Am Samstag um 14.30 Uhr ist es vollbracht: Nach 18 Jahren unfreiwilligem Exil im Landschaftsmuseum auf der Plassenburg steht der Samelstein wieder an seinem angestammten Platz auf der Kirchleuser Platte auf Mainleuser Gemeindegebiet.
Mit einem schmucken Holzdach vor Wind und Wetter gut beschirmt, das die Interessengemeinschaft Samelstein spendiert hat. Jubel brandet auf, als Zimmermann Gerhard Kögel in seinem Richtspruch die Bürgerinitiative hochleben lässt, die in den vergangenen 18 Jahren immer wieder dicke Bretter bei den hohen Herren gebohrt hat: "Hoch leben alle, die hier stehn', durch deren Hilfe es geschehn', Gesegnet sei der stolze Stein. Möge er immer an seinem Platz hier sein."
Begonnen hat die Rückführung des alten Naturdenkmals, das zu den ältesten seiner Art in Deutschland zählt, am Vormittag eines sonnigen Herbsttages auf der Kulmbacher Plassenburg.
10.30 Uhr: Noch ruht der Samelstein einsam und verlassen in einer Ecke des Schönen Hofes. Da kommen plötzlich vier Fahrzeuge der Zimmerei Kögel aus Schimmendorf angefahren, vollbesetzt mit Jung und Alt. Schon bald ist das altehrwürdige Denkmal, das über tausend Jahre alt sein soll, von Menschen umringt.
"Da liegt der arme Kerl und friert. Nach den vielen Jahren im warmen Museum ist er es nicht mehr gewohnt, an der frischen Luft zu sein", scherzt Helmut Krauß aus Schimmendorf.
"Ein Naturdenkmal gehört in die Natur, wo es Jahrhunderte lang stand", pflichtet ihm Rudi Herrmann zu. Der Schimmendorfer vertritt die Meinung, dass niemand das Recht habe, ein solch wertvolles Naturdenkmal an einen anderen Ort zu verpflanzen. Während die Augen der Dorfbewohner vor Freude über das Wiedersehen mit einem alten Freund glänzen, auf ihren T-Shirts das Objekt ihrer Freude, der Samelstein in der Herbstsonne strahlt, und sie mit stolz gestählter Brust das Freibier genießen, das Rudi Müller, der Sprecher der Interessengemeinschaft spendiert hat, trägt ein schwarzes Trio Trauer.
Schwarze Zylinder, Mäntel und Krawatten - schon rein äußerlich zeigen die Herren, dass ihr Herz vor Schmerz über den Verlust des Samelsteins blutet.
"Der konservatorische Denkmalschutz lehrt uns, dass die Witterung Einfluss auf jedes Naturdenkmal nimmt. In einem Museum hingegen herrschen gute Umweltbedingungen", meint einer der Trauernden, der ebenso wie die beiden anderen anonym bleiben möchte. Offen gibt er zu: "Ich fürchte Repressalien seitens meines Arbeitgebers."
Was halten die Befürworter des Umzugs von der These, die Witterung könnte dem Samelstein zusetzen? Nichts. Kulmbachs Oberbürgermeister Henry Schramm bringt es in seiner Rede auf den Punkt: "Nach Ansicht des Kreisheimatpflegers Dieter Schmudlach handelt es sich um kieselsäuregebundenen Sandstein, der den Witterungsverhältnissen trotzt."
11.15 Uhr: Mit einer Unterschrift besiegeln Schramm und sein Amtskollege Dieter Adam aus Mainleus die Überführung des Denkmals an seinem alten Platz.
11.30 Uhr: Zehn Männer aus Schimmendorf heben den auf einer Palette liegenden und vier Zentner schweren Samelstein auf
einen Kastenwagen. Strohballen werden schützend um den Stein gelegt, der auf seiner Vorderseite die Figur eines gegürteten Mannes mit kurzem Rock und angewinkelte, erhobenen Armen darstellt.
12 Uhr: Mit Tüchern bedeckt und mit Spanngurten geschützt, wird er um 12 Uhr von Plassenburg zur Kirchleuser Platte gefahren.
12.30 Uhr: Der Samelstein ist in seiner Heimat angekommen. Volksfeststimmung macht sich breit. Es gibt Weißwürste und Brötchen. Mit einem Kran wird das Denkmal behutsam, in das mit Schotter ausgelegte und von der Interessengemeinschaft gebaute Fundament gestellt. "Der Schotter sorgt dafür, dass das Wasser ins Erdreich abfließen kann und es im Winter zu keinen Frostschäden kommt", erklärt Gerhard Kögel, Inhaber der gleichnamigen Zimmerei aus Schimmendorf. Anschließend wird das hölzerne Dach errichtet, das den Samelstein vor Wind und Wetter schützen soll.
14.30: Der Samelstein erstrahlt in altem Glanz an seinem alten Ort. "Er hat ein schönes Zuhause", findet Angelika Krauß und Rudi Herrmann ist wie alle Anwesenden überglücklich: "Was lange währt, wird endlich gut."