Wilhelmsthal wandelt sich zur Mitmachgemeinde

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Die Wilhelmsthaler Bürgermeisterin Susanne Grebner. Foto: Marco Meißner
Die Wilhelmsthaler Bürgermeisterin Susanne Grebner. Foto: Marco Meißner

Frauen ticken in vielen Dingen anders als Männer. Deshalb ist Susanne Grebner (SPD) nach einem Jahr als Bürgermeisterin in Wilhelmsthal überzeugt, dass dem Landkreis mehr Frauen in der Kommunalpolitik gut tun.

Bürgermeisterin Susanne Grebner (SPD) hat vor einem Jahr das Ruder in Wilhelmsthal übernommen. Das Gremium stand damals in dem Ruf, in seinen Sitzungen anstrengend und uneins zu sein. Inzwischen herrscht Sachlichkeit in den Diskussionen. Interfraktionell wird an einem Strang gezogen, wie die Bürgermeisterin betont. Manchmal sei ihr diese Kehrtwende beinahe schon ein wenig unheimlich, stellt Grebner im Interview mit einem Lächeln fest.

Die Zahl der Bürgermeisterinnen im Landkreis nahm dank ihrer Wahl weiter zu. Wie ist es so als Frau in diesem Amt?
Susanne Grebner: Mein Empfinden ist, dass es früher oft geheißen hat: "Was, eine Frau? Die soll Kinder kriegen!" Doch heute haben wir eine Kanzlerin, die ihre Sache ganz ordentlich macht. Bei Terminen merke ich aber schon noch, dass man als Frau im Amt manchmal in den Mittelpunkt gerückt wird, weil's einfach noch nicht so viele gibt.

Worin unterscheidet sich eine Kommunalpolitikerin vom Kommunalpolitiker?
Frauen denken etwas anders, etwas gestalterischer - die Gemeinde soll nicht nur laufen, sondern auch schön aussehen. Dafür verhandeln Männer härter. Was noch ein guter Aspekt für eine Frau in der Kommunalpolitik ist: Wir können uns bei den Anliegen der Angestellten leichter in familiäre Dinge hin eindenken.


Weibliche Handschrift

Wo ist im und am Rathaus Ihre weibliche Handschrift zu erkennen?
Wir haben nach der Wahl gleich die Außenanlage vor dem Rathaus verändert. Das hat für viel positive Resonanz gesorgt. Im Büro haben wir den 70er-Jahre-Stil abgelegt. Das Rathaus soll durch Kleinigkeiten - Bilder, Farbe - schmucker werden. Zwischenmenschlich ist die Situation in der Verwaltung schon optimal.

Das Ratsgremium wirkt in seinen Sitzungen inzwischen homogener. Woran liegt das?
Was mich als Gemeinderätin früher gestört hat, war die mangelnde oder gänzlich fehlende Information. Als Gremium muss man doch gemeinsam Entscheidungen treffen. Jetzt wird schon im Vorfeld manches Thema besprochen. Wenn man Entscheidungen treffen muss, dann nicht auf Grund einer ellenlangen Tischvorlage. Eigentlich wollen wir ja alle das Gleiche, dass es mit unserer Gemeinde vorangeht.

Was haben Sie aus Ihren früheren Berufen mitgenommen?
Ich komme eigentlich aus der Modebranche, daher bin ich eher künstlerisch angehaucht und kann mit wenigen Mitteln etwas machen. Bei meiner letzten Tätigkeit in einem Drogeriemarkt habe ich gelernt, dass auch das kleinste Rädchen gebraucht wird, um eine Maschine am Laufen zu halten. Das will ich auch in der Gemeinde vermitteln. Ebenso, dass wir eigentlich ein Dienstleistungsunternehmen sind, bei dem der Kunde König sein muss.


Investitionen sinnvoll planen

Vieles in der Kommunalpolitik ist heute eine Geldfrage. Hat Wilhelmsthal in diesem Bereich seine Hausaufgaben gemacht?

Bei der Finanzlage will ich nichts schönreden. Wir sind von öffentlichen Geldern und Unterstützung abhängig. Die Förderung ist aber hoch. Wir können mit dem Geld, das wir haben, also schon einiges umsetzen. Es geht nur nicht, in einem Jahr alles zu machen. Aber wenn man einen Plan hat, kann man dieses Konzept Jahr für Jahr abarbeiten.

Was sind dabei die Kernaufgaben für Sie und die Gemeinde?
Das Thema "Abwasser" wird uns die nächsten fünf, sechs Jahre einholen; da sprechen wir von Millionen. Auch Arbeiten an Straßen, Gebäuden und der Mehrzweckhalle kommen auf uns zu. Die Kommune wird momentan noch mehr verwaltet. Eine Vision von mir ist, dass die Mittel irgendwann zur Hälfte zum Verwalten, aber zur Hälfte auch zum Gestalten genutzt werden können.

Welchen Stellenwert hat das Bürgerengagement in der Gemeinde?
Das ist vorbildlich. Und mein Ziel ist es, dass wir eine im ganzen Landkreis bekannte Mitmachgemeinde werden. Wenn nicht jeder etwas beiträgt, kommen wir nicht so schnell voran. Aber egal ob Privatleute oder Vereine, da tut sich schon sehr viel. Ein Mitmachgefühl ist zu spüren. Einer steckt damit den anderen an, egal ob eine Mauer gemacht, ein Kriegerdenkmal gepflegt oder ein Kinderspielplatz hergerichtet wird. Wir sind auf einem guten Weg.


Die Bürger sind das größte Potenzial

Wo schlummern in Wilhelmsthal noch ungenutzte Potenziale für eine positive Zukunft?
Was das Gewerbe betrifft, haben wir auf Grund der geographischen Lage nicht viele Entwicklungsmöglichkeiten. Da gibt es nur noch eine Fläche in Steinberg. Auch im Tourismus haben wir schon Versuche gestartet, da hat sich aber wenig bewegt. Darum ist unser Trumpf wirklich eine Gemeinschaft, in die man leicht integriert wird. Es ist daher ein Ziel, als Gemeinde liebens- und lebenswert zu erscheinen. Deshalb müssen die Leute zu uns kommen. Wegen des Menschlichen, des Miteinanders, des Nicht-Anonym-Lebens. Kürzlich habe ich ein paar in Wilhelmsthal wohnende Schwaben getroffen, die über unsere Gemeinde gesagt haben: "Da gehört man gleich dazu."

Wo wird Wilhelmsthal am Ende der laufenden Wahlperiode stehen?
Ich würde mir wünschen, dass meine Vision von der Mitmachgemeinde dann Wirklichkeit geworden ist. Und dass wir es im Gemeinderat schaffen, früher vernachlässigte Pflichtaufgaben aufzuholen. Dafür müssen wir am Ball bleiben. Dann wollen wir den Leuten sagen können: "Seht Ihr, wenn man will, dann schafft man auch was!"