst jüngeren Datums, sondern uralt. Es waren die tüchtigen Kleinbrauer, die unser westliches Nachbarland schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts mit ihrem Culmbacher belieferten. Bereits 1841 wird Culmbacher März Lager-Bier offeriert. Der Händler J. G. C. Frid. Camphuynder bietet es am 31. Mai im Amsterdamer Algemeen Handelsblatt zusammen mit Bier aus Kitzingen an.
Mainleuser Hafen
Aber wie kam das Bier aus Kulmbach 1841 nach Amsterdam? Die aufstrebende Bierstadt war zu jener Zeit noch nicht an das Schienennetz angeschlossen Die Antwort findet man in Mainleus, wo am heutigen Floßanger ein richtiger Hafen entstanden war, in dem mächtige Stämme aus dem Frankenwald und dem Fichtelgebirge zu Floßböden zusammengebunden wurden. Diese nahmen dann auch das von Kulmbach in großen Transportfässern angelieferte Bier mit auf die Reise. Am flachen Hang entstand das Flößerhaus, errichtet von der reichen Familie Wich aus Unterrodach.
Das erste Ziel war der Umschlagplatz in Bischberg. Hier traf das Bier aus Kulmbach auf Steinkohle aus Stockheim, die über die Rodach an die Regnitzmündung gelangt war. Wichtigster Floßhafen in Franken war Kitzingen. Und davon lebte die Kleinstadt.
Dort trank man Wein, braute aber fleißig Bier, das ausschließlich für den Versand bestimmt war.
Über Kitzingen nach Amsterdam
Im Sudjahr 1842/43 hatten die Kitzinger mit Abstand die höchste Bierausfuhrquote aller bayerischen Städte. Culmbacher Lager Märzen und Kitzinger erreichten zusammen Amsterdam. Das sollte sich jedoch bald ändern. Als Ende der 1840er-Jahre der Schienenstrang dem Wasserweg den Rang ablief, versiegten die Bierlieferungen der Unterfranken. Kulmbach dagegen hatte für Nachhaltigkeit gesorgt.
1882 vergab die Erste Culmbacher Actien Exportbier-Brauerei den Alleinverkauf ihrer Biere für Holland an die Firma Ww. Kray in Amsterdam. In der Gazette De Lokomotief wird am 20. Mai 1895 ein Culmbacher Bock angeboten.
Nicht minder emsig war die Reichelbräu.
Sie hatte sich mit ihren Vertriebsaktivitäten im Großraum Arnhem (Arnheim) angesiedelt. Importeur für die Niederlande war die dortige Firma B. C Hermsen. Diese Geschäftsbeziehung mit der Stadt am Niederrhein überdauerte auch den Ersten Weltkrieg. Das endgültige Aus kam mit dem schrecklichen Nachfolgekrieg; auch für die anderen Kulmbacher Brauereien.
Seitdem hat sich vieles geändert. Alle ehemaligen Brauereien der Stadt sind in der Kulmbacher Brauerei aufgegangen. Und die ist mit 63,8 Prozent mehrheitlich im Besitz der BHI in München (50,1 Prozent Schörghuber und 49,9 Prozent Heineken). Nun sitzen also plötzlich die Holländer in Kulmbach mit am Hebel.
Und doch hat es den Anschein, dass die handwerklichen Braumethoden nicht ganz in Vergessenheit geraten sind.
Vom Mönchnhof ins Königshaus
Die Stiftung Oranjefeesten Apeldoorn, gegründet 1881, organisiert das jährliche Königstagsfest im April. Diese Stiftung hat der Dutch Orange Company (DOC) die Vermarktung übertragen. Sie darf Produkte und Dienstleistungen anbieten mit Beziehung zu den Niederlanden und dem Königshaus.
Dazu gehört selbstverständlich auch ein Bier, eben das Koningsbier. Aber es sollte etwas sehr spezielles und handwerkliches sein. So einfach aber war ein solches in Holland nicht zu finden. Schon bald richtete sich der Fokus auf Oberfranken. Und mit Alfred van Geijn hatte man einen Mann in den eigenen Reihen, der sich auskannte. Aber eigentlich sollten die Produkte, das Bier, einen Bezug zu Nassau haben.
Kein Problem! Da gab es eine Elisabeth von Leuchtenberg (1537 - 1579), und die hatte einen Teil ihres Lebens auf der Plassenburg verbracht und Jan de Oude van Nassau-Dillenburg (1536 - 1606) geheiratet, den Bruder von Willem van Oranje.
Jan de Oude ist der zweite Sohn von Willem de Rijke und Juliana von Stollberg, also den Stammeltern der niederländischen Nation. Die Kinder von Jan von Nassau-Dillenburg und Elisabeth von Leuchtenberg bilden die Wurzeln des Niederländischen Königshauses zusammen mit Willem van Oranje.
Alfred van Geijn ist in Kulmbach kein Unbekannter. Bereits während seiner Beschäftigung bei der BHI in München arbeitete er mit der Kulmbacher Brauerei zusammen. Als er sich mit seiner Firma Bayern XL selbstständig machte, importierte er natürlich auch deren Biere in die Niederlande.
In dieser neuen Eigenschaft fungiert er auch als Botschafter der Genussregion Oberfranken.
Willem Alexander erhält die "1"
Nach der Inthronisation des neuen Königs Willem Alexander 2013 musste ein Koningsbier introduziert werden. Und gemäß Zielsetzung der DOC wollte man das nicht kommerzielle Bayerische Brauereimuseumauf dem Kulmbacher Mönchshof einbeziehen. "Da Elisabeth von Leuchtenberg aus Kulmbach kommt, habe ich Robert Boser, Braumeister der Museumsbrauerei gefragt, ob es möglich wäre, ein Königsbier zu brauen und in nummerierten individuellen Flaschen abzufüllen, ein handwerkliches Bier in der historischen Bügelverschlussflasche", erzählt Alfred von Geijn.
Und so kam es: Von den limitierten Abfüllungen seit 2014 erhielt der junge König der Niederlande Willem Alexander zu seinem Geburtstag jeweils die Flasche mit der Nummer eins.
Der königliche Trunk ist ein echtes Handwerksbier aus offener Vergärung und unfiltriert, mit 12,5 Prozent Stammwürze und 5,5 Prozent Alkohol, und ist leuchtend bernsteinfarben. Der Einsatz von Spezialhopfen sorgt für eine leicht fruchtige Note. Das Rezept kreiert von Braumeister Robert Boser und Alfred van Geijn ist nur für Lieferungen nach Holland vorgesehen.
Im Land des zweitgrößten Brauereikonzerns gibt es also wieder Bier aus Kulmbach. Ausgerechnet von der kleinsten Brauerei der Bierstadt.