Beging Kulmbacher Unfallflucht mit einem Einkaufswagen?

2 Min
Kann man mit einem Einkaufswagen Unfallflucht begehen? Um diese Frage ging es in der Verhandlung vor dem Kulmbacher Amtsgericht. Symbolfoto: Jens Büttner/dpa
Kann man mit einem Einkaufswagen Unfallflucht begehen? Um diese Frage ging es in der Verhandlung vor dem Kulmbacher Amtsgericht. Symbolfoto: Jens Büttner/dpa
Jens Büttner/dpa

Ein kurioser Vorfall auf dem Parkplatz eines Einkaufsmarkts beschäftigte das Kulmbacher Amtsgericht.

Weil er mit seinem Einkaufswagen ein Auto touchiert und danach das Weite gesucht haben soll, ohne sich um den Schaden zu kümmern, musste sich ein 64-jähriger Mann aus Kulmbach vor dem Amtsgericht verantworten. Wenn am Ende ein Freispruch stand, dann deshalb, weil nicht mit der notwendigen Sicherheit bewiesen werden konnte, ob der Kratzer am Fahrzeug eines 58-Jährigen wirklich von dem Einkaufswagen stammte.

Angeklagt war der Kulmbacher wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort. "Diese Anklage macht keinen Sinn", sagte Verteidiger Achim Riedel aus Kulmbach gleich zu Beginn der Verhandlung. Der Anwalt hegte Zweifel daran, ob ein Einkaufswagen überhaupt als Fahrzeug gewertet werden kann. Auf einem anderen Blatt stand, dass sein Mandant danach mit seinem Auto weggefahren war.

Konträre Auffassungen

Wie in derartigen Verfahren meistens, hatten beide Beteiligte völlig konträre Auffassungen vom Unfallgeschehen. Er habe den Rewe-Markt an der Lichtenfelser Straße gerade mit seinem Einkaufswagen verlassen, als der 58-Jährige relativ schnell an ihm vorbeigefahren sei, so der Beschuldigte. "Ich wäre ja fast überfahren worden", sagte er und verwies auf die Zebrastreifen an den Ein- und Ausgängen des Marktes.

"Wollen sie mich überfahren?", habe er noch gerufen, worauf der 58-Jährige im Fahrzeug eine abweisende Handbewegung gemacht habe.

Ganz ausschließen wollte der Angeklagte eine Kollision nicht. Einen Schlag habe er aber nicht gehört, von einem Schaden nichts mitbekommen. Danach habe er seinen Einkauf eingeladen, sei noch zum Bäcker gegangen und schließlich weggefahren. Niemand habe ihn während dieser Zeit auf einen angeblichen Unfall angesprochen oder gar seine Personalien verlangt.

Einen Schlag vernommen

Ganz anders schilderte der 58-Jährige das Geschehen. Er habe einen Schlag vernommen und noch gedacht, dass vielleicht einer der ausgestellten Blumenkübel unter sein Fahrzeug gerollt sein könnte. Realisiert habe er auch, dass ihm der Angeklagte etwas nachgerufen habe.

Erst nach dem Einparken habe er den langen Kratzer an der Beifahrerseite seines Wagend gesehen. Da habe er den Angeklagten gerade wegfahren sehen und gerade noch das Kfz-Kennzeichen notieren können. Der Schaden am Fahrzeug wurde inzwischen auf rund 2500 Euro beziffert.

Für Staatsanwaltschaft und Verteidigung war schnell klar, dass am Ende des Verfahrens ein Freispruch stehen musste. Der Vorwurf der Unfallflucht sei nicht mehr aufrechtzuerhalten, sagte der Anklagevertreter. Ob der Kratzer am Fahrzeug wirklich in Verbindung mit dem Unfallgeschehen steht, könne nicht mehr nachvollzogen werden. Ebenso wenig könne man einen Zusammenstoß zwischen Fahrzeug und Einkaufswagen nachweisen.

"Es bleiben Zweifel"

Die gleiche Auffassung vertrat die Verteidigung. Es gebe berechtigte Zweifel, ob die Schäden am Auto gänzlich auf diese mögliche Kollision zurückzuführen seien, sagte Rechtsanwalt Achim Riedel. Sein Mandant habe auch davon ausgehen müssen, dass kein Interesse an einer Feststellung seiner Personalien bestand.

So sah es denn auch Richterin Sieglinde Tettmann. "Es bleiben Zweifel", sagte sie und nannte es schon etwas merkwürdig, dass der vermeintlich Geschädigte nicht gleich anhielt, nachdem er einen Schlag gehört hatte, sondern erst sein Auto einparkte. Wie bei einem Freispruch üblich fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten zu Lasten der Staatskasse.