Rufmord: Wie Unbekannte versuchen, ein fränkisches Gasthaus zu ruinieren
Autor: Jochen Nützel
Himmelkron, Montag, 05. März 2018
Der wirtschaftliche Schaden sei nicht abzuschätzen, sagt die Inhaberin des Gasthof Opel in Himmelkron. Seit Wochen verbreiten Unbekannte wilde Gerüchte.
Wer das Gerücht gestreut hat? Das weiß Sieglinde Opel-Ehgartner nicht. Die Inhaberin und Geschäftsführerin des Hotelgasthofs Opel in Himmelkron ist aber offenkundig das Opfer einer Rufmordkampagne geworden. "Ja, das ist absolut geschäftsschädigend und wirklich keine Kinderei mehr", sagt sie mit hörbarem Seufzen in den Stimme.
Es wurde getratscht, die Familie wolle den Laden dichtmachen und nach Italien auswandern. Wahlweise wurde getuschelt, die Opels seien insolvent. Wie auch immer: Die letzten Stündlein des Betriebs hätten geschlagen. Ende Mai sei alles vorbei, verkündete der Flurfunk im Ort. Und nicht nur da.
Aus allen Wolken gefallen
Wie so oft bei Gerüchten: Diejenigen, die es betrifft, erfahren es meistens zuletzt. "Uns selber ist es Anfang Februar zu Ohren gekommen, dass wir angeblich pleite sind und schließen. Wir hatten eine Anfrage für eine Geburtstagsgesellschaft mit 100 Personen, als plötzlich jemand anrief und wissen wollte, ob er die Veranstaltung stornieren müsse, wo wir doch zumachen. Meine Mitarbeiter haben entsetzt reagiert und sind an uns herangetreten, ob das stimme. Wir sind aus allen Wolken gefallen, hatten nichts geahnt von dem, was da abging."Die Geschäftsführerin hatte daraufhin erst die Angestellten beruhigt und dann den Gästen mitgeteilt: Nichts davon ist wahr! "Uns selber hat leider nie jemand direkt angesprochen, sonst hätten wir viel früher reagieren und antworten können: Nein, um Himmels willen, alles läuft weiter wie gehabt."
Auf die Frage, von wem die "Informationen" denn stammten, bekamen die Eigentümer stets ein lapidares "Das geht doch schon im Dorf rum" zu hören. Eine Quelle, ein konkreter Verursacher gar waren nicht greifbar. "Am Anfang haben wir noch drüber gelacht und gemeint, das sei halt ein übler Scherz. Dann aber ging es immer weiter. Stammtischmitglieder konfrontierten uns mit den Schließungsgerüchten. Vertreter von Firmen, die bei uns regelmäßig reservieren, erkundigten sich, ob sie ihre Tagungen verlegen müssen. Mitarbeiter von uns wurden beim Einkaufen gefragt, anderen kam es sogar in der Kirche zu Ohren."
Schließlich müssen die Betreiber erfahren, dass die Kunde vom baldigen Ende des Gasthofs wohl schon Kreise bis Bayreuth und Münchberg gezogen hatte. "Das ging offenbar schon vor Weihnachen los."
Die Gastronomenfamilie ist wie vor den Kopf gestoßen. "Dagegen bist du absolut machtlos", sagt Sieglinde Opel-Ehgartner. "Das ist wie stille Post, jeder flüstert was dazu. Zuletzt hieß es, wir würden das Haus zur Seniorenresidenz umbauen. Alles Quatsch, wer denkt sich sowas aus?" Welchen finanziellen Schaden ihr das beschert hat, kann sie nur erahnen. "Wer weiß, wer bei uns eben alles nicht gebucht hat, weil es hieß, wir würden schließen? Darüber zu spekulieren, das macht einen ja noch verrückter."
An die Öffentlichkeit gegangen
Was also tun, um weiteres Unheil abzuwenden? Es war für die Himmelkroner wie der Versuch, ein Lauffeuer auszupusten. Der Verzweiflung nahe, tauschten sich die Gastronomen mit Bürgermeister Gerhard Schneider aus. "Er hat uns angeboten, dass wir an die Öffentlichkeit gehen."Vor zwei Wochen schließlich lag ein auffälliger Flyer dem Gemeindeblatt bei. Darauf teilte die Familie Opel-Ehgartner mit: "Nein, wir schließen unseren Gasthof nicht. Nein, wir sind nicht Konkurs. Nein, wir wandern nicht aus. Wir sind selbstverständlich wie gewohnt für euch da." Ab dem Zeitpunkt verebben sämtliche Gerüchte. "Stammgäste haben mich angerufen und bekundet: Gottseidank habt ihr endlich was unternommen."
"Mir ist nichts Vergleichbares in meiner 15-jährigen Amtszeit als Bürgermeister untergekommen", sagt Gerhard Schneider über die kolportierten Schließungsgerüchte. Für ihn ist wichtig, dass das Thema aus der Welt kommt. "Der Gasthof Opel ist eines von drei großen Gasthäusern bei uns in der Gemeinde - und deswegen ist die Frage des Fortbestehens natürlich auch für uns von Belang", sagt Schneider auf Anfrage.
Er sei zum ersten Mal vor einigen Wochen mit den Gerüchten konfrontiert worden. "Mich hat die Heftigkeit und die Hartnäckigkeit überrascht. Da machten die tollsten Aussagen die Runde: Es hieß ja sogar, der Opel würde zur Seniorenresidenz umgebaut." Verunsichert habe ihn, als sogar ein konkretes Datum der Schließung die Runde machte. "Es hieß, Ende Mai sei Schluss."
Der Vorgang sei für die Familie Opel-Ehgartner in höchstem Maße geschäftsschädigend, sagt Schneider. "Die Inhaber wussten aufgrund der Situation nicht weiter. Ich habe eingesehen, dass die Familie ein berechtigtes Interesse hat, die Angelegenheit öffentlich richtigzustellen. Deswegen war mein Vorschlag, den Einleger im Gemeindeblatt zu machen, worüber wir auch kurz im Gemeinderat informiert haben. Das hat die größtmögliche Breitenwirkung und erreicht bei uns im Ort über 800 Haushalte und damit rund 75 Prozent der Bürger."
Er sei froh, dass es in Himmelkron eine so vielfaltiges Angebot an Gastronomie gibt. "Die Kommune hält ja auch ein paar Veranstaltungen im Jahr im Gasthof", sagt Schneider und ergänzt: "Mit dem Flyer im Gemeindeblatt war das Thema Konkurs von dem Tag an tot."