Im Vorfeld der Landtags- und Bundestagswahlen 2013 luden die Bayerische Rundschau und der Kreisjugendring junge Leute zum großen Kandidaten-Check ein. Ein halbes Jahr später fragt die Redaktion bei den gewählten Abgeordneten nach: Was ist aus ihren Versprechen und Aufträgen geworden?
Wahlkampf ist die Zeit der Versprechen und Visionen für die Zukunft. Doch was wird aus den in Wähler-Ohren wohlklingenden Ankündigungen, wenn die Wahl entschieden und der politische Alltag eingekehrt ist? Die Bayerische Rundschau hatte am 23. Juli 2013 gemeinsam mit dem Kreis- und dem Bezirksjugendring zu einer Erstwähler-Diskussion unter dem Motto "Geh wählen!" in die "Alte Spinnerei" eingeladen.
Die Rundschau-Redaktion hat damals versprochen, dass sie sich ein halbes Jahr nach der Wahl darum kümmern wird, was aus den Versprechen der Kandidaten geworden ist. Das haben wir getan und die insgesamt vier gewählten Abgeordneten Emmi Zeulner (CSU/Bundestag), Martin Schöffel und Ludwig von Lerchenfeld (CSU/Landtag) und Landtagsvizepräsidentin Inge Aures (SPD/Landtag) erneut mit den in der Debatte geäußerten Anliegen konfrontiert.
Wie stehen sie heute dazu? Wo haben sie konkret etwas unternommen?
Alle haben unsere Anfragen ausführlich beantwortet, halten an ihren damaligen Aussagen fest und haben teilweise tatsächlich die angekündigten Initiativen auf den Weg gebracht oder zumindest unterstützt.
Vier große Zukunftsthemen beschäftigten die jungen Leute bei "Geh' wählen" im Juli: Abwanderung, sichere Arbeitsplätze, Mindestlohn und Bildung. Die erste Frage an unsere Abgeordneten ist deshalb, was sie dafür tun, dass Oberfranken attraktiv für junge Leute und für Familien bleibt. Berufliche Perspektiven sind das A und O, sagen Simon Moritz und Inge Aures (SPD). Moritz hatte als Bundestagskandidat an der Veranstaltung teilgenommen, während Landtagskandidatin Inge Aures damals nicht dabei sein konnte.
Als gewählte Abgeordnete hat sie deshalb unsere Fragen gemeinsam mit Moritz beantwortet: "Duale Ausbildungsformen sind für uns sehr wichtig. Deshalb kämpfen wir dafür, dass unsere Betriebe dabei staatlich stärker unterstützt werden." In dieser Frage sind Aures und Moritz sich mit den CSU-Vertretern einig.
Wer arbeiten geht, muss von seinem Lohn aber auch leben können. Deshalb sprachen sich viele junge Leute in der Diskussion für einen gesetzlichen Mindestlohn aus. Diesen Wunsch an die Bundespolitik setzte die SPD im Zuge der Koalitionsverhandlungen durch. Inge Aures bedauert die Ausnahmeregelungen, etwa bei der Arbeit von Studenten oder bezahlten Praktika.
"Wir halten das für ungerecht, da gerade in Praktika viel Leistung verlangt, aber kaum etwas bezahlt wird."
Ausnahmen für Mini-Jobs Die CSU-Bundestagsabgeordnete Emmi Zeulner ist bei ihrer kritischen Haltung gegenüber dem Mindestlohn geblieben: "Ein flächendeckender Mindestlohn ohne Kompromisse birgt die Gefahr der Abwanderung von Arbeitsplätzen." Und noch etwas macht der jungen Abgeordneten Bauchschmerzen: die Sorge, dass der Mindestlohn junge Leute von einer Berufsausbildung abhält, weil sie lieber gleich Geld verdienen wollen. Martin Schöffel ist ein Verfechter der Ausnahmen, "damit Mini-Jobs für Schüler und Rentner nicht wegfallen".
Eine gute Infrastruktur ist der Schlüssel dazu, die jüngere Generation an Oberfranken zu binden.
Dabei geht es nicht nur um Schienen und Straßen, sondern auch um schnelles Internet, umfassende Kinderbetreuung und eine gute schulische und berufliche Ausbildung. Thema Internet: "Wir haben in dieser Legislaturperiode das Förderprogramm des Freistaats deutlich vereinfacht und verbessert", sagt Martin Schöffel. Bei der Kinderbetreuung sieht er wenig Handlungsbedarf: "Unsere Region ist da spitze, fast jeder Wunsch kann erfüllt werden."
Am intensivsten diskutiert wurde in der "Alten Spinnerei" das Thema Schule.
Die 19-jährige Johanna Dupke aus Welschenkahl machte sich damals für das Gesamtschulkonzept stark - anstelle des gegliederten aktuellen Schulsystems, und viele weitere Schüler unterstützten diesen Gedanken.
Doch dieser Vorschlag bleibt auf der Liste der unerfüllten Wünsche stehen: Martin Schöffel und Ludwig von Lerchenfeld sehen keine Vorteile darin: "Ein Einheitssystem verbessert die Qualität der Bildung nicht. Schule soll nicht pausenlos stressen. Deshalb ist es wichtig, für jedes Kind die richtige Schule zu finden." Inge Aures und Simon Moritz ssagen klar: "Wir kämpfen langfristig für die Einführung einer Geeinschaftsschule."
Rechtliche Hürden bleiben hoch Kritisiert wurde bei "Geh' wählen!" auch, dass Ganztagsbetreuung an den Schulen unnötig kompliziert gemacht werde. So dürfe die evangelische Jugend kein Spielangebot an den Schulen mehr machen. Auch hier wird sich an den derzeitigen Regelungen in absehbarer Zeit nicht viel ändern: "Da sind versicherungs- und aufsichtsrechtliche Standards zu berücksichtigen", sagt Emmi Zeulner.
.. und Martin Schöffel und v. Lerchenfeld haben die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Genau das "alte" 3-gliedrige Schulsystem sorgt für Stress bei den Schülerinnen und Schülern und lässt Schülernachhilfe-Einrichtungen wie Pilze aus dem Boden schießen. Warum wohl? Bei einem Gesamtschulkonzept entfällt der unsägliche Druck auf Eltern und Schüler nach der 4. Klasse, unbedingt den Wechsel auf eine höhere Schule zu erreichen. Falls dann dort die Leistungen doch nicht ausreichen sollten, dann ist der Rückschritt zur Haupt- oder Mittelschule schon wieder mit massivem Stress - und womöglich mit Gesichtsverlust - verbunden. Nur weil das Bayerische Kultusministerium sich stur stellt und unserer CSU-Abgeordneten dies auch noch - pflichtgemäß - verteidigen, müssen Schüler und Eltern leiden. Bravo Johanna für Deinen Mut dies anzusprechen!