Frisches Lüftla für ein kühles Seidla

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Ganz unauffällig sind die Lüftungsschächte der Bierkeller Kulmbacher Brauereien im Stadtbild.Erich Olbrich
Ganz unauffällig sind die Lüftungsschächte der Bierkeller Kulmbacher Brauereien  im Stadtbild.Erich Olbrich
Ein weiterer unauffälliger Lüftungsschacht
Ein weiterer unauffälliger Lüftungsschacht
 
Ein weiterer unauffälliger Lüftungsschacht
Ein weiterer unauffälliger Lüftungsschacht
 

Kulmbacher Bierkeller und deren Lüftungsschächte: Man muss schon genau hinschauen, wenn man sie finden will.

An vielen Stellen gibt und gab es Kelleranlagen in der Stadt Kulmbach. Sie wurden in den Sandstein des Burgberges und in die Ausläufer des Rehbergs gegraben. Der leicht zu bearbeitende Sandstein ist ein idealer Lieferant von Scheuersand und auch von Steinen zum Hausbau. So wurden nach der Zerstörung Kulmbachs 1553 die Steine zum Wiederaufbau der Häuser aus den Kellern geholt.

Im Bereich um und in der Innenstadt entstand ein Labyrinth von über 83 Kelleranlagen. In Kulmbach hatten Keller durch die vielen Brauereien seit jeher eine hohe Bedeutung. In der Mitte des 19. Jahzrhunderts setzte ein echter "Bauboom" ein; die meisten Keller wurden in dieser Zeit gegraben.

Ohne zusätzliche Kühlung beträgt die Temperatur darin ganzjährig rund acht bis zehn Grad. Durch die konstante Temperatur sind die Keller ideal zur Lagerung von Bier, aber auch von Kartoffeln, Rüben und anderem Gemüse.

Die Keller wurden im Winter mit Eisblöcken aufgefüllt, die aus den angestauten Eisweihern herausgesägt wurden. Eine Brauerei, die diese Möglichkeit nicht hatte, ließ Wasser über ein eigens dafür errichtetes Stangengerüst laufen. Die entstandenen Eiszapfen wurden abgeschlagen und in den Keller gebracht. Damit konnte die Temperatur bis in den Spätsommer konstant kühl gehalten werden.

Zu dieser Zeit befanden sich die Kulmbacher Braustätten in der Nähe der Kelleranlagen. Erst mit der Erfindung von Kühlanlagen durch Carl von Linde (1842-1934) verlegten einige Brauereien die Bierproduktion "vor die Tore der Stadt".

Üblicherweise hatten die Keller vor dem gemauerten Kellereingang ein Kellerhaus, in dem die benötigten Gerätschaften gelagert wurden. So nach und nach entwickelte sich auch in Kulmbach die Möglichkeit, aus diesen Häusern Bier auszuschenken. Dabei entstanden im Laufe der Zeit Versammlungsflächen, auf denen getanzt oder gekegelt wurde. Idealerweise wurden zur Beschattung dieser Flächen Bäume gepflanzt, deren Wurzeln dann aber auch den Weg in die Keller fanden. So entstanden die auch heute noch beliebten Biergärten. Dass "auf die Keller gehen" auch in Kulmbach ein Begriff war, hat der verstorbene Helmut Geiger in seinen Büchern eindrucksvoll beschrieben.

Ihre formelle Legalisierung (Konzession) erhielten die bayerischen Bierkeller durch das von König Ludwig II. von Bayern am 1. Mai 1868 erlassene "Gesetz über Realgewerbeberechtigungen und den Ausschank eigener Erzeugnisse", das übrigens zugleich auch die Erlaubnis zum Betrieb von "Heckenwirtschaften" für die - vor allem unterfränkischen - Weinbauern beinhaltete.

Darin heißt es in Art. 2, Satz 1: "Der Ausschank des eigenen Erzeugnisses bleibt den Brauern in einem hierfür bezeichneten Lokale und auf ihren Lagerkellern, desgleichen nach Maßgabe des örtlichen Herkommens den schenkberechtigten Kommunbrauern und Weinbauern gestattet." (vgl. BayRS 7100-1-W, Stand: 1983-1985)

In den Bierkellern findet man, getrennt durch einen Gang, erhöhte Fasslager. Die darauf gelagerten Fässer konnten mehrere Hundert Liter Bier fassen. Abgelegt auf Holzbalken oder metallenen Halterungen, ersparte die Hochlagerung umständliches Bücken, erleichterte das Zapfen und schützte die Holzfässer zusätzlich vor eventuell in den Keller einfließendem Grund- oder Regenwasser.

Die Beleuchtung im Keller war in der Regel nur mit Kerzen oder Öllampen möglich. Da die erhöhte Luftfeuchtigkeit des Erdreichs in mehreren Metern Tiefe ein natürlicher Feind des hölzernen Bierfasses und der eingelagerten Feldfrucht war, verfügten die meisten Keller über einen Lüftungsschacht in der Decke des mittleren bis hinteren Kellerbereichs, so dass - eventuell in Verbindung mit einem Lüftungsschlitz oder -rohr im Eingangsbereich - ein Luftstrom durch den Keller erzeugt wurde und Moder und eine Vergiftung mit bei der Gärung entstandenen Kohlenstoffgasen, verhindert werden konnten.

Die Hauben der Lüftungsschächte an der Erdoberfläche wurden oft aus Stein, Beton oder Tonrohren errichtet. Nach oben geschlossen und mit seitlichen Öffnungen versehen, schützten sie den darunter liegenden Kellerraum vor Regen.

Als in den Wirren des Zweiten Weltkrieges die alliierten Bomber immer weiter ins Hinterland vordrangen, wurden die vorhanden Keller zu Luftschutzbunkern für die Bevölkerung und als Werkstätten für die Rüstungsindustrie ausgebaut. Heute sind viele Keller funktionslos geworden, sie dienen in den Wintermonaten geschützten Tierarten wie der Fledermaus als Winterquartier.

In den Monaten von April bis Oktober werden in Kulmbach Führungen durch einen Teil der Keller angeboten. Interessenten können sich in der Tourist Information dazu anmelden.

Hinweis

In der Entdeckertour 118 geht es um Bäume für den Frieden.