Erste Hilfe soll in Stadtsteinacher Schule zum Schulfach werden

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Uli Simon (im Hintergrund) und Frank Wilzok (vorne rechts) haben den Neuntklässlern der Stadtsteinacher Schule die wichtigsten Erste Hilfe-Leistungen beigebracht: Auch Reanimation und Beatmung standen auf dem Lehrplan. Foto: Sonja Adam
Uli Simon (im Hintergrund) und Frank Wilzok (vorne rechts) haben den Neuntklässlern der Stadtsteinacher Schule die wichtigsten Erste Hilfe-Leistungen beigebracht: Auch Reanimation und Beatmung standen auf dem Lehrplan. Foto: Sonja Adam
Frank Wilzok und Uli Simon haben nicht nur die klassischen Erste Hilfe-Themen thematisiert.
Frank Wilzok und Uli Simon haben nicht nur die klassischen Erste Hilfe-Themen thematisiert.
 
Jasmin Heusinger freut sich, dass der Erste Hilfe-Kurs, den sie in der Schule absolviert hat, auch für den Führerschein gilt.
Jasmin Heusinger freut sich, dass der Erste Hilfe-Kurs, den sie in der Schule absolviert hat, auch für den Führerschein gilt.
 
Kevin Schürz (16) hat beim Erste Hilfe-Kurs die Angst vor dem Helfen verloren.
Kevin Schürz (16) hat beim Erste Hilfe-Kurs die Angst vor dem Helfen verloren.
 
Schulleiter Michael Pfitzner
Schulleiter Michael Pfitzner
 

Die schnelle Versorgung von Unfallopfern ist wichtig. Deshalb soll die Vermittlung von Kenntnissen in Erster Hilfe an der Stadtsteinacher Schule "offiziell" in den Lehrplan aufgenommen werden. Doch nicht jeder kann sich damit anfreunden.

Maxi Pleger beugt sich beherzt über die Gummipuppe - streckt den Kopf über und führt sachgerecht eine Mund-zu-Mund-Beatmung durch. "Nein, das ist eigentlich nicht eklig. Das ist ganz normal", sagt die 15-Jährige. Unterdessen drückt Kevin Schürz (16) den Brustkorb der Gummipuppe und "reanimiert" die fiktive Person. Erfolgreich, konstatieren Frank Wilzok und Uli Simon vom WKS-Notfall-Trainings-Team.

In zehn Doppelstunden haben die beiden Experten den Neuntklässlern der Stadtsteinacher Mittelschule Grundkenntnisse in Erster Hilfe vermittelt. Stabile Seitenlage, aber auch Reanimation, Beatmung sowie richtige Reaktionen nach dem Konsum von Kräutermischungen gehörten zu den "Einheiten".

Eigentlich gehört Erste Hilfe noch nicht zu den Pflichtfächern an den bayerischen Schulen. Doch nach dem Willen des Kultusministeriums soll sich das bald ändern. "Wir haben noch keine Ausführungsbestimmungen, aber meiner Information zufolge soll Erste Hilfe in den Lehrplan aufgenommen werden", bestätigt Schulrat Jürgen Vonbrunn.

"Sicherlich sinnvoll"

Im Gespräch sei derzeit ein Kontingent von zwei Stunden pro Jahr. Unklar sei auch noch, ob Erste Hilfe dann von Lehrern oder erfahrenen Rettungskräften unterrichtet werden soll. "Das ist wenig, aber sicherlich sinnvoll. In Kulmbach bieten aber die meisten Schulen schon jetzt deutlich mehr an", sagt Vonbrunn. Tatsächlich gibt es an fast allen Schulen in der Bierstadt Erste-Hilfe-Kurse und Schüler, die eine Sanitätsausbildung absolviert haben oder als Schulsanitäter tätig sind. Nur ist Erste Hilfe bislang eben immer noch freiwillig.

Das Modell, in Stadtsteinach einen Erste Hilfe-Kurs verpflichtend für alle Neuntklässler anzubieten, war deshalb neu - und hatte eine Vorreiterrolle im Landkreis inne.

In Kulmbach schon Praxis

Seit vielen Jahren gibt es beispielsweise an der Max-Hundt-Schule in Kulmbach einen Schulsanitätsdienst, bestätigt der stellvertretende Schulleiter Klaus-Peter Mittag. In der siebten Klasse bildet Ute Stößlein die Ersthelfer aus. In der achten und neunten Jahrgangsstufe kommen die Schüler dann zum Einsatz. Es gibt eine "Bereitschaft" in den Pausen, auch bei Fußballturnieren oder anderen Schulveranstaltungen werden "Sanitätsdienste" geleistet.

Das BRK bietet für Grundschüler die Ausbildung zum Juniorhelfer an. Bei solchen Kursen bekommen die Kids bereits die Grundlagen vermittelt. "Aber das heißt natürlich nicht, dass die Schüler bei Verletzungen die Verantwortung übernehmen müssen. Die liegt immer noch bei den Lehrern", sagt Ute Stößlein.

"Normal ist es an der Max-Hundt-Schule allerdings üblich, dass die ganze Klasse bei der Erste-Hilfe-Ausbildung mitmacht, aber es sind nicht alle geeignet. "Wenn jemand kein Blut sehen kann, wird es schwierig, ihn einzusetzen", sagt Stößlein offen und ehrlich und ist aus diesem Grund auch zwiegespalten, was die verpflichtende Einführung betrifft.

Auch der Leiter der Stadtsteinacher Mittelschule kann sich mit einem neuen Lehrfach "Erste Hilfe" nicht wirklich anfreunden. "Es ist wichtig, dass wir in unserer Gesellschaft eine Erste-Hilfe-Kultur pflegen und keine Kultur des Wegschauens. Und deshalb haben wir mit den Ganztagsschülern auch einen Modellversuch gestartet", sagt Michael Pfitzner. Als besonderen Bonus könnten die Schüler den Erste Hilfe-Kurs für den Führerschein verwenden. "Aber ich bin dagegen, dass wir alle gesellschaftlich relevanten Themen in ein Schulfach zwängen. Das wird den Rahmen und den zeitlichen Umfang, den Schule nun einmal hat, irgendwann sprengen", sagt Pfitzner. Aktuell hat der Kurs für die Schüler auch Auswirkungen auf die Lehrer: Denn nach den Pfingstferien soll es auch zwei Fortbildungstage für die Lehrer der Mittelschule Stadtsteinach in Erste Hilfe geben.

"Man weiß nie..."

"Ich finde den Kurs gut, denn man weiß nie, wann man das, was man lernt, gebrauchen kann", sagt Kevin Schürz aus Stadtsteinach, der bei seiner Freundin schon einmal Erste Hilfe leisten musste. "Sie ist einfach umgekippt. Ich habe dann die Beine hochgelegt und den Notarzt gerufen. Im Krankenwagen war sie dann schon wieder bei Bewusstsein. Sie hatte ezu niedrigen Blutdruck."

Maxi Pleger hat gelernt, "dass man sich trauen kann". Außerdem könne man den Kurs auch für den Führerschein verwenden, so die 15-Jährige, die ebenfalls den Pflichtkurs in Stadtsteinach absolviert hat.
"Ich habe einiges gelernt. Das ist nie schlecht", findet Jasmin Heusinger (14), auch wenn bei ihr der Führerschein erst in ein paar Jahren ein Thema ist.

Laut Frank Wilzok geht es in erster Linie darum, die Angst vor dem Helfen zu verlieren. "Nur wer nichts macht, macht was falsch." Ulli Simon, selbst Rettungshelfer und Krankenpfleger, nickt: "Ich habe in meiner Laufbahn noch nicht erlebt, dass jemand von Ersthelfern falsch versorgt wurde. In die stabile Seitenlage kann man einen Verletzten immer bringen."