Druckartikel: Einmal abholen, bitte!

Einmal abholen, bitte!


Autor: Andreas Schmitt

Kulmbach, Dienstag, 10. Oktober 2017

Über zwei Wochen ist die Bundestagswahl nun schon her. Manche Wahlplakate hängen freilich immer noch. Eines haben wir besucht.
Das Wahlplakat von Markus Tutsch (Grüne) in Döllnitz schaut schon einigermaßen mitgenommen aus. Foto: Annika Fischer


Seit fast zwei Monaten hängt er nun schon an der Laterne. Und vorbei fließt der Verkehr. Laster, Traktoren und Pkws, sie alle schlängeln sich durch die engen Straßen. Hin und wieder kommen auch Fußgänger vorbei, und manchmal sogar ein Radler.

Ach ja, wie hat er sie genossen, die schöne Zeit vor der Wahl. Er, der Kandidat, lächelt von oben den Passanten zu. Und sie schauen zu ihm auf und lesen den Namen des Grünen, der in Döllnitz vor dem Blauen Haus hängt.

Und mit der Zeit war Markus (Tutsch) auch nicht nicht mehr alleine. Emmi (Zeulner), Erich (Hock) oder Thomas (Bauske) standen in der Nähe. Und als nachts der Verkehr in Döllnitz ruhiger wurde, da hörte man sie philosophieren. Über Gott, die Welt, den Wahlkampf. Und manchmal klagten sie ihr Leid. Über die bösen Kräfte, die sie wahlweise übermalten (meistens Schnauzer), mit Dreck bespritzten (Lkws) oder anbellten (Nachbars Lumpi).

Irgendwann aber, da ist jede Zeit vorbei. Die Farben der Plakate verblassen, die Schriften werden unleserlich. Das Interesse derer, die wie ich täglich vorbeifahren, sinkt. Und nach der Wahl werden sie dann abgeholt. Die Show in Döllnitz, sie ist zu Ende.

Nur Markus, der Grüne. Er hängt immer noch vor dem Blauen Haus. Einsam ist er nun und alleine, unbeachtet und durchnässt.

Nein, das hat er nach all dem Wahlkampf und dem ganzen Philosophieren wirklich nicht verdient. Seinen Erziehungsberechtigten sei zugerufen: "Der kleine Markus, er möchte bitte abgeholt werden."

P.S.: Den Artikel hätte man genauso über andere Kandidaten schreiben können. So erleiden zum Beispiel die Abbilder von Emmi Zeulner (Melkendorfer Straße) sowie Oswald Greim (Albert-Ruckdeschel-Straße) in Kulmbach oder Thomas Bauske (Berndorfer Straße) in Thurnau ein ähnliches Schicksal.