Zwei Generationen, eine Partei: In Kronach stehen alle Zeichen auf Grün
Autor: Anna-Lena Deuerling
Kronach, Freitag, 05. Juli 2019
Edith Memmel (68) und Elena Pietrafesa (17) von den Grünen trennen über 50 Jahre Altersunterschied. Einen gemeinsamen Nenner finden sie ohne Problem - doch nicht ohne Bedauern.
Richtige Argumente statt leerer Hülsen. Eine sachliche Debatte statt fundamentloser Hassrede. Versprechen der Grünen, die offenbar gefruchtet haben. Umfragen zur politischen Stimmung im Land sind deutlich - zuletzt lag die Partei vor der Union und war damit stärkste Kraft (ARD-Deutschlandtrend 6. Juni).
Während die Parteispitze langfristig beweisen muss, dass sie nicht nur von der Schwäche der GroKo profitieren, fordert das Umfragen-Hoch auch die Basis, Dialogbereitschaft und inhaltliche Auseinandersetzung zu zeigen. Edith Memmel (68) und Elena Pietrafesa (17) sind in unterschiedlichen Zeiten, aus unterschiedlichen Gründen in die Partei eingetreten - eine Suche nach Schnittmengen.
Eintritt zum Aufbruch
Es war ein gesellschaftlicher Aufbruch: gegen den Trott der Alten, gegen Atomkraft, für eine nachhaltige, gesunde Lebensweise - Edith Memmel erinnert sich noch genau daran, was sie bewegt hat, der Partei Ende der 70er-Jahre beizutreten. Ohne Zögern würde sie das auch heute wieder tun. "Die grünen Grundsätze sind für mich bei sozialen, ökologischen und demokratischen Themen die richtigen", sagt die 68-Jährige. Die Partei sei schon immer ein Sammelbecken von Menschen mit unterschiedlichsten Erfahrungen gewesen. Und für sie die einzige Möglichkeit, frei von Fraktionszwang Freigeist zu bleiben, ohne hinter einer Parteifarbe zu verschwinden.
Früher wie heute sind die Grünen natürlich die Partei hinter der Klimaschutzbewegung. Doch 2019 stehen sie gleichzeitig für einen Umbruch in der Parteienlandschaft und eine gesellschaftliche Umwälzung. Jüngste Erfolge der Partei werden als Auflehnen der Jungen interpretiert, die nicht nur für Klimapolitik auf die Straße gehen. Gegen Populismus, gegen den Stillstand in der Regierung und für authentische Politik mit glaubhaften Lösungsansätzen - dafür steht auch Elena Pietrafesa auf. Die 17-Jährige engagiert sich erst seit rund neun Monaten in der Grünen Jugend.
Sie hat die erste "Fridays for Future"-Demonstration in Kronach mitorganisiert. "Die Themen der Grünen sind auch meine Themen, das entspricht mir am meisten", sagt sie. Wenn sie über die Gründe für ihr politisches Engagement bei den Grünen spricht, fällt auf: Das Stichwort Klimaschutz fällt ganz am Ende - nach einer Reihe von Themen, für die sie brennt.
Dazu gehört der klare Kampf gegen Rechts. "Hier werden Leute diskriminiert, nur weil sie nicht dem deutschen Leitbild entsprechen", klagt die Schülerin auch die Menschen in der Kreisstadt an. Dabei ist ihr vor allem eine Partei ein Dorn im Auge: die AfD. Eine Gemeinsamkeit mit Memmel, wie sich schnell herausstellt. Die grüne Kreisrätin, die auch 2018 bei einer Demonstration in Weißenbrunn vor der Gründung eines AfD-Kreisverbandes warnte, schiebt allerdings voraus: "Grundsätzlich sind wir immer bereit, mit allen demokratischen Parteien zu reden." Doch hier sei schlichtweg keine Verständigung möglich. Bei aller Toleranz, die das Leitbild ihrer Partei prägt, sagt sie: "Von Diskriminierungen aller Art, die dazu entgegen dem Grundgesetz stehen, distanzieren wir uns."
Pietrafesa ist entsetzt, dass die Grünen aufgrund der angeblichen Radikalität und fehlenden Kompromissbereitschaft mit der AfD verglichen werden. Was der AfD das Thema Migration, sei den Grünen der Klimaschutz - so zumindest Kritiker.