Der Kulmbacher Familientreff in der Negeleinstraße stand vor einem Jahr vor dem Aus und ist jetzt schöner als je zuvor. Während Karl-Heinz Kuch mit den Gästen auf Zeitreise geht und den Rettern dankt, dürfen die Kinder schon einmal die fantastische neue Spiellandschaft ausprobieren.
Paul Niederstraßer (2) sitzt gemütlich in einem Schaukelpferd, wähend seine große Schwester Mia (5) bereits die große neue Spiellandschaft im Familiencafé erkundet. Sie rutscht die kleine hölzerne Rutsche herunter, fühlt mit den Händen das Mosaik. Paul zögert nicht lange, klettert aus dem Schaukelpferd heraus und macht es seiner Schwester nach. Schließlich ist in der handgefertigten hölzernen Spiellandschaft alles so gestaltet, dass auch er schon ohne Probleme und ohne Gefahr bis ganz nach oben klettern kann: über schräge Rutschen und flache mit Teppich ausgelegte Treppen.
Ermöglicht wurde die Anschaffung des Mega-Spielgeräts durch Thomas Gottschalks Spielshow-Gewinn bei RTL. Das Geld war ursprünglich zur Kostendeckung für den Betrieb des Familienteffs gedacht, doch dafür hätte die RTL-Stiftung das Geld nicht ausbezahlt.
Vor einem Jahr hätte niemand gedacht, dass ein Umbau des ehemaligen Kinderheims in der Negeleinstraße mit neuen attraktiven Angeboten möglich wäre. Der Familientreff stand vor dem Aus. Wie es dank vieler tatkräftiger Mitstreiter und Geldgeber in letzter Sekunde gelang, das Haus zu retten, erzählte Karl-Heinz Kuch, Geschäftsführer der Geschwister-Gummi-Stiftung den Gästen, die am Samstag zur Eröffnungsfeier gekommen waren.
Zeitreise durchs Haus
Kuch nahm sie mit auf eine Zeitreise. 1905 wurde das Haus als Waisenhaus der Geschwister-Gummi-Stiftung gebaut. 1907 zogen die ersten Kinder ein. Das Waisenhaus diente vorübergehend als Kindergarten, Lazarett und Erholungsheim, bevor es wieder ein Kinderheim wurde. Als das Haus den heutigen Anforderungen an eine solche Einrichtung nicht mehr genügte, wurde das neue Kinderheim am Schießgraben gebaut.
Das Haus stand nicht lange leer, sondern wurde zu einem Mehrgenerationenhaus mit Treff für junge Familien, das sich unter der Leitung von Pia Schmidt ab September 2000 zu einer beliebten und segensreichen Einrichtung entwickelte.
Als Ende 2013 die staatlichen Fördermittel ausliefen, sah sich die Gummistiftung mit einem jährlichen Defizit von 60 000 Euro konfrontiert - eine Summe, die die Stiftung nicht hätte tragen können, so Kuch. "20 000 Euro schaffen wir allein, aber die restlichen 40 000 waren einfach zu viel." So wurde schweren Herzens die Schließung beschlossen, die Mitarbeiter wurden gekündigt.
Viele Spender retten den Treff
Doch viele Kulmbacher wollten dieses traurige Ende nicht akzeptieren. Die Bayerische Rundschau startete einen Spendenaufruf. Der Appell kam an: Es gab viele Einzelspenden und Aktionen zugunsten der Einrichtung - von der Ice-Bucket-Challenge bis zum Benefizkonzert. Etliche Tausend Euro kamen dabei zusammen, und das bewegte auch den Rotary-ClubKulmbach und die Adalbert-Raps-Stiftung dazu, helfen zu wollen. Beide sagten zu, fünf Jahre lang jeweils 10 000 Euro beizusteuern. Weitere 50 000 Euro standen durch Gottschalks Spielgewinn in Aussicht, die restlichen 10 000 Euro jährlich steuert der Landkreis bei.
Der Familientreff schien gerettet, bis Karl-Heinz Kuch erfuhr, dass die RTL-Gelder nicht für den laufenden Betieb ausgegeben werden durften, sondern zweckgebunden für Spielgeräte und Ausstattung verwenden werden müssen.
Dass die Finanzierungslücke in letzter Sekunde noch geschlossen werden konnte, verdanken die Kulmbacher der Wirtschaftsstrafkammer Hof. Sie verurteilte einen Steuersünder zur Zahlung von 1,5 Millionen Euro, aufgeteilt auf unterschiedlichste soziale Einrichtungen.
Mit 50 000 Euro wurde der Familientreff bedacht, und so ist nicht nur der Betrieb des Hauses für die nächsten fünf Jahre gesichert, sondern auch die Gottschalk-Spende konnte ruhigen Gewissens ausgegeben werden. Bei den Kindern ist die dafür entstandene Spiellandschaft schon der große Renner, und auch die Erwachsenen zeigten sich beim Rundgang begeistert von den Neuerungen.
Karl-Heinz Kuch nutzte die Feier, um allen Rettern und Unterstützern ein herzliches Dankeschön für ihr Engagement auszusprechen. Für die Initiative zur Spendenaktion und deren Begleitung in der Bayerischen Rundschau überreichte er einen Blumenstrauß an BR-Redakteurin Dagmar Besand. Blumen und ein großes Dankeschön gab es auch für Pia Schmidt, die mit Herz und viel Einsatz den Familientreff zu dem gemacht hat, was er ist. Pia Schmidt hat den Führungsstab an Elsbeth Oberhammer weitergegeben.
Bewährtes bleibt, Neues kommt
"Wir werden vieles bewahren. Das Haus soll auch in Zukunft ein Treff für junge Familien sein." Der Second-Hand-Laden bleibt ebenso bestehen wie das Café und die Schreinerwerkstatt für Senioren, so die neue Leiterin. In Zukunft möchte sie noch mehr als bisher junge Väter in die Angebote einbeziehen. "Wir wollen immer offen bleiben für das, was notwendig ist." Denn der Familientreff soll immer ein Ort sein, an dem sich junge Familien wohlfühlen.
Dekan Zinck bezeichnete den Familientreff als "Ort des Segens". Auch Landrat Klaus Peter Söllner und Stadtrat Michael Pfitzner stellten die Bedeutung des Familientreffs heraus und freuten sich mit, dass der Familientreff mindestens für die nächsten fünf Jahre gesichert ist.