Die Kulmbacher Gehörlosen feierten das 80-jährige Bestehen ihres Vereins im Muffelhaus wie ein kleines Oktoberfest.
Menschen, die nichts hören können, haben es auch im 21. Jahrhundert nicht leicht. Auf diesen Umstand machte der Landesvorsitzende der Gehörlosen, Bernd Schneider, aufmerksam. Zwar hat der frühere bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer vor fünf Jahren das Zeichen "Bayern barrierefrei" entwickelt. Es zeigt vier Zeichen, die Menschen mit Behinderungen versinnbildlichen sollen. Doch dieses Logo sage nichts darüber aus, ob eine Einrichtung auch für Gehörlose barrierefrei ist. "Das Bundesteilhabegesetz sieht leider kein Teilhabegeld für den behinderungsbedingten Mehraufwand vor. Der Landesverband setzt sich für ein Gehörlosengeld in Bayern ein", machte Schneider klar. Die Grünen-Fraktion habe solch einen Gesetzentwurf bereits im Bayerischen Landtag eingebracht. Auch die Freien Wähler und die SPD hatten diesen Gesetzentwurf unterstützt. Doch die CSU habe ihn abgelehnt.
Kein Notfalldienst mehr
Auch heute noch haben gehörlose Menschen Probleme im Alltag, führte Bezirksvorsitzende Christine Jandy aus und ging auf das Thema Notruf ein. So habe es in den vergangenen fünf Jahren eine Notfallbereitschaft für "Dolmetscher" gegeben. Sie konnten im Ernstfall helfen, standen gehörlosen Menschen 24 Stunden am Tag zur Seite. Doch zum 31. Mai ist dieser Dienst aus Kostengründen eingestellt worden. "Wir brauchen auch am kulturellen Leben mehr Teilhabe", forderte Christine Jandy.
Schön wäre es, wenn es im öffentlich-rechtlichen Rundfunk mehr "Übersetzungen" für gehörlose Menschen geben würde. Für
Kulmbach wäre es schön, wenn es eine App für Gehörlose über die Plassenburg und die Museen geben würde, regte der Verein an.
Stellvertretende Landrätin Christina Flauder freute sich über die Verdienste, die der Gehörlosenverein schon errungen hat. "Es ist gut, dass es diesen Verein gibt. Und es gibt immer wieder Menschen, die Brücken bauen werden", so Flauder. Auch die Vizepräsidentin des Bayerischen Landtages ging auf die Wichtigkeit des Vereins ein. "In diesem Verein treffen sich Menschen, die das Schicksal vereint", so Aures. Die Debatten des Landtages werden in Gebärdensprache übersetzt, eben um eine Teilhabe zu ermöglichen. "Ich weiß, dass es nur kleine Schritte sind. Aber es ist wichtig, den Menschen eine Teilhabe zu ermöglichen", so Aures.
Bürgermeister Ralf Hartnack schlug in dieselbe Kerbe. Auch er bekräftigte, dass die Gehörlosen die Teilhabe am öffentlichen und kulturellen Leben zurecht anmahnen.
Aktuell 83 Mitglieder
Beim Jubiläum stand vor allem die Geschichte des Vereins im Mittelpunkt. Vor exakt 80 Jahren wurde der Gehörlosenverein Kulmbach gegründet. Er hatte anfangs zwölf Mitglieder. Inzwischen zählt der Verein 83 Mitglieder, erklärte Erich Dietrich. Seit 2009 gehört das Muffelhaus dem Gehörlosenverein. Das Haus ist zu einer echten Begegnungsstätte geworden.
Beim Jubiläum, das die gehörlosen Menschen wie ein kleines Oktoberfest in Dirndl und Lederhosen-Outfit feierten, standen die persönliche Begegnung mit anderen Betroffenen, das gesellige Beisammensein im Mittelpunkt. Das Jubiläum wurde mit einem ökumenischen Gottesdienst gefeiert. Die Frauengruppe hatte Tanzvorführungen einstudiert. Und Lars Förster zeigte Pantomime. Außerdem hatte die Rock'n'Roll-Gruppe des ATSV-Kronach einen Auftritt. Amüsement pur versprachen Baumsägen und Maßkrugstemmen.
Die Geehrten
Goldene Verdienstnadel: Kurt Scheller (wurde auch zum Ehrenvorsitzenden ernannt)
65 Jahre: Ilse Rauh
60 Jahre: Inge Martin
50 Jahre: Elke Neumann und Roland Hübsch.