Spätestens am Donnerstag wird das Verwaltungsgericht darüber entscheiden, ob die Betriebszeiten reduziert werden müssen.
Und dann ist es still. Jedenfalls im Vergleich zu den von Durchsagen der Fahrgeschäfte sowie der Musik in und vor den Festhallen geprägten Stunden zuvor. Wer vor "Karli's Cocktail Bar" um 23.59 Uhr beschwingt zu Melodien aus vergangen Jahrzehnten mit wippt, wippt eine Minute später lediglich noch zu heiterem Gemurmel der übrigen Freischießen-Besucher.
Punkt Mitternacht ist Schluss auf der Hofwiese. Schluss für die Musik - und damit auch Schluss für viele Freischießen-Besucher. Denn lange dauert es nicht, ehe es einen von Dirndln und Lederhosen geprägten Strom aus der Kaiserhoffesthalle größtenteils in Richtung Ausgang zieht. Ohne die passende musikalische Untermalung macht der heitere Tanz auf der Bierbank schließlich ungefähr so viel Spaß wie ein Kinobesuch, wenn gerade die Brille zu Bruch gegangen ist. Trotz der zu sich genommenen Liter des goldgelben Festbiers.
Zu extrem
Das darf allerdings bis maximal 90 Minuten nach Mitternacht ausgeschenkt werden. Auch an den Fahrgeschäften und Buden muss aufgrund des diesjährigen Genehmigungsbescheids der Stadt
Kronach nicht Punkt 24 Uhr die Nacht vorzeitig beendet werden. Die Lautstärke, die die Freischießen-Besucher dabei erzeugen, ist einem Anwohner des Schützenplatzes aber weiterhin zu extrem.
Wenige Tage, nachdem er beim Verwaltungsgericht in Bayreuth gegen den Bescheid eine Klage einrichte, legte der Mann, der auch den 2016er-Bescheid beklagt, nun mit einem Eilantrag nach. "Gestern Abend um 19.30 Uhr ging der Antrag per Fax bei uns ein", bestätigt Gerichtssprecher Dietmar Lang auf Anfrage dieser Redaktion.
Ohne den Eilantrag hätte einigen Monate gedauert, ehe das Gericht eine Entscheidung präsentiert hätte. Nun ist allerdings von einem raschen Urteilsspruch auszugehen. "Das Gericht wird frühestens am Mittwochabend oder am Donnerstag darüber entscheiden", erklärt Lang. Das Ziel des Klägers: Die Stadt Kronach soll schon während des laufenden Festbetriebs dafür sorgen müssen, dass die Nachtruhe eingehalten wird. "Also, indem beim Freischießen früher Schluss ist", so der Gerichtssprecher.
Der Kläger sei nämlich der Überzeugung, dass die Lärmgrenzwerte am ersten Wochenende des traditionsreichen Schützenfestes überschritten wurden. Daher habe er von einem Fachunternehmen Messungen durchführen lassen, die seiner Meinung bestätigen, dass es auf der Hofwiese nach 24 Uhr lauter zugeht als es erlaubt ist.
Stellungnahmen eingefordert
Das Gericht hat den Antrag der Stadt Kronach als beklagte Gegenseite und der Schützengesellschaft als Beigeladener zugestellt, die beide bis heute Vormittag die Gelegenheit haben, eine Stellungnahme abzugeben. "Auf dieser Grundlage wird das Gericht dann seine Entscheidung treffen", sagt Lang. Da es sich um ein laufendes Verfahren handele, werde sich die Stadt dazu derzeit nicht äußern, so Kronachs Hauptamtsleiter Stefan Wicklein am Dienstagvormittag.
Kommt das Gericht dabei zu derselben Überzeugung wie der Kläger, würde das für den laufenden Festbetrieb bedeuten, dass ab Mitternacht nicht nur die Musik beendet ist. Auch Getränke dürften dann nicht mehr ausgeschenkt und Fahrgeschäfte nicht mehr aufgesucht werden. Der Festbetrieb wäre von einer Minute auf die andere abrupt beendet.
Was passiert nach dem Urteil?
Die Frage ist nur, ob ein Urteil, das kürzere Betriebszeiten vorschreibt, in diesem Jahr überhaupt umgesetzt werden muss? Der Stadt bliebe nämlich immer noch die Möglichkeit, ebenfalls in einem Eilverfahren gegen das Urteil Beschwerde einzulegen, erklärt Lang. Dafür zuständig sei dann aber nicht das Verwaltungsgericht in Bayreuth, sondern der bayerische Verwaltungsgerichtshof in München, so Lang: "Der müsste dann sagen, ob der Beschluss des Verwaltungsgerichts gilt oder alles so weiterlaufen darf wie bisher, bis der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat." Bis das Verwaltungsgericht entschieden hat, ändere sich aber nichts.
"Müssen abwarten"
Unerwartet kam der Eilantrag für die Kronacher Schützengesellschaft nicht. "Wir haben damit schon gerechnet, weil uns der Kläger schon angekündigt hat, dass da was kommen wird", erzählt Platzmeister Karl-Peter Wittig. "Jetzt müssen wir abwarten, was das Gericht entscheidet."
Dass es auf dem Festplatz während des Freischießens laut zugeht, wisse er als Anwohner selbst. Es sei allerdings äußerst schwierig, "Lärm zu beschneiden". Ein Fest bringe es aber nun einmal mit sich, dass es etwas lauter wird, wenn Musikbands spielen, Achterbahnen fahren und sich viele Leute an einem Ort befinden. "Es gibt eine Regelung, an die wir uns halten müssen. Ob wir es schaffen oder nicht, weiß ich nicht. Aber wenn wir zu laut sind, sind wir zu laut." Allerdings trage das Ende der Musik dazu bei, dass sich viele Besucher auf den Heimweg machen. "Das ist wie früher in der Disco: Wenn das Licht an und die Musik ausgeht, trinke ich aus und gehe Heim."
Einigung möglich?
Obwohl nun eine weitere Klage gegen den Freischießen-Bescheid läuft, ist Wittig weiterhin zuversichtlich, sich mit dem Kläger einigen zu können. "Inzwischen weiß er, dass ich immer gerne zu einem Gespräch bereit bin." Es gehe dabei auch nicht um seine Person oder eine andere, sondern "um ein Fest, das 430 Jahre alt ist, um die Bevölkerung und um Kronach. Falls ich das Problem seien sollte, gehe ich auch".
Ihm sei es wichtig, dieses Jahr für Jahr aufs neue aufkommende Thema endlich zu beenden. "Denn für mich ist das alles auch belastend."