Günther Sigl: "Um den Franzl Trojan ist es schad'"

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Günther Sigl (Spider Murphy Band) spricht im Interview auch über Franz Trojan. Foto; Helmut Ölschlegel
Günther Sigl (Spider Murphy Band) spricht im Interview auch über Franz Trojan. Foto; Helmut Ölschlegel

Die Spider Murphy Gang scheint unverwüstlich, selbst Corona hat der Band nichts anhaben können. Bassist und Sänger Günther Sigl erzählt, wie er sich mit 75 bühnenfit hält und was die Nachricht von Franz Trojans Tod in ihm auslöste.

Die Spider Murphy Gang ist einer der Top Acts bei den Plassenburg-

Open-Airs, am 13. Juli gastiert die Münchner Band im Schönen Hof. Wir haben uns im Vorfeld mit Sänger und Bassist Günther Sigl unterhalten.

Was hat die lange Corona-Zwangspause mit Ihnen gemacht?

Günther Sigl: Puh, das war gerade für Live-Musiker wie uns keine leichte Zeit. Wir sind es gewohnt aufzutreten - und plötzlich bricht alles weg. Aus Tagen werden Wochen, aus Wochen Monate, in denen nix geht. Von 80 Konzerten plötzlich auf 0. Immerhin gingen vergangenes Jahr noch ein paar Termine, aber da verdienst du fast nix. Und plötzlich warst du wie ein Rentner daheimgesessen. Das war für mich eine komische Situation.

Haben Sie auch in Autokinos gespielt?

Nein, das habe ich ich von vorneherein ausgeschlossen. Es waren Termine vor sichtbarem Publikum sozusagen, etwa im hohen Norden ein Strandkorb-Konzert mit rund 2000 Besuchern, jeweils zwei Zuhörer pro Strandkorb. Normal ist anders, denn das Publikum hat untereinander ja nicht den gewohnten Kontakt. Es ist eine andere Atmosphäre, auch für uns Musiker. Aber irgendwie musst du auftreten, denn so eine lange Phase ohne Einnahmen geht an die Rücklagen.

Wie ist der aktuelle Stand?

Derzeit arbeiten wir mit der Band sozusagen die Rückstände aus dem Jahr 2020 auf. Da ist das Routing nicht immer so günstig. Da musst du spielen, wenn es vom Veranstalter angesetzt ist, so einfach ist die Logik. Allein in den vergangenen Tagen haben wir für drei Konzerte an zwei Tagen im hohen Norden und im Süden 2500 Kilometer abgespult. Aber die Leute feiern uns ab, das ist schon ein Genuss nach all der Abstinenz. Im April hatten wir unseren ersten "richtigen" Gig im Münchner Lustspielhaus. Unser Kalender ist gut voll, wir sind heftig unterwegs. Es stehen bis zum Herbst gut 50 weitere Auftritte auf dem Programm.

Einer davon ist der am 13. Juli in Kulmbach. Es wird ein Unplugged-Abend werden. Worin besteht für Sie als Musiker der Unterschied zum vollen Elektro-Brett?

Das spielt sich schon anders: Wir haben Akustikgitarren und einen Flügel auf der Bühne. Wobei: Ein bisschen Verstärker braucht es schon. Aber das Interessante ist, dass alles in sich reduziert ist. Und es lassen sich musikalisch ein paar Experimente wagen, wir probieren auch mal andere Tonarten aus. Unter anderem spielen wir Songs von Elvis und Chuck Berry - also Lieder, die mich als junger Mensch geprägt haben. Da sind dann auch ein paar stillere und moderatere Momente dabei, in denen ich ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudere.

Kulmbach ist der Geburtsort des ehemaligen Drummers Franz Trojan, der im vergangenen September mit 64 Jahren starb. Es ist exakt 30 Jahre her, als er 1992 von den "Spiders" schied. Welche Erinnerung haben Sie an ihn - und gab es noch Kontakt?

Nicht wirklich. Er war ja in Nordrhein-Westfalen untergekommen bei einer Frau, die selber ein kleines Plattenlabel hat und ihn bei sich hat im Wohnwagen im Garten wohnen lassen. Er hat sich leider sein Leben versaut durch Alkohol und Kokain, seine Familie hat sich von ihm losgesagt - die ganze Spirale nach unten. Um den Franzl ist es schad', eine traurige Geschichte. Wenn man so will, war er auf der einen Seite der zugewandte Mister Jekyll, einer guter Kerl, mit dem ich mich gerne ausgetauscht habe, und auf der anderen Seite der unberechenbare Mister Hyde und in diesen Phasen leider - auf Deutsch gesagt - ein Arschloch.

Das war nicht immer so.

Allerdings, wir haben ein Jahr in München in einer WG gewohnt, als wir mit den ersten Auftritten in Ami-Clubs unsere Miete verdient haben. Er war ein hervorragender Musiker und hat den Sound der Band vorangebracht. Ich weiß noch, wie er sich auf unsere Annonce gemeldet hat und ich nach Kulmbach gefahren bin, um mich mit ihm zu treffen. Er war erst 16 und eigentlich noch berufsschulpflichtig. Es gab viele Abmahnungen, weil er geschwänzt hat, aber das hat ihn nicht interessiert. Er wollte immer ein Rockstar werden. Seine Eltern hatten ja eine Gastwirtschaft, sein Vater war stark dem Alkohol zuneigt, das hat den Franz wohl irgendwie geprägt. Die Drogen haben alles kaputtgemacht. Er kam zuletzt sogar betrunken auf die Bühne, hat das Timing nicht mehr halten können. Da war eine weitere Zusammenarbeit aus meiner Sicht nicht mehr möglich.

Sie hatten das Wort Rente erwähnt. Ist das ein Thema für Sie? Sie sind 75.

Man wusste ja nicht, wie es weitergeht mit Corona. Da denkt man schon drüber nach, wie es sein wird. In meinem Alter kann schnell was kommen. Noch fühle ich mich fit, ich genieße das auch. Ich bin da eine Ausnahme im Rock'n'Roll-Geschäft, denn Drugs, also Drogen, haben mich nie interessiert. Ich trinke nicht und rauche nicht. Mein Gitarrist Barny Murphy, der seit Jahrzehnten starker Raucher ist und gerne zwei bis sechs Glaserl zu sich nimmt, musste sich jetzt an den Stimmbändern operieren lassen. Das ist eine schwierige Phase für ihn, denn es wird sich erst noch herausstellen, ob das eine bösartige Sache ist. Wir hoffen das Beste. Bei einigen Terminen haben wir daher einen jungen Ersatzgitarristen im Einsatz gehabt. Der ist Jahrgang 1997 - also genau 50 Jahre jünger als ich!