Mit kleinen Zugeständnissen versuche das "BMEL", einen Spagat zwischen Tierwohl und Wirtschaftlichkeit zu schaffen, erreiche damit aber genau das Gegenteil. So lautet die Kritik der Landwirte.
Tierschutz oder Tierquälerei?
Beispielsweise wurden Muttersauen bisher während und nach der Geburt in einem sogenannten Ferkelschutzkorb gehalten, damit sie sich nicht versehentlich auf ihren Nachwuchs legen. Künftig sollen sie maximal fünf Tage im Schutzkorb bleiben. Ob das Tierschutz sei, hält Johannes Dörfler für fraglich, denn für die Ferkel sei das gefährlich. Es werde mehr "Erdrückungsverluste" geben.
Fachtierarzt Stefan Gedecke aus Wonsees sieht auch die Arbeitssicherheit gefährdet, denn die aktuellen Schweinezuchtlinien verstehen keinen Spaß, wenn man sich dem Nachwuchs nähert.
Gedecke zufolge sollte man bei solchen Gesetzesänderungen viel weiter ausholen. Er sagt: "Zuchtentscheidungen müssten künftig auch nach Verträglichkeit getroffen werden und nicht in erster Linie nach der Ferkelanzahl." Dem Tierarzt zufolge müssten Politiker und Verbraucher klar definieren, was sie unter Tierwohl verstehen.
Alle Schweine auf der Weide zu halten, sei von der Fläche her nicht machbar. Es sei denn, Verbraucher wären bereit, rund zehn Euro für ein paar Bratwürste zu bezahlen, so Gedecke. Denkbar wäre es, für alle Schweine, auch für Mastschweine, die Buchten zu vergrößern und zu strukturieren in Ruhe- und Bewegungszonen.
Mehr Bildung notwendig
Dass sich Verbraucher heute mehr denn je für die Herkunft ihrer Lebensmittel und die Haltung landwirtschaftlicher Nutztiere interessieren, hält Johannes Vater Manfred Dörfler (64) für eine gute Entwicklung. Seiner Meinung nach bedürfe es allerdings viel mehr Bildungsarbeit. "Wie Lebensmittel produziert werden, sollte man schon in der Schule viel besser erklären", sagt er.
Mit etwas mehr Vorarbeit würde vielleicht die ein oder andere politische Entscheidung praktikabler ausfallen. "Politiker sagen, sie wollen kleinbäuerliche Strukturen erhalten, machen aber genau das Gegenteil", betont Manfred Dörfler. Man müsse investieren, um neue, sehr große Ställe zu bauen, habe aber weder wirtschaftlichen Zugewinn noch Planungssicherheit. Sollten in einigen Jahren wieder Investitionen fällig werden, stünden kleine und mittlere Betriebe vor dem Bankrott, nur Großbetriebe könnten sich halten.
Johannes Dörfler betont, dass man wirklich alles daran setze, sich an die neuen Regeln zu halten. Für die Kastration männlicher Ferkel sei sogar die Anschaffung eines 12 000 Euro teuren Narkosegeräts geplant. Alternative Haltungsmethoden mit nur etwa der Hälfte der Tiere seien durchaus machbar, so Johannes Dörfler. "Aber das müsste man eben auch bezahlt bekommen."
Serienthemen Fortsetzung In der nächsten Folge erklärt Clemens Hilpert (22) aus Windischenhaig, warum er versucht, das Unkraut auf seinen Feldern mechanisch zu bekämpfen.