Ärger nach Haustürgeschäft: Eine Ködnitzer Familie wurde unfreiwillig Eon-Kunde

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Ärger wegen einer Haustür-Akquise des Energieversorgers Eon hat eine Familie aus Ködnitz.
Ärger wegen einer Haustür-Akquise des Energieversorgers Eon hat eine Familie aus Ködnitz.
Marcel Kusch, dpa

Ein Eon-Mitarbeiter spricht an der Haustür mit einer 83-Jährigen über ein Stromangebot - kurz darauf flattert der Familie ein Vertrag für zwei Jahre ins Haus. Die Seniorin hatte offenbar etwas unterschrieben. Aber was?

Einigen Ködnitzern kam es Spanisch vor: Warum ziehen Eon-Mitarbeiter in der Gemeinde von Haus zu Haus und klingeln an der Eingangstür? Mancher mutmaßte gar, es könnte sich um Betrüger handeln, die unter dem Deckmantel des Energieversorgers krumme Geschäfte abwickeln. Die gute Nachricht: Die Mitarbeitenden waren echt - doch eine Familie würde das mit den krummen Geschäften sofort unterschreiben. Wir nennen diese Familie aus Datenschutzgründen mal Krüger - doch was sie erzählt, klingt nach einem Geschäftsgebaren, das zumindest als zweifelhaft bezeichnet werden darf.

Ines Krüger und ihr Mann Bernd sitzen zusammen beim Abendbrot, als seine Mutter Agnes, die mit im Haus wohnt, von einer ungewöhnlichen Begegnung berichtet. Demnach hatte am Nachmittag einer der besagten Eon-Angestellten geläutet, die 83-jährige Seniorin hatte ihm geöffnet. Was dann geschah, schildert Ines Krüger so: " Dieser Mitarbeiter bot an, dass meine Schwiegermutter den Stromanbieter wechselt. Sie sagte dem Mann, dass sie das erst mit ihrem Sohn besprechen muss und alleine nichts entscheidet." Daraufhin habe der Vertreter sein Kärtchen dagelassen samt Datum und Uhrzeit für den nächsten Abend, an dem er nochmals vorbeischauen wolle. Es kam niemand.

Kurz darauf erhält Ines Krüger einen Anruf von Eon. "Der Anrufer wollte meine Schwiegermutter sprechen. Ich sagte ihm, sie ist nicht da, fragte aber nach, weil doch jemand nochmals vorbeikommen wollte. Der Anrufer gab etwas unfreundlich zur Antwort, dass sie bei Eon nichts schriftlich machen, sondern nur telefonisch und dass niemand vorbei kommt. Meine Antwort darauf: Es wird sicher nichts telefonisch abgeschlossen." Auch der Anrufer bekundete demnach, er wolle sich wieder melden, die Schwiegermutter wisse ja Bescheid.

Gültig ab Januar 2023

Eine Woche später der nächste Anruf von Eon, es ginge um den Auftrag, den die Schwiegermutter unterschrieben habe. "Da sind mein Mann und ich aus allen Wolken gefallen." Der Mitarbeiter betonte, es liege ihm eine Unterschrift für einen Auftrag vor. Der wurde auch prompt verschickt: Am 9. Juni teilte das Unternehmen schriftlich mit, man freue sich darüber, dass sich die Familie für Eon entschieden habe und werde ab Januar 2023 Frau Agnes Krüger mit Öko-Energie beliefern.

Ines Krüger ringt sichtlich um Fassung, als sie den Vorgang schildert. "Nach Rücksprache mit meiner Schwiegermutter erzählte sie mir, sie habe an der Haustüre etwas unterschrieben - aber doch nur eine Bestätigung, weil der Eon-Vertreter meinte, er bräuchte die Unterschrift, damit man in der Firma weiß, dass er bei uns war."

Die Krügers sprechen offen von Betrug - zumal die Seniorin bereits an einer Vorstufe von Demenz erkrankt ist. Sie sei zwar offiziell noch geschäftsfähig, aber das ändert nichts daran, wie unfassbar die Eheleute das Vorgehen des Eon-Mitarbeiters finden, der offenbar auch noch mit Lüge und Täuschung operierte. "Uns wurde telefonisch bestätigt, dass die Vertragsunterzeichnung nach unserem Einwand hinfällig sei. Und dann kommt das!" Die Familie legte umgehend Widerspruch ein.

Vertrackt wird die Angelegenheit zusätzlich, da Eon die Kündigung beim bisherigen Stromanbieter, den Kulmbacher Stadtwerken, in die Wege geleitet hat. Ines Krüger hat daraufhin bei den Stadtwerken nachgefragt - und die Bestätigung für die Kündigung erhalten. Was also passiert, wenn die Krügers wiederum ihrerseits den Eon-Vertrag stornieren? Stünde dann die (Schwieger-)Mutter ab Januar womöglich gänzlich ohne Stromvertrag da? Die Stadtwerke haben signalisiert, dass sie die 83-Jährige dann wie eine Neukundin betrachten müssten, neue Kunden aber derzeit gar nicht aufnähmen. "Das ist doch alles Wahnsinn, was da abläuft", entfährt es Ines Krüger.

Schnelle Lösung versprochen

Aufgrund der Nachfrage unserer Zeitung ist mittlerweile Bewegung in die Sache gekommen. Ein Eon-Sprecher schreibt: "Auch wenn Frau Krügers Strombelieferung im Zweifel grundsätzlich über das System der Grundversorgung gedeckt ist, stehen wir mit dem Vorlieferanten für eine schnellstmögliche Klärung in Kontakt." Die Seniorin könne sich "in jedem Fall darauf verlassen, dass wir für eine Lösung sorgen werden, mit der ihr keine finanziellen Nachteile entstehen. Außerdem melden wir uns noch einmal persönlich bei ihr."

Und wie sieht Eon die Haustürgeschäfte? Die Vertriebspartner träten mit Kunden über verschiedene Kanäle in Kontakt. "Dazu zählt neben der telefonischen Beratung und unseren Online-Plattformen auch die persönliche Beratung an der Haustür. Unabhängig vom Kanal liegt uns ein guter Kontakt mit unseren Kunden sehr am Herzen." Alle Außendienstmitarbeiter würden nach strengen Kriterien ausgewählt und umfassend geschult. "Die Beratungsgespräche sind ein Angebot und finden natürlich nur statt, wenn die Kunden dies wünschen. Wir erhalten generell regelmäßig die Rückmeldung, dass sie die Vor-Ort-Beratung schätzen. Aufgrund der angespannten Lage auf den Energiemärkten beobachten wir seit Monaten zudem einen erhöhten Beratungsbedarf über alle unsere Servicekanäle hinweg."

Missverständnis bedauert

Was den konkreten Fall in Ködnitz angeht, so bedauere Eon, dass Frau Krüger mit der Tarif-Beratung des Dienstleisters nicht zufrieden war. "Wir sind davon ausgegangen, dass die Beratung in beidseitigem Einverständnis erfolgt ist, da wir von unserem Vertriebspartner einen unterschriebenen Auftrag erhalten haben. Sollte es zu Missverständnissen gekommen sein, möchten wir uns dafür entschuldigen. Den Widerruf, der inzwischen bei uns eingegangen ist, setzen wir selbstverständlich um."

Das rät die Verbraucherzentrale Bayern

Schutz Nach einer Umfrage des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv) bewertet die überwiegende Mehrheit der Bürger Kontaktaufnahmen eines Energieanbieters an der Haustür als nicht vertrauenswürdig. Der vzbv fordert daher vom Gesetzgeber einen besseren Schutz bei unangemeldeten Vertreterbesuchen.

Widerruf Sollte jemand einen Vertrag beim Werber unterschrieben haben oder eine Auftragsbestätigung nach einem Werbeanruf bekommen, obwohl kein Auftrag erteilt werden sollte oder wurde, gibt es online unter https://www.verbraucherzentrale-bayern.de/wissen/energie einen Musterbrief für den Widerruf. Schicken Sie einen Widerruf am besten mit Einschreiben-Rückschein an die Adresse, die in der Widerrufsbelehrung genannt ist. Heben Sie die Kopie Ihres Widerrufs und den Rückschein gut auf. Drucken Sie außerdem alle E-Mails, Anhänge und sonstige Unterlagen zu dieser Angelegenheit aus und heben Sie sie mindestens vier Jahre lang auf.

Schlichtung Für den Fall der Fälle können sich Betroffene kostenlos an die Schlichtungsstelle Energie wenden (https://www.schlichtungsstelle-energie.de/).Bevor Sie sich an die Stelle wenden, müssen Sie Ihre Beschwerde dem Energieversorger nachweisbar zuschicken, am besten per Einschreiben-Rückschein.