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Autowelt König: Überraschung im Millionenprozess


Autor: Stephan Tiroch

Kulmbach, Mittwoch, 03. April 2019

Die Hofer Wirtschaftsstrafkammer geht nicht mehr davon aus, dass die Vorwürfe der Steuerhinterziehung aufgeklärt werden können. Wie geht es weiter mit dem Kulmbacher Angeklagten?
Überraschung am Landgericht Hof: Im Millionenprozess um Umsatzsteuerhinterziehung in großem Stil bei der Autowelt König, die 2013 Insolvenz anmeldete, scheint von der  umfangreichen Anklage nicht viel übrig zu bleiben.Archiv/Michael Gründel


Überraschende Wende im Hofer Millionenprozess: Es zeichnet sich ab, dass die angebliche Umsatzsteuerhinterziehung in großem Stil bei der Autowelt König (AWK) nicht mehr aufgeklärt werden kann.

Seit fast zwei Monaten versucht die Wirtschaftsstrafkammer am Landgericht Hof, den komplizierten Sachverhalt zu entwirren. Im Februar begann der Prozess. Laut Staatsanwaltschaft sollen die vier Angeklagten vor der Pleite 2013 bei dem Autohändler jahrelang größere Millionenbeträge am Fiskus vorbeigeschmuggelt haben.

Umsatzsteuer umgangen?

Massenhaft seien laut Anklage Autos ins EU-Ausland, vor allem nach Frankreich und Spanien, verkauft worden. Bei den sogenannte innergemeinschaftlichen Lieferung habe man weder in Deutschland noch im Zielland Umsatzsteuer bezahlt. 2011 seien die Tricksereien aufgeflogen. Dadurch habe sich die Autowelt König einen großen Wettbewerbsvorteil verschafft. Denn man habe die Autos wesentlich billiger anbieten können als die Konkurrenz.

Angeklagt sind: der ehemalige AWK-Geschäftsführer, sein Ex-Schwager und früherer Prokurist sowie zwei Autoverkäufer, einer davon aus dem Landkreis Kulmbach, der auch eine eigene Exportfirma betrieb.

Assistenten wussten wenig

Am Mittwoch war der zwölfte Prozesstag. Befragt wurden unter anderem zwei Zeugen, die teilweise bei der Autowelt König, teilweise bei der Exportfirma des Kulmbacher Angeklagten beschäftigt waren. Die beiden Verkaufsassistenten waren nach ihren Angaben unter anderem mit der Abwicklung der Autoexporte betraut. Aber sie seien nie dabei gewesen, wenn in der AWK-Chefetage über die Auslandsgeschäfte gesprochen wurde. Sie könnten nicht sagen, wer die Fäden in der Hand hielt und die Anweisungen gab.

Am Nachmittag dann die Überraschung: Vorsitzender Richter Siegbert Übelmesser deutete an, dass die Kammer nicht mehr davon ausgeht, dass die Vorwürfe der Steuerhinterziehung aufgeklärt werden können. Dies sei das Fazit der bisherigen Beweisaufnahme. In dem Verfahren sei es zu Verzögerungen gekommen, so dass die Taten nun schon sehr lange zurückliegen, teilweise mehr als zehn Jahre.

Der Vorsitzende regte im Fall des AWK-Geschäftsführers, der offenbar nicht ins Tagesgeschäft eingebunden war, die Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldauflage an. Ebenso beim angeklagten Prokuristen, dem wohl auch nicht nachgewiesen werden kann, dass er der Drahtzieher der Steuerhinterziehung war. Die Zustimmung der Staatsanwaltschaft steht noch aus. Die Verteidigung hat sich am Mittwoch ebenfalls nicht dazu geäußert.

Autoverkäufer: Beschränkung kommt in Betracht

Wie geht es nun weiter mit dem Kulmbacher Angeklagten und dem zweiten Autoverkäufer? Hier erwägt die Wirtschaftsstrafkammer, sich auf die Jahre 2007 und 2008 zu beschränken, so dass ein Großteil der Vorwürfe wegfallen würde. Allerdings müsste die Staatsanwaltschaft nach der Strafprozessordnung einen entsprechenden Antrag stellen, was bisher nicht geschehen ist.

Der Prozess wird am Montag, 29. April, fortgesetzt.