Zeulner schlägt vor, schnellstmöglich andere Optionen in Betracht zu ziehen. Wie Ludwig denkt sie an verlängerte AKW-Laufzeiten mit den vor Ort befindlichen Ressourcen, aber auch die zügige Erweiterung von Kapazitäten der Biogasanlagen, wenn diese ausschließlich mit Gülle arbeiten, sowie die beschleunigte Realisierung von Windkraftanlagen etwa in Industriegebieten. "Zudem sollten wir auch die Kapazitäten bei der heimischen konventionellen Gasförderung erhöhen."
Doppelter Irrweg
Fracking und verzögerter Atomausstieg - für Dagmar Keis-Lechner ein doppelter Irrweg. Die Stadt- und Kreisrätin der Grünen hatte sich bereits bei der ersten Debatte vor sieben Jahren als Sprecherin der Initiative "Abgefrackt", einer Gruppe von Frackinggegnern, engagiert. Sie sah Fracking in Bayern politisch durch die Hintertür kommen und hoffte auf einen Verbotsantrag aus Bundes- und Landesparlament. Dann hörte man lange nichts mehr, die Gefahr schien gebannt. Bis vor einigen Wochen Ministerpräsident Markus Söder (CSU) angesichts drohender Nachschublücken das Thema erneut auf die Agenda setzte.
Für die Kulmbacherin ist klar: "Wir müssen von den fossilen Energien weg! Sie zerstören unser Leben und unsere Erde und bringen uns in eine gigantische Abhängigkeit, denn alles steht in Verbindungen zu Öl, Gas und Kohle." 20 "verschlafene Jahre" bei der Energiewende fielen dem Land nun gewaltig auf die Füße. "Spätestens seit Russlands Angriff auf die Ukraine und damit auf unsere freiheitlichen demokratischen Werte wurde auch unseren politischen Mitbewerbern klar, dass wir wegkommen müssen vom russischen Gas und Öl. Leichter gesagt als getan, denn welcher Lieferant soll und kann die Lücke schließen und wie bekommen wir das logistisch hin?" Da liege es nahe, erst einmal vor Ort nach Lösungen zu suchen - und so kämen Vorschläge wie das Fracking aus der energiepolitischen Mottenkiste.
Für die Grünen-Politikerin steht fest: "Wenn dieses Gasvorkommen gehoben werden soll, sind tiefe Bohrungen nötig, in denen mit hohem Druck Sand, jede Menge Wasser und giftige Chemikalien hineingepumpt werden. Dabei wurde schon damals berechnet, dass die Ausbeute im Weidener Becken nur eine sehr überschaubar Menge im Gesamtverbrauch ausmacht. Letztlich helfen kann uns nur, Energie zu sparen."
Rückblick
Das wurde aus der Erkundungslizenz
Fracking vor unserer Haustür? Das war ein Aufreger vor acht Jahren. Im April 2014 löste eine Karte im bayerischen Landtag Irritationen aus: Sie zeigte ein Erkundungsgebiet für Öl- und Gasvorkommen, die Lizenz dazu hatte eine Firma namens Rose Petroleum. Das markierte Areal war ein Siebeneck, die Kanten schnitten Mistelgau und Ahorntal im Westen, im Norden Warmensteinach, im Süden Sulzbach-Rosenberg. Und der Zipfel des Gebiets links lappte bei Neudrossenfeld in den Landkreis Kulmbach.
"Weiden-Bassin" - Weidener Becken - war das Gebiet überschrieben. Auf dem 2600 Quadratkilometer umspannenden Sektor durfte das genannte britische Unternehmen über einen Zeitraum von drei Jahren nach Öl- und Gasvorkommen suchen - und zwar mittels Schallwellen, wie es in einer Stellungnahme des Wirtschaftsministeriums hieß. Sollten die Briten fündig werden, könnten sie in der Folge den Antrag auf Bohrungen stellen. Und: Allein die seien erlaubt, so die offizielle Auskunft. Kein Fracking also.
Was bei der Beprobung rauskam? Offenbar nichts. Und was aus der Lizenz wurde? Die wurde nach Angaben des Protestnetzwerks "Abgefrackt" nicht verlängert. Eine andere Firma, die hier Anfragen stellen könnte, sei nicht in Sicht. Dennoch wollen die Gegner wachsam bleiben, sagt ihre Sprecherin Dagmar Keis-Lechner.
So funktioniert die Schiefergas-Gewinnung
Definition Fracking als
Begriff ist die Kurzform von Hydraulic Fracturing. Es beschreibt das Herausbrechen ("to fracture") von Schiefergasen aus tieferen Gesteinsschichten. Grundsätzlich wird mit Wasser und Sand ein chemisches Gemisch in den Boden gepresst, das die Schichten aufdrücken und die Gase zur Bohrstelle leiten soll. In den USA ist die Methode gängige Praxis, um in Erdgaslagerstätten die Förderquote zu erhöhen bzw. Vorkommen anzuzapfen, die aufgrund der Gesteinsdichte nicht erschließbar waren.
Gefahren In den USA ist es zu einigen Störfällen gekommen, wie aus einem Bericht der dortigen Umweltbehörden hervorgeht. In einem See in West Virginia verendeten Tausende Fische nach einem Einsatz. Überhaupt gilt bei Kritikern die Gefahr der Verunreinigung von Grundwasser- und Trinkwasserreservoires als unkalkulierbar, weil die Chemikalien nie vollständig zurückgewonnen würden. Der Wirtschaftsverband Erdöl- und Erdgasgewinnung teilt die Bedenken nicht, Fracking sei bewährt.
Vorrat In Deutschland lagern nach Schätzungen der Bundesanstalt für Geowissenschaften rund 2,3 Billionen Kubikmeter gewinnbares Schiefergas im Untergrund. Die Menge würde laut Experten reichen, auf aktuellem Niveau den deutschen Gasverbrauch für zehn Jahre zu decken.