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Frühe Familienhilfe schützt die Kinder


Autor: Dagmar Besand

Kulmbach, Freitag, 30. Juni 2017

Gesundheitsministerin Melanie Huml diskutierte in Kulmbach mit Ärzten und Mitarbeitern der Koordinierenden Kinderschutzstellen.
Gesundheitsministerin Melanie Huml informierte sich in Kulmbach über die Arbeit der oberfränkischen Koordinierenden Kinderschutzstellen. Sie möchte die Netzwerke stärken und ausbauen. Foto: Dagmar Besand


Die Geburt eines Kindes verändert die gesamte Lebenssituation, und nicht jede Familie kommt damit gleich gut zurecht. Häufig entstehen belastende Situationen, die sich zu echten Problemen entwickeln können. Damit das nicht passiert, gibt es seit knapp zehn Jahren die Koordinierende Kinderschutzstelle (KoKi) des Jugendamts im Landratsamt Kulmbach, die Schwangere sowie Mütter und Väter mit Kindern in Alter zwischen null und drei Jahren berät und bei Bedarf die passenden Hilfen vermittelt, damit größere Probleme gar nicht erst aufkommen.


Gefährdungen vermeiden


Wie klappt die Zusammenarbeit im Netzwerk? Wo besteht noch Verbesserungsbedarf? Das wollte die bayerische Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) wissen und traf sich deshalb gestern im Landratsamt mit Ärztevertretern aus Oberfranken, Mitgliedern der Bayerischen Psychotherapeutenkammer und oberfränkischen Koki-Mitarbeitern. "Mein Ziel ist es, das gesunde, förderliche und gewaltfreie Aufwachsen unserer Kinder weiter voranzubringen", so die Ministerin. Durch eine gute Vernetzung beim Kinderschutz könnten psychosoziale Belastungssituationen und Kindeswohlgefährdungen erkannt oder sogar vermieden werden."


Ärzte sind wichtige Partner


Im Gespräch mit den oberfränkischen Netzwerkern kristallisierte sich heraus, dass ein engerer Kontakt zu den Ärzten wünschenswert wäre, insbesondere zu den Frauenärzten, die besonders junge schwangere Frauen oder Frauen in schwierigen Lebenssituationen gezielt auf die KoKi-Unterstützung hinweisen könnten. "Sie sollen wissen, an wen sie sich wenden können. die Ärzte sind da wichtige Partner."

Daneben möchte die Ministerin das Thema psychische Erkrankungen aus der Tabuzone holen. "Kinder von psychisch kranken Eltern fühlen sich oft verantwortlich. Sie brauchen deshalb besondere Aufmerksamkeit und Unterstützung. Die psychisch kranken Eltern wiederum benötigen Hilfe, damit sie ihrer Erziehungsverantwortung nachkommen können."

Mittlerweile gibt es im Freistaat über 100 interdisziplinäre KoKi-Netzwerke. In Kulmbach sind die Sozialpädagoginnen Monika Cosma und Kerstin Ziegler Ansprechpartner für Familien und alle an der frühen Hilfe beteiligten Fachkräfte aus der Gesundheits- und Jugendhilfe. Beide brachten langjährige Jugendamtserfahrung für diese Aufgabe mit. "Wir wollen es allen, die Unterstützung benötigen, möglichst leicht machen, auf uns zuzukommen", so Monika Cosma. "Es ist uns wichtig, dass die Familien wissen, dass sie sich an uns wenden können und Hilfe bekommen, ohne kritisiert oder abgestempelt zu werden."


Wo gibt es noch Lücken im Netzwerk? "Aktuell wünschen wir uns einen Träger, der Familienpaten anbietet, die Eltern stundenweise entlasten können. Das wäre für viele Familien eine wertvolle Unterstützung."


Es kann jede Familie treffen


Belastende Situationen, die schwer zu meistern sind, können in jeder Familie und in allen gesellschaftlichen Schichten entstehen, erläuterte Jugendamtsleiter Klaus Schröder. "Mehrlingsgeburten, eine psychische Erkrankung, besonderer Gesundheitsbedarf, finanzielle Schwierigkeiten, eine zu kleine Wohnung - Probleme können viele Ursachen haben. Wenn wir sie frühzeitig lösen können, vermeiden wir späteren aufwendigen Jugendhilfebedarf." Hilfesuchende hätten deutlich weniger Hemmungen, sich an die KoKi zu wenden als ans Jugendamt, das eher als Eingriffsbehörde wahrgenommen werde.


50 neue Erstkontakte pro Jahr


Wie lange eine Familie Unterstützung benötige, sei sehr unterschiedlich, so Kerstin Ziegler. Manchmal reichen schon kleine Hilfen, manchmal dauert die Begleitung ein Jahr oder länger. "Und wenn sich zeigt, dass doch ein weiterführender Jugendhilfebedarf besteht, können wir die Türöffner dafür sein."

Etwa 50 Erstkontakte zu Familien hat die Kulmbacher Beratungsstelle jährlich - Tendenz steigend. Dazu kommen Familien, die mehrfach oder über einen längeren Zeitraum Unterstützung brauchen. Landrat Klaus Peter Söllner ist froh, dass das Angebot angenommen wird. Den Familien werde wirkungsvoll geholfen, bevor teure Jugendhilfemaßnahmen erforderlich werden.


Alle Infos zum Angebot der Kulmbacher KoKi und die Kontakte zu den Beraterinnen finden Sie hier.