Der Logenplatz von St. Laurentius

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Der doppelstöckige und mit Wappen verzierte Herrschaftsstand in der St.-Laurentius-Kirche. Foto: Günter Karittke
Der doppelstöckige und mit Wappen verzierte Herrschaftsstand in der St.-Laurentius-Kirche. Foto: Günter Karittke
Foto: Günter Karittke
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Die evangelische Kirche in Thurnau ist reich an Kunstwerken. Als Patronatskirche weist sie Besonderheiten auf, deren Bedeutung auf den ersten Blick nicht unbedingt erkennbar ist.

Die St.-Laurentius-Kirche in Thurnau zählt zu den beeindruckendsten Gotteshäusern im Kulmbacher Land. Die Baukunst mit vielen bemerkenswerten Details fasziniert - und belegt das einstige Verhältnis zwischen Geistlichkeit und Patronat.

Erbaut wurde das Gotteshaus im Bayreuther Markgrafenstil von 1701 bis 1706, und zwar am Standort einer Vorgängerkapelle, die wie die heutige Kirche durch einen Bogengang mit dem Schloss verbunden war.

Dem Repräsentationsbedürfnis der damaligen Patronatsherrn Giech und Künßberg war es geschuldet, dass das Gotteshaus in neuem Glanz entstand. Denn dem Adel war nicht nur die Pfarrerbenennung, die Bestattung in der Kirche und die Fürbitte vorbehalten, sondern eben auch der bauliche Unterhalt. "Und das schlug sich in der Architektur nieder", sagt Barbara Karittke, Kirchenvorstandsmitglied und Lektorin von St. Laurentius.

So erklärt es sich, dass die klassische Anordnung eines geosteten Altars mit gegenüberliegender Orgel in Thurnau nicht anzutreffen ist, sondern an die Stelle der Orgel in St. Laurentius der Herrschaftsstand derer von Giech und Künßberg tritt. Er wird wie der Altar (1703) Elias Räntz zugeschrieben, ist mit reichem Schnitzdekor versehen und in schwarz mit goldenen Verzierungen gehalten.

Der Herrschaftsstand stammt aus der Zeit des Giech-Künßberg'schen Condominats (seit 1565), als sich beide Adelsfamilien Schloss Thurnau noch teilten - aber nicht unbedingt das beste Einvernehmen pflegten. Günter Karittke - wie seine Ehefrau Barbara profunder Kenner der Schlossgeschichte - nennt als Beispiel dafür sogar tätliche Angriffe, die erst mit dem Jahr 1731 ein Ende fanden, als die zu Reichsgrafen erhobenen Giech den Künßbergs die Hälfte ihres Schlosses abkauften...

Der Standesunterschied

Der Standesunterschied zwischen Graf und Freiherr ist am Herrschaftsstand bis heute zu ersehen. Während die Giech'sche Herrschaft ihre obere Loge bequem vom Schloss aus über den Bogengang erreichen konnte, mussten sich die Freiherrn von Künßberg samt Gefolge sozusagen über die Straße in die Kirche begeben, um dann über eine Wendeltreppe ihre Loge auf der ersten Empore zu erreichen. Auch die Tatsache, dass damit die Giechen noch höher saßen als der Pfarrer auf der Kanzel, kündet von Selbstverständnis...

Weiterer Beleg des Standesunterschieds: Der Giechsche Herrschaftsstand ragt um einige Zentimeter in Tiefe und Breite über den Künßbergschen hinaus. Im Winter gab es obendrein einen Kamin, der in den Gottesdiensten ("Damals dauerten Predigten zwei Stunden und mehr") für erträgliche Temperaturen sorgte, wie das Ehepaar Karittke erklärt.

Wer in diesen Tagen die 1997 bestens restaurierte St.-Laurentius-Kirche besucht und auch innere Einkehr halten möchte, dem sei das Adventslied "Tochter Zion, freue dich" (Gotteslob 228) empfohlen. Es entstand in seiner heutigen Form um 1820 in Erlangen; der Text auf den Chorsatz von Georg Friedrich Händel hat jedoch engen Bezug zu St. Laurentius. Er stammt von dem Theologen Friedrich Heinrich Ranke (1798 bis 1876) und besingt das ewige Friedensreich Jesu Christi. Eben jener Friedrich Heinrich Ranke war von 1830 bis 1840 Pfarrer in Thurnau und wurde 1834 zum Dekan und Distrikts-Schulinspektor ernannt...