Freitag ist, wenn sich der kleinste Stammtisch Deutschlands im Gasthof "Zum Goldenen Hirschen" in Stadtsteinach trifft und wenn ein Fässla geleert wird. Nach 50 Jahren löst sich der Zwei-Mann-Stammtisch jetzt auf.
Eigentlich ist der Gasthof "Zum Goldenen Hirschen" schon zu. Doch für "ihren Stammtisch" öffneten die Wirtsleute Monika und Gerhard Will noch ein letztes Mal die gemütliche Gaststube. Denn schließlich gehörten Reinald Kolb (64) und Franz Schübel (72), besser bekannt als "der kleinste Stammtisch Deutschlands", zum Inventar. Seit 50 Jahren stachen die beiden, die den Stammtisch "Unser Fässla" formierten, jeden Freitagabend ein Holzfass an.
"Alles hat 1968 angefangen. Damals waren wir in der Leichtathletikabteilung. Nach dem Training gingen wir in den Goldenen Hirschen", erzählt Reinald Kolb, der damals eigentlich noch viel zu jung für Gasthausbesuche war. Doch nach dem Krafttraining, das damals in einem Gebäude, das heute die freikirchliche Gemeinde nutzt, stattfand, musste das ein oder andere Bier getrunken werden, um wieder zu Kräften zu kommen.
Acht Personen am Anfang
"Anfangs waren wir acht Personen. Aber die Anzahl der Stammtischler reduzierte sich durch Wegzüge wie die zehn kleinen Negerlein", erzählt Kolb. Schließlich blieben nur noch Franz Schübel und Reinald Kolb übrig. Beide machten den Stammtisch zum Kult. In Erinnerung an die schönen alten Zeiten hielten sie die Tradition aufrecht.
Die Stammtischzeremonie begann auf die gleiche Weise. Franz Schübel und Reinald Kolb holten aus der Brauerei ein Holzfässla ab. Transportiert wurde es in der Sporttasche bis zum Marktplatz. Je nach Durst griff man zu einem fünf oder manchmal auch zu einem 7,5-Liter-Fässla. "Einmal ist uns ein tragisches Unglück passiert. Da ist ein Henkel gerissen, das Fass fiel heraus", erinnert sich Kolb noch. "Aber es ist nicht den Berg runtergerollt. Wir haben es noch erwischt", lacht Franz Schübel.
Anfangs holten die Stammtischler immer die echten kleinen Holzfässchen ab. Sie waren eisenbereift, massiv. "Wir haben unser eigenes Fassbesteck bekommen - aus Messing", erzählt Kolb stolz. Inzwischen gibt es solche Fässla nicht mehr. Das Jubiläumsfass bestand aus Kunststoff.
Eigner Bock
In den ersten Jahren zapften die Stammtischler ihr Fässla immer auf der Eckbank an. "Aber dann wurde die. Bank gepolstert. Dann ging das nicht mehr", lachen beide. So bekamen sie ihren eigenen Fassbock - die Brauerei Schübel stiftete ihn. Jedes Jahr kauften sich die beiden Freunde fränkischer Bierspezialitäten ein neues Krügla. Denn natürlich schmeckte das Bier aus Holz, Ton, Glas, Porzellan oder Holz immer anders.
Und seit dem Jahr 2000 gingen die beiden Stammtischler auch auf Dienstreisen. Das heißt: Sie machten gemeinsam Ausflüge. "In manchen Jahren machten wir bis zu zehn Dienstreisen. Und wir haben viel gelacht und erlebt", erinnert sich Kolb. Einmal haben Reinald Kolb und Franz Schübel den damals amtierenden Ministerpräsidenten Günter Beckstein getroffen. Man plauderte - und eine Briefbekanntschaft entwickelte sich.