"Dorf-Phantom": kein Prozess gegen die Eltern

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Wie das "Dorf-Phantom" gelebt hat, wird wohl nie mehr geklärt werden. Einen Gerichtsprozess gegen die Eltern wird es nicht geben. Symbolfoto: Christopher Schulz/Archiv
Wie das "Dorf-Phantom" gelebt hat, wird wohl nie mehr geklärt werden. Einen Gerichtsprozess gegen die Eltern wird es nicht geben. Symbolfoto: Christopher Schulz/Archiv

Gegen die Eltern des "Dorf-Phantoms", das viele Jahre abgeschottet im Elternhaus gelebt hatte, wird es keinen Gerichtsprozess geben.

Es war ein Fall, der bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hat. Bei einem spektakulären Polizeieinsatz war im September 2016 ein damals 43-Jähriger aus seinem Elternhaus in einem Hollfelder Ortsteil geholt worden. Der Mann hatte dort über viele Jahre von der Außenwelt abgeschottet gelebt.

Verwahrlost, verängstigt

Als die Polizei das Haus betrat, sei er stark verwahrlost und verängstigt, aber nicht unterernährt gewesen, hieß es. Er habe sich gegen die Abholung gewehrt. Die Frage, die sich nicht nur die Ermittler stellten, war: Hatten die betagten Eltern ihn weggesperrt? Vater und Mutter hatten dies zurückgewiesen. Sie hätten ihn nur beschützen wollen, betonten sie.

Dass es kein großer Kriminalfall sei, bei dem eine Person über Jahrzehnte eingesperrt gewesen war, machte die Polizei deutlich. Der 43-Jährige sei nicht angekettet gewesen, habe sich im Haus relativ frei bewegen dürfen, sagte ein Polizeisprecher.

Die Staatsanwaltschaft Bayreuth hatte in der Folge jedoch ein Ermittlungsverfahren gegen die Eltern wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung und der Körperverletzung durch Unterlassen eingeleitet und schließlich Anklage erhoben.

Das Gutachten gibt den Ausschlag

Zum Prozess kommt es nun aber nicht, wie Leitender Oberstaatsanwalt Herbert Potzel auf Anfrage bestätigte. Das zuständige Bayreuther Schöffengericht habe entschieden, die Hauptverhandlung nicht zu eröffnen. Nach der Anklageerhebung habe der vorsitzende Richter ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses habe ergeben, dass der Mann aufgrund seines Geisteszustandes nicht zeugentauglich sei.

"Entscheidung ist vertretbar"

Wie Herbert Potzel mitteilte, hat die Staatsanwaltschaft gegen die Entscheidung nach eingehender Prüfung keine Beschwerde beim Bayreuther Landgericht eingelegt. "Die Entscheidung ist aus unserer Sicht vertretbar", stellte der Anklagevertreter fest.

Auf die Aussage des Mannes, der als Verwandter auch von seinem Zeugnisverweigerungsrecht hätte Gebrauch machen können, wäre es in dem Prozess angekommen. "Er wäre der einzige Zeuge, der Einzelheiten hätte schildern können, der sagen hätte können, wie er gelebt hat, ob ihn die Eltern daran gehindert haben, das Haus zu verlassen oder nicht", so der Leitende Oberstaatsanwalt.

Es wird ein Rätsel bleiben

Nach seiner Abholung durch die Polizei war der 45-Jährige im September 2016 in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht worden. Er lebt auch heute noch in einer Einrichtung, wie Herbert Potzel weiter mitteilt. Der Gesundheitszustand des 45-Jährigen habe sich dank einer Therapie aber deutlich verbessert.

Wie der Mann in seinem Elternhaus gelebt hat, das wird für immer ein Rätsel bleiben.