Reservierte Plätze im Stadel sind bequem. Seit diesem Jahr kostet dieser Komfort Geld. Viele Kulmbacher ärgert das, andere haben Verständnis.
Vieles ist neu bei der Kulmbacher Bierwoche 2018: der Stadel, das Umfeld, die Organisation. Letzteres betrifft auch die Möglichkeit, Plätze für Gruppen zu reservieren, was vor allem Firmen und Vereine gerne nutzen. Die Reservierung kostet allerdings erstmals Geld: 30 Euro pro Garnitur sind fällig. Trotz dieser Kosten ist die Nachfrage weit größer als das Angebot.
Warum verlangt die Kulmbacher Brauerei Geld für die Reservierungen? "Bei einem Fest dieser Größenordnung ist ein gutes, geordnetes Reservierungssystem wichtig und wird von vielen Gästen erwartet. Viele unserer Firmenkunden haben uns seit Jahren gebeten, uns hier weiter zu entwickeln", so Natalia Balacka, Pressereferentin der Kulmbacher Brauerei. "Deshalb haben wir den neuen Stadel so konzipiert, dass ab diesem Jahr an jedem Tag klar festgelegte Bereiche von jedermann reserviert werden können."
Feiern am dekorierten Tisch
Dies sei in der Vergangenheit nicht möglich gewesen. Reservierungen gab es nur an fünf von neun Tagen. "Unsere bisherigen Erfahrungen sind nahezu ausnahmslos positiv. Gerade unsere Firmenkunden haben es sehr begrüßt, ihren Gästen nun einen rustikal dekorierten Tisch in einem etwas erhöhten Bereich anbieten zu können. Aber auch viele private Gruppen haben sich entschieden, sich dort einen Tisch zu sichern."
Das Kontingent beträgt an jedem Tag 64 Tische mit insgesamt 640 Plätzen. In der gesamten Bierwoche können also 5760 Plätze reserviert werden. "Dass die Tische an allen neun Tagen ausreserviert wurden, spricht für sich", meint Balacka. Unseren Gästen in den Reservierungsbereichen ist es also den kleinen Obolus von drei Euro pro Person wert, einen festen Platz im Stadel zu haben - übrigens ohne den Zwang eines Mindestverzehrs, wie wir ihn von anderen Traditionsfesten dieser Art längst kennen."
Mehr Plätze im neuen Stadel
Die Pressereferentin der Brauerei weist außerdem darauf hin, dass fast 90 Prozent aller rund 5000 Sitzgelegenheiten (1000 mehr als in der Vergangenheit) im und um den Stadel frei zugänglich zur Verfügung stehen. "Geübte Bierfestbesucher wissen das und finden auch mit größeren Gruppen zwischen 15 und 16 Uhr ihren Platz."
Glück im Reservierungslotto hatte die Sparkasse Kulmbach-Kronach: "Wir waren offensichtlich schnell genug und haben unsere Wunsch-Tische ergattert", sagt Heidi Schmidt-Hofmann vom Personalrat. Dass die Reservierungen jetzt Geld kosten, geht für sie in Ordnung. Es ist nur einmal im Jahr und für uns ein besonderes und wichtiges Fest. Das sind uns unsere Mitarbeiter wert."
Weniger als gewünscht, aber immerhin fünf Tische konnte sich eine Gruppe des Kulmbacher Klinikums für Montagabend sichern. Der Großteil der Mitarbeiter aller Stationen geht dagegen erst am Mittwoch feiern und hat keine reservierten Plätze. Strategisch geht Personalratsvorsitzender Frank Wilzok mit seinen Kollegen die Herausforderung an, Tische im Stadel zu ergattern. "Wir setzen auf geballte Kraft", sagt er: "Um 16 Uhr mit genügend Leuten rein und Plätze für diejenigen mitbesetzen, die länger arbeiten müssen." Die Reservierungsgebühr sei zwar nicht billig, aber Wilzok versteht die Brauerei: Wenn zwei Leute mit zwei Flaschen Limo eine Stunde oder länger ganze Tischgruppen blockieren, freut das die Bedienungen natürlich nicht."
Kein Verständnis für das neue System hat Edgar Friedmann, der zwei Mal mit Vereinen den Stadel besucht. Am Sonntag ließ er mit Mitgliedern des Frankenwaldvereins eine Mondscheinwanderung mit einem Frühschoppen ausklingen. "Morgens kurz nach Stadelöffnung haben wir ohne Probleme Platz gefunden." Für einen Abend mit seinem FC Bayern-Fanclub allerdings hat er reserviert und zähneknirschend die Gebühr bezahlt: "Das ist schon viel Geld, und ich denke nicht, dass sich die Brauerei damit einen Gefallen tut. Man kann sein Geld nur einmal ausgeben und trinkt dann halt eine Maß weniger."
Friedmann sieht eine Tendenz, das Bierfest in Richtung des Oktoberfests zu verändern. "Mir gefällt das nicht. Das ist die Kulmbacher Bierwoche und sollte in erster Linie ein Fest für die Einheimischen sein. Die Tradition, das Gemütliche, das die Bierwoche ausgemacht hat, geht verloren." Am neuen Stadel liegt das allerdings nicht: Der gefällt Friedmann ausnehmend gut: "Das Flair drinnen und drumherum ist sehr schön."
"Dass die Bierwoche überfremdet sei, haben wir nun wirklich noch nicht gehört", sagt dagegen Natalia Balacka. "Die Kulmbacher Bierwoche lockt Jahr für Jahr weit über 100 000 Gäste an und führt Menschen aus aller Welt zusammen. Wir Kulmbacher sind weltoffen und freuen uns über unsere Gäste."
Ilona Hascher, die seit vielen Jahren den Bierfestbesuch für die Mitarbeiter der Mediengruppe Oberfranken organisiert, ärgert sich über die neuen Reservierungsgebühren: "Man muss bezahlen, ohne dafür eine echte Gegenleistung zu bekommen." Doch selbst gegen Gebühr - Hascher konnte für den früheren Firmenabend am Donnerstag erstmals keine Tische für ihre Kollegen reservieren. Alles ausgebucht. "Schade. Der Termin hat für uns alle Tradition. Zum ersten Mal klappt es heuer nicht, dass wir wie bisher gemeinsam feiern gehen können."