Die autarke Versorgung ganzer Kommunen mit "grünem" Strom ist möglich. Ein Beispiel.
Nach neuesten Berechnungen wird die Umlage für erneuerbare Energien (EEG-Umlage) im kommenden Jahr von augenblicklich 6,35 auf 7,1 bis 7,3 Cent steigen. Für die Energiekonzerne wird dies ein willkommener Anlass sein, erneuerbare Energien als Preistreiber darzustellen, vermuten Mario Münch, Geschäftsführer der MünchEnergie in Rugendorf, und Wolfgang Degelmann, Vorsitzender der Energievision Frankenwald, einem Verein mit Sitz in Kronach.
Aber: "Es stimmt einfach nicht, dass erneuerbare Energien den Strom teurer machen," sagt Münch. Degelmann spricht von einem "Märchen". Verantwortlich für den Anstieg seien der Staat und "versteckte Industrieförderung" aufgrund der aktuellen Gesetzeslage. Die reinen Produktionskosten von Strom aus Solar-, Windkraft- und Biogasanlagen betrügen gleichbleibend etwa 2,5 Cent pro Kilowattstunde, rechnet Mario Münch vor.
Inzwischen würden etwa 30 Prozent des Stroms in Deutschland durch erneuerbare Energiequellen produziert.
Durch dieses Mehrangebot an Strom sei auch für die sogenannten Energieversorger, die eigentlich ja nur Energieverkäufer seien, der Einkaufspreis gesunken, von fast zehn Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2008 auf jetzt unter drei Cent. Aber dennoch sei der Preis für den Endverbrauchen in den vergangenen Jahren gestiegen und werde ab 2017 durch eine möglicherweise wieder erhöhte EEG-Umlage weiter steigen. Aber eben nicht, weil Strom aus erneuerbaren Quellen ach so teuer sei.
Gesunkene Einkaufspreise
Preistreiber sei vielmehr die versteckte Subvention von "Kutschenfahren, obwohl E-Mobilität schon längst möglich ist", bemüht Mario Münch ein Bild.
Und zeigt anhand einer Statistik des Fraunhofer-Instituts, dass seit 2009 die Umsatzzahlungen aufgrund des EEG-Gesetzes verdoppelt wurden, die EEG-Umlage um das 4,5-fache gestiegen sei. Darin enthalten seien pro Kilowattstunde Zahlungen "an die Großindustrie" 0,81 Cent im Jahr 2012, im Jahr 2014 bereits 1,26 Cent. Und dies, obwohl die überregionalen Energiekonzerne den erheblich gesunkenen Einkaufspreis an der Börse nicht an den Endverbraucher weitergegeben haben. Dies entspreche bundesweit einer Einsparung von 36 Milliarden Euro pro Jahr.
Außerdem seien im gesamten Zeitraum 377 000 neue Arbeitsplätze im Bereich erneuerbarer Energien entstanden. Damit kämen die großen Energiekonzerne nicht zurecht, sagt Münch. Ihre Gewinne würden aufgefressen, denn den Konzernen fehlten 36 Milliarden Euro pro Jahr.
Damit dies nicht bekannt werde, würden die Energiekonzerne Millionen für Marketingmaßnahmen ausgeben, prognostiziert er - alles mit dem Ziel, so lange wie möglich an den alten Geschäftsmodellen festzuhalten. "Die Konzerne hassen uns",sagte Münch, denn sie hatten bislang das Monopol auf Energie. Durch den Wettbewerb am Markt sei dieses Monopol mittlerweile aber längst gebrochen.
Starker Export
Dazu komme, ergänzt Wolfgang Degelmann, dass Deutschland so viel Strom exportiert wie nie zuvor. "Wenn der Strom so extrem teuer wäre, dann könnten wir doch nicht exportieren", sagt er. Strom sei in Deutschland, nach Skandinavien, in Europa am billigsten.
Die erneuerbaren Energien würden also für etwas haftbar gemacht, für das sie nicht verantwortlich seien.
Für Mario Münch ist auch klar, "dass ganz bewusst keiner darüber sprechen soll, was noch alles möglich ist." Allein die Photovoltaikmodule auf der Abstellfläche eines einzigen Pkw, beispielsweise auf einem Carport, würden bei einem durchschnittlichen Elektrofahrzeug pro Jahr für eine Strecke von rund 20 000 Kilometer ausreichen und damit rund 1500 Liter Sprit einsparen.
Energieautonomer Betrieb
Sowohl für Mario Münch als auch für Wolfgang Degelmann steht fest: Kraftwerke, die mit fossilen Stoffen betrieben werden, hätten erheblich höhere Kosten als Wind und Solar. Diese seien auf jeden Fall die billigste Lösung der Stromerzeugung. Der Umstieg werde passieren, so Münch.
"Der Umstieg wird kommen, so wie der Umstieg von der Kutsche auf das Auto gekommen ist."
Münch, bundesweit mehrfach als Visionär ausgezeichnet, hat seinen Betrieb in Rugendorf völlig energieautonom gebaut, bietet Mitarbeitern kostenfrei Strom aus eigener Produktion für deren E-Mobilität als eigenen Standortvorteil für qualifizierte Fachkräfte in der strukturschwachen Region. Und hält unter anderem auch ein weiteres Fahrzeug bereit, mit dem man Strom speichern und diesen dann in das Netz zu Hause einspeisen kann.
Der gemeinnützige Verein EnergieVision Frankenwald setzt sich für die sparsamere Verwendung von Energie sowie den verstärkten Einsatz regional vorkommender, regenerativer Energieträger ein. Er hat unter anderem die Ortschaft Gössersdorf, genau zwischen Kulmbach und Kronach gelegen, bei der energetischen Umgestaltung begleitet.
Dort wurden eine 2 x 70 kW Pellets-Kaskade am Blockheizkraftwerk der Biogasanlage gebaut, das 13 Gebäude mit regenerativer Wärme aus Biogas und Pellets versorgt. Zusätzlich wird mit überschüssiger Wärme (gerade im Sommer) über Container an der Biogasanlage eine Trocknung für Hackschnitzel und Getreide über die beiden Landwirte betrieben. Die im Jahr 2004 gebaute erste Freiflächen-Photovoltaikanlage der Region mit 166 kWp Leistung sowie zahlreiche Solaranlagen auf den Hausdächern ergänzen den Gedanken der Energieautarkie in Gössersdorf.