Der 21-jährige Hossein, der am Dienstag in den Iran abgeschoben werden sollte, wurde am Mittwochabend aus dem Polizeigewahrsam entlassen. Am Donnerstag wird sein Fall am Verwaltungsgericht behandelt. Ob er in Deutschland bleiben darf, ist aber fraglich.
Es ist ein Bild, bei dessen Anblick Mutter Azadeh in Tränen ausbricht: Ihr Sohn Hossein (21) umarmt ihre Tochter Parnian (14) nach deren Taufe im Oktober 2018. Ein Bild, das glückliche Geschwister zeigt. Ein Bild, das, so fürchtet die Mutter, die letzte gemeinsame Aufnahme ihrer Kinder ist. Das sagt Azadeh gestern Nachmittag, als sie mit ihrer Tochter in der Wohnung in einer Kulmbacher Asylunterkunft Tee trinkt, während Hossein nur wenige hundert Meter weiter in der Arrestzelle der Polizei sitzt.
Dort befand sich der 21-Jährige - wie berichtet - seit Dienstagfrüh. Beamte der Kulmbacher Polizei hatten den jungen Iraner zu Hause abgeholt. Hossein, der seit gut zwei Jahren in Deutschland lebt, sollte in seine Heimat abgeschoben werden, nachdem seine vorübergehende Duldung - der Asylantrag war schon vor gut einem Jahr abgelehnt worden - ausgelaufen war.
Mit Klinge geritzt
Um sich der Rückkehr zu entziehen, hat er sich in der Arrestzelle mit einer Klinge geritzt. "Die habe ich ihm bei der Polizei gegeben, auch wenn ich weiß, dass ich dafür vielleicht eine Strafe bekommen werde", sagt die Mutter, die kaum Deutsch spricht. Anders als Tochter Parnian, die für sie übersetzt.
Azadeh fürchtet um das Leben ihres Sohnes, der zum Christentum konvertiert ist. Im Iran stehe auf den Übertritt vom Islam zum Christentum die Todesstrafe, sagt sie. "Hossein ist ein tief gläubiger Christ", hat Pfarrer Jürgen Singer von der Kreuzkirche erklärt, in dessen Gemeinde sich der junge Iraner engagiert. Auch Singer befürchtet, dass dem 21-Jährigen im Iran ("Das ist alles andere als ein sicherer Herkunftsstaat") als Christ die Verfolgung droht.
Der aktuelle Stand
Die Abschiebung, gegen die 50 Freunde und Unterstützer am Dienstagabend vor der Polizeiinspektion demonstriert hatten, wurde bis dato nicht vollzogen. Sie scheint aber nur vertagt.
Der aktuelle Stand gestern Abend: Das Amtsgericht hat den Antrag der Zentralen Ausländerbehörde bei der Regierung von Oberfranken abgelehnt, Hossein in Abschiebungshaft zu nehmen, und beschlossen, dass der 21-Jährige auf freien Fuß zu setzen ist. Dagegen hat die Regierung ihrerseits einen Eilantrag beim Amtsgericht und beim Landgericht gestellt, der abgelehnt worden ist. "Hussein wurde um 17 Uhr von unserer Dienststelle entlassen", sagte am Abend Polizeichef Peter Hübner.
Eine Kehrtwende?
Heute Vormittag muss der junge Iraner nach Bayreuth. Dort findet eine Anhörung am Verwaltungsgericht statt. Dass es eine Kehrtwende in seinem Fall gibt, scheint allerdings unwahrscheinlich. Wie der stellvertretende Pressesprecher der Regierung von Oberfranken, Martin Steiner, schon am Dienstag mitgeteilt hatte, hat das Bundesamt für Migration einen von Hossein gestellten Asylfolgeantrag abgelehnt, "weil es keine Gründe für die Wiederaufnahme des Verfahrens gesehen hat".
Gefühlt alle Asylbewerber, die Gewaltverbrechen verübt haben, standen unter staatlicher Beobachtung und hätten abgeschoben werden können. Wurden sie aber nicht!
Abgeschoben werden - mein subjektiver Eindruck - Menschen die um Integration bemüht sind, niemandem etwas getan haben, hochanständig sind und derer man deshalb leicht habhaft wird. Da kann der Staat an den Schwachen Stärke demonstrieren. Ganz besonders beliebt im Freistaat Bayern.
Mein Glaube in unseren Rechtsstaat, da geht es mir wie dem Pfarrer, ist stark erschüttert.