Unternehmen und Behörden haben sich längst darauf eingestellt. Auf die Polizei wartet unabhängig davon ein neues Schichtmodell.
Ist es schon wieder so weit? Ist es! Gerade einmal fünf Tage sind vergangen, seit der Frühling kalendarisch den Winter abgelöst hat - und jetzt schlägt der kältesten aller Jahreszeiten auch noch das sprichwörtliche Stündlein. Wie immer am letzten Sonntag im März, wenn die Umstellung auf die Sommerzeit ansteht. Um 2 Uhr springt der Stundenzeiger schnurstracks weiter auf die Drei.
Die seit 1980 (siehe Infokasten) gut bekannte Folge: Morgens bleibt es eine Stunde länger dunkel, wofür es abends selbstverständlich eine Stunde länger hell bleibt. Allerdings nicht, damit Arbeitnehmer nach einem stressigen Tag doch noch einige Minuten Sonnenstrahlen auf der Terrasse oder dem Balkon genießen können, sondern unter anderem, um das Tageslicht besser auszunutzen und Energie einzusparen. Was Energie-Experten inzwischen übrigens bezweifeln.
Anderweitig abbauen
Doch welche Auswirkungen hat die Umstellung eigentlich im Landkreis - abgesehen von eventueller Müdigkeit, wenn der Schlaf um eine Stunde verkürzt wird? Etwa beim Schichtdienst. "Jetzt ist es unproblematisch, man muss ja eine Stunde weniger arbeiten", sagt Gerhard Anders, Pressesprecher der Polizeiinspektion
Kronach.
Tückischer sehe es da schon bei der Umstellung zur Winterzeit aus. Denn dann müssten die Kollegen der Nachtschicht theoretisch nicht nur zwölf, sondern sogar 13 Stunden arbeiten. "Im Regelfall ist es bei uns aber so, dass die Frühschicht eine Stunde früher beginnt", erklärt Anders. Die dort anfallende Überstunde könne dann anderweitig abgebaut werden.
Schon bald könnte sich an den üblichen zwölf Stunden für die Nachtschicht aber auch unabhängig von Sommer- oder Winterzeit etwas ändern. "Relativ zeitnah soll auf die EU-Regelzeit von zehn Stunden umgestellt werden", erklärt Anders. "Das finde ich auch auf jeden Fall richtig." Es sei ja schließlich schon ein verantwortungsvoller Beruf und nicht gerade ideal, wenn Polizisten übermüdet zu einem Einsatz ausrücken müssen. In Bayern werde das neue Schichtmodell sogar schon getestet.
Etwas anders als bei der Polizei wird die Schichtarbeit bei Heinz-Glas in Kleintettau geregelt. "Die Mitarbeiter, die zur Sommerzeit-Umstellung Dienst haben, arbeiten eine Stunde weniger, die Mitarbeiter im Oktober dann eine Stunde mehr", sagt Bianca Büttner von der Personalabteilung. Dabei handele es sich freilich nicht immer um die selben Angestellten. Je nach Sommer- oder Winterzeit bekämen diese dann mehr oder weniger Gehalt ausgezahlt. "Das gleicht sich eigentlich immer wieder aus", sagt Büttner. "Auch wenn es mal ein paar Jahre dauert."
In der Helios-Frankenwaldklinik werden mögliche Über- oder Unterstunden ganz pragmatische über das Zeitkonto der Angestellten geregelt - sie können also zu einem späteren Zeitpunkt wieder ausgeglichen werden. Und wie sieht es mit Medikamenten aus, die zu bestimmten Uhrzeiten eingenommen werden müssen? "Da hat die Zeitumstellung eigentlich keine große Auswirkung", sagt Pressesprecher Stephan Zeidler. Selbst bei Antibiotika, die im Acht-Stunden-Takt eingenommen werden müssen, könne der Rhytmus um eine halbe Stunde angepasst werden. "Da kommt es ja nicht auf die Minute an."
"Gelebte Routine"
Die Technik würde ebenfalls keine Probleme bereiten, da die meisten medizintechnischen Geräte längst vernetzt seien und sich dementsprechend automatisch umstellen. "Nur einige müssen noch von Hand umgestellt werden. Das kennt man ja noch vom Videorekorder", sagt Zeidler leicht amüsiert. Da die Zeitumstellung seit den 80er Jahren ja gelebte Routine sei, "ist das nichts, was irgendwem von uns Kopfzerbrechen bereitet".
Dies könnte eher Thomas Kantermann bekommen. Der 38-Jährige ist Chronobiologe an der Universität Groningen und forscht dort zum Thema Schlaf. In einem Interview mit "Spiegel Online" von 2013 fordert er, die Zeitumstellung abzuschaffen. "Vor allem die Umstellung im Frühjahr macht Probleme, weil wir nicht die Zeit umstellen, sondern nur die Uhr", erklärte er. Gerade sogenannte Spättypen könnten mit dieser extra Stunde Licht am Abend nicht umgehen. Diese führe dazu, dass der Mensch weniger schlafe und die innere Uhr gestört sei. "Größerer Schlafmangel führt zu mehr Schlaganfällen, einer höheren Suizidrate und mehr Verkehrsunfällen", so Kantermann. Sogar zu schlechteren Leistungen an der Börse könne es kommen. "Wenn ich nicht ausgeschlafen bin, treffe ich nicht meine besten Entscheidungen."
Doch an der Diskussion rund um die Zeitumstellung dürfte sich in absehbarer Zeit nichts ändern. Los geht es dann wieder am 29. Oktober - wenn dem Sommer das Stündlein schlägt.
Rund um die Zeitumstellung
Gesetz: Rechtlich geregelt ist die Zeitumstellung im sogenannten Zeitgesetz. Unter Paragraf 3 heißt es: "Die Bundesregierung wird ermächtigt, zur besseren Ausnutzung der Tageshelligkeit und zur Angleichung der Zeitzählung an diejenige benachbarter Staaten durch Rechtsverordnung für einen Zeitraum zwischen dem 1. März und dem 31. Oktober die mitteleuropäische Sommerzeit einzuführen."
Historisch: 1916 wurde die Sommerzeit erstmals im Deutschen Kaiserreich eingeführt, drei Jahre später mit dem Beginn der Weimarer Republik allerdings auch schon wieder abgeschafft. Die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit, wie sie auch aktuell umgesetzt wird, gibt es in Deutschland übrigens erst seit 1980.
Eselsbrücke: Wer sich nicht merken kann, ob die Uhr nun eine Stunde vor- oder zurückgestellt werden muss, kann eine Gartenstuhl-Eselsbrücke zur Hilfe nehmen. Denn wenn es Sommer wird, werden Gartenstühle schließlich vor dem Haus benötigt. Genauso wird die Uhr zur Sommerzeit eine Stunde vorgestellt. Zum Winter kommen die Stühle dann natürlich wieder zurück ins Haus - folgerichtig wird die Uhr zur Winterzeit wieder eine Stunde zurückgestellt.