Taib Muhammad Amin (34) wollte im Irak nur einige Formalitäten erledigen, damit die Ehe mit seiner Rugendorfer Frau anerkannt wird. Dann kam der Krieg.
Für Silvia Rösch war die Bekanntschaft mit Taib Muhamad Amin (34) Liebe auf den ersten Blick. Die beiden hatten sich in Nürnberg kennengelernt, wo Silvia Rösch und Taib arbeiten. Sie lernten sich näher kennen, lieben. Und schon wenige Monaten später war Silvia Rösch schwanger. Doch eine unbeschwerte Zeit des Glücks war dem ungleichen jungen Paar nicht vergönnt.
"Umweg" über Dänemark Adriana wurde zehn Wochen zu früh geboren. Als sie endlich aus dem Krankenhaus durfte und die schlimmsten Aufregungen überstanden waren, wollten die Rugendorferin und der Iraker ihre Ehe auch standesamtlich besiegeln lassen. Doch die behördlichen Hürden waren hoch.
Also entschloss sich das Paar zur Heirat in Dänemark, Abstammungs- und Geburtsurkunde sowie ein gültiger Pass genügen dort.
Und hinterher könne man sich die Ehe in Deutschland anerkennen lassen, hatten sich die beiden informiert. Doch sich was auf dem Papier so einfach liest, erwies sich in der Praxis als schwierig. Weitere Unterlagen müssten nachgereicht werden, hieß es seitens der Behörden.
Und so reiste die ganze Familie schließlich in den Irak nach Erbil, um die nötigen Unterlangen zu beschaffen. Dann hieß es plötzlich, Taibs Pass sei nicht in Ordnung.
Also reiste Taib mit seinem Pass wieder aus. In wenigen Wochen könnte alles erledigt sein - nur eine kleine Formalität, glaubte damals Silvia Rösch noch. "Wir hätten nie gedacht, was da auf uns zukommt", sagt Rösch.
So einfach, wie das junge Paar sich es vorgestellt hatte, war alles nicht. Denn eigentlich ist Taib Kurde.
Während die Rugendorferin mit ihrer Tochter wieder nach Hause zurückkehrte, wurde der Iraker nach Bagdad verwiesen und blieb bei seiner Familie. "Er fuhr dann nach Bagdad, das sind mehr als 600 Kilometer", erzählt Silvia Rösch. Nicht einmal, sondern immer wieder. Doch jedes Mal wurde er vertröstet. Mal war es der Urlaub der zuständigen Sachbearbeitern, mal waren es andere Verzögerungen.
Terrorbrigaden Und dann brach der Krieg im Irak aus. Terrorbrigaden der Organisation Islamischer Staat schickten Milizen, mordeten. Und obwohl der frisch gebackene Familienvater vorher schon 13 Jahre in Deutschland gelebt hatte, obwohl er eine deutsche Ehefrau hat und ein kleines Kind - er konnte auf legalem Wege nicht mehr ausreisen.
Immerhin scheint Erbil momentan noch einigermaßen sicher, die Stadt ist das Anlaufziel von mehreren hunderttausend Flüchtlingen.
Die Botschaft wurde eingeschaltet, Anwälte verhandelten - wieder vergingen Monate.
Täglich bangt seitdem Silvia Rösch um ihren Mann. Nur über Internet und über Skype haben die beiden Kontakt. Taib erzählt von Selbstmordattentätern und einer verworrenen Situationen, von Flüchtlingsströmen und Chaos. "Wenn unsere Liebe nicht so stark wäre, würden wir das nicht aushalten", sagt die 34-jährige Rugendorferin.
Sie selbst verdient unterdessen ihr Geld in einem Supermarkt und hofft, dass ihr Mann bald wieder kommt.
Und jetzt scheint diese Hoffnung wahr zu werden, offenbar hat die Odyssee ein Ende. "Genau am sechzigsten Geburtstag meines Vaters haben wir von der Anwältin Bescheid bekommen, dass er ausreisen darf. Wir rechnen damit, dass er jetzt nächste Woche nach Hause kommt - nach einem Jahr und drei Monaten", sagt Silvia Rösch.
Auch die kleine Adriana, die schon den Namen ihres Papas trägt, hofft auf ein Wiedersehen. Sie hat sich in der Zwischenzeit vom Baby zum Kleinkind entwickelt - und kennt ihren Papa nur via Skype.
Die Arbeitsstelle, die der Iraker vorher in Deutschland inne hatte - kann er übrigens wieder antreten. Denn er verdiente sein Geld als Gebäudereiniger bei einem Cousin.
"Wer so etwas nicht selbst miterlebt hat, kann sich das nicht vorstellen", sagt die Rugendorferin über die Ereignisse der vergangenen 15 Monate und hofft, dass der lange gehegte Traum von der Rückkehr ihres Mannes jetzt endlich wahr wird und unbeschwertere Zeiten anbrechen.