Bonpflicht: Belege landen beim Bäcker im Müll

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"Die Kassenbons nimmt keiner mit", sagt "Grünwehrbeck" Sebastian Groß. Der Bäckermeister muss die vielen Kaufbelege entsorgen. Fotos: Alexander Hartmann
"Die Kassenbons nimmt keiner mit", sagt "Grünwehrbeck" Sebastian Groß. Der Bäckermeister muss die vielen Kaufbelege entsorgen. Fotos: Alexander Hartmann
 

Das neue Kassengesetz ist in Kraft. Auch der Kulmbacher"Grünwehrbeck" Sebastian Groß muss jetzt bei jedem Verkauf einen Kundenbeleg ausgeben. Ein Unding, schimpft der 32-Jährige.

Seit Jahresanfang gilt das neue Kassengesetz und mit ihm die Kassenbon-Pflicht. Sprich: Jeder Ladenbesitzer, egal ob Florist oder Metzger, muss neuerdings einen Beleg aushändigen, auch wenn der Kunde etwa beim Bäcker nur zwei Brötchen für 76 Cent gekauft hat. Diese Belege landen aber oft im Müll, denn: Viele Kunden wollen sie bei kleineren Beträgen nicht. "Wenn ich ein Brot kaufe, brauche ich keinen Bon. Ich finde das schon allein aus Umweltgründen ein Unding", sagt der Kulmbacher Udo Stübinger, der gestern Mittag beim "Grünwehrbeck" in Weiher eingekauft hat.

Bäume für die Bürokratie

Dass die aus Thermopapier hergestellten Zettel einen riesigen Müllberg verursachen, davon ist "Grünwehrbeck" Sebastian Groß überzeugt. Hunderte Bäume müssten für den "Bürokratie-Wahn" gefällt werden, sagt er und zeigt uns einen Eimer, der prall gefüllt ist mit den Belegscheinen. "Die nimmt keiner mit, auch wenn wir die Kunden darauf hinweisen."

Das sagt das Gesetz

"Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen" heißt das neue Kassengesetz genau. Nach diesem müssen elektronische Aufzeichnungssysteme, so nennt man heute moderne Kassen, ab dem 1. Januar über eine zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung verfügen. So sollen Manipulationen an digitalen Daten verhindert werden.

Wie das Bundesfinanzministerium auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt, kann dann jeder Beleg, der der Finanzbehörde durch Testkäufe oder Überprüfung von Händlern zur Verfügung steht, "zum Abgleich mit den Kassen-Daten im Falle einer Kassen-Nachschau oder einer Außenprüfung verwendet werden". "Die Belegausgabe dient der Transparenzstärkung und einer effizienten Überprüfung durch die Finanzverwaltung", heißt es in der Fachsprache. An der Kasse vorbei getätigte Umsätze sollten somit sofort erkennbar sein, da in diesen Fällen kein Beleg ausgegeben würde. "Mit dieser Transparenz wird der Steuerhinterziehung entgegengewirkt", so die Pressestelle weiter.

Gegen das Handwerk

Digitale Grundaufzeichnungen, zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung? Sebastian Groß platzt die Hutschnur, wenn er davon hört. "Die machen mit solchen Gesetzen das kleine Handwerk doch nur kaputt", klagt der Bäcker, der betont, dass er schon seit vielen Jahren über eine elektronische Registrierkasse verfügt, "auf der jeder Verkauf gespeichert wird". "Wir sind doch schon gläsern genug", sagt Groß, der nicht verstehen kann, das seine Kassen nach einer Übergangszeit bis September noch einmal nachgerüstet werden müssen.

Offene Ladenkasse in Kasendorf

Keine Nachrüstung seiner alten Kasse muss dagegen Bäckermeister Reinhard Müller aus Kasendorf vornehmen. Er hat in seinem Laden nämlich noch nie eine elektronische Registrierkasse genutzt. Müller führt eine "offene Ladenkasse", die ohne viel Technik keine Verkaufsvorgänge speichern oder moderne Kassenbons drucken kann.

Der Gesetzgeber schreibt ihm vor, dass er seine Verkäufe "einzeln, vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet" aufzeichnet. "Das mache ich. Ich führe jeden Tag Kassenbuch", sagt Müller, der weiß, dass Aufzeichnungen und Buchungen von Einnahmen und Ausgaben nach wie vor auch mittels einer Kassen-Nachschau des Finanzamts überprüft werden können.

Was sein Bäckerkollege Sebastian Groß mit den vielen Kassenbons macht, die auf der Ladentheke liegen bleiben? "Ich sammle sie und werde sie, wenn der erste gelbe Sack voll ist, vor die Tür des Finanzamts kippen." Das machen viele seiner Kollegen, sagt Groß: "Aus Protest gegen die unsinnige Regelung."