Grünwehrbeck unter den 600 besten Bäckern

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Grünwehrbeck Ralf Groß in der Backstube: Bäcker ist sein Traumberuf, "das wusste ich als Lehrling schon nach zwei Monaten." Foto: Stephan Tiroch
Grünwehrbeck Ralf Groß in der Backstube: Bäcker ist sein Traumberuf,  "das wusste ich als Lehrling schon nach zwei Monaten."   Foto: Stephan Tiroch

Laut "Feinschmecker"-Magazin zählt der Kulmbacher Grünwehrbeck Ralf Groß zu den besten Bäckern Deutschlands. Das freut ihn. Aber es gibt auch vieles, was ihn ärgert.

Eigentlich, sagt Ralf Groß, wollte er gar nicht mit machen. "Lasst mich raus, habe ich denen gesagt." Mit "denen" meint er die renommierte Zeitschrift "Feinschmecker". Denn deren Leser und die Redaktion haben die 600 besten handwerklichen Bäckereien Deutschlands gewählt. Hier war der Grünwehrbeck dabei. "Ich will aber nicht in einem Atemzug mit Großbäckereien und Filialisten genannt werden", betont Groß. "Aus Fehlern lernt man", habe man ihm versichert und ihm erklärt, dass die Bäckereien von Fachleuten anonym getestet worden sind.

Tester kommen unerkannt

Laut "Feinschmecker"-Magazin haben sich die Tester nicht zu erkennen gegeben.
Bei der Prüfung spielen neben der rein handwerklichen Qualität von Brot und Brötchen auch die Freundlichkeit und Kompetenz des Verkaufspersonals, die Atmosphäre im Geschäft und das Gesamt sortiment eine Rolle. Ein echter Test also - erst dann hat der Grünwehrbeck seine Einwilligung gegeben.

Für die Antwort auf die Frage, was ihm die Auszeichnung bedeutet, nimmt sich Groß etwas Zeit. Er gönnt sich nach getaner Arbeit in der Backstube ein Zigarillo und sagt: "Es ist die Bestätigung für eine gute Ausbildung." Er hat seine Lehrmeister in Steinbach am Wald (Fiedler), in Wirsberg (Kurz) und in Kirchleus (Pistor) nicht vergessen. Groß weiter: "Unsere Kunden schätzen es, dass wir alles komplett selber machen und auf Fertig mischung zu verzichten." Dazu brauche er vor allem die richtigen Rohstoffe. Es freut ihn, dass die "Klasserohstoffe" größtenteils aus der Region kommen: Mit dem Landwirtschafts betrieb Weisath in Zettlitz, mit der Stadtsteinacher Kunstmühle Parteimüller und der Kulm bacher Mälzerei Zeitler arbeitet er nicht nur gern zusammen, "darauf schwören wir".

Mit 16 Bäckereien ist Oberfranken in dem Test überproportional stark vertreten. "Weil wir hier halt noch viele kleine Bäckereien haben, genauso wie Metzgereien und Brauereien. Das gibt's sonst nicht mehr, berichten uns Kunden, die von weither kommen", sagt Groß, der auch den Bäckerkollegen aus der Innung einen hohen Standard bescheinigt.

Doch er sieht die Sonderstellung Oberfrankens gefährdet und zeigt eine bedenkliche Entwicklung auf. In seiner Lehrzeit, vor über 40 Jahren, habe es im Kreis Kulmbach 160 Bäckereien gegeben. "Jetzt sind es 23. Und in 20 Jahren werden es noch neun sein - da wird mir Angst."

Groß zieht hastig an seinem Zigarillo und stellt fest, "dass die Kunden nimmer so wie früher zum Beckn gehen". Und ist bei seinem Lieblingsthema angekommen: Großbäckereien und Filialisten.

Gefrorene Ware aus China

Sie haben sich überall breit gemacht, sagt er. Es sei einfach bequem, beim Einkauf gleich noch Brot, Brötchen und Gebäck mitzunehmen. Dabei wüssten die Kunden meist gar nicht, was sie da kaufen und dann essen. "Die Discounter bekommen ihre gefrorene Ware, die teilweise drei bis vier Monate unterwegs ist, aus Russland oder China. Aber auch die Groß bäckereien mit 100 und mehr Filialen backen nur gefrorene Teiglinge auf."

Groß hat solche Brötchen einmal im Labor untersuchen lassen. Das Ergebnis: "Es ist dreimal so viel Fett drin und zweimal so viel Zucker, sonst könnte man's gar nicht backen."

Gewinn durch Lohndumping

Groß hat einen Brass auf die Großbäcker. Auch, weil sie ihre Mitarbeiter nicht anständig bezahlen. Ihren Gewinn machen sie durch Lohndumping, schimpft er. Beim Gedanken, dass die Verkäuferinnen ausgebeutet werden, überkommt ihn der heilige Zorn. Es könne doch nicht sein, dass jemand, der 45 und mehr Stunden pro Woche arbeitet, zum Arbeitsamt gehen und sich den Lohn vom Steuerzahler auf stocken lassen muss.

"Letztlich hat es der Kunde in der Hand, ob es den Handwerksbäcker mit Qualität weiterhin gibt", betont der Grünwehrbeck und und zündet sich noch einen Glimmstängel an. Sein Zigarillo und die Freude an der Arbeit lässt sich Groß nicht nehmen: "Ich kann die Menschen ohne Chemie gesund ernähren. Gibt es was Schöneres?"