Von Marderkot und antiken Büchern

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Unter anderem Predigtbücher aus dem 18. Jahrhundert entdeckte Uwe Gräbner zufällig, als er den Dachboden des Steinbacher Pfarrhauses von Marderkot befreite. Foto: Marian Hamacher
Unter anderem Predigtbücher aus dem 18. Jahrhundert entdeckte Uwe Gräbner zufällig, als er den Dachboden des Steinbacher Pfarrhauses von Marderkot befreite. Foto: Marian Hamacher
Foto: Marian Hamacher
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Ein Steinbacher hat auf dem Dachboden des örtlichen Pfarrhauses Bücher und Rechnungen gefunden, die bis ins Jahr 1769 zurückreichen.

Um Mitternacht hatte er den Gestank schließlich satt. Keine Sekunde länger wollte Uwe Gräbner diesem süßlich-modrigen "Duft" ausgesetzt sein. "Ich habe mir gleich gedacht, dass das von den Mardern auf dem Dachboden kommen muss", sagt der 57-Jährige. Im November zog er in zwei Zimmer des Steinbacher Pfarrhauses. Frei wurden diese bereits 2005, als der ehemalige Steinbacher Pfarrer Reinhard Grebe in den Ruhestand ging. Seitdem standen die Zimmer leer, während die restlichen Räume des Gebäudes weiter von der evangelischen Kirchengemeinde genutzt werden. Rund zwölf Jahre hatten die Marder also Zeit, sich auf dem Dachboden auszutoben.

Bis 3 Uhr nachts habe er daher aufgeräumt und zwei große 20-Liter-Kanister mit zusammengefegtem Marderkot gefüllt, erzählt Gräbner. Doch mit seinem Verdacht lag er falsch. Als geruchlicher Störenfried entpuppten sich nicht die Überreste der windigen Raubtiere, sondern ein Putzeimer, den er selbst im Badezimmer stehen gelassen hatte. "Als ich die Tür aufmachte, schlug mir gleich eine Duftwolke entgegen", so Gräbner. Einmal mit der mitternächtlichen Putzaktion gestartet, wollte er diese aber trotz des Irrtums zu Ende führen. Marderkot bleibt Marderkot.

Sein Lohn: ein besonderer Fund. Eine Kiste voll mit Gesangbüchern, Bibeln oder Chorälen. "Die meisten Bücher sind sogenannte Erbauungsbücher mit Texten für Predigten", erzählt Gräbner. Aufeinandergestapelt bilden sie einen Turm von fast zwei Metern Höhe. "Nachdem ich die Bücher alle die Dachluke hinuntergetragen habe, bin ich nochmal rauf. Und ganz unten, in der letzten Kiste, lag die Buchführung der Lauenhainer Kirche."

Gotteshausrechnung steht in verschnörkelter Schrift. Von 1769 reicht sie bis ins Jahr 1825. Das Interessanteste seien die Belege. "Da tauchen Namen auf, die in der Region noch immer recht verbreitet sind. Man sieht, wer was gekauft hat", sagt Gräbner begeistert.


Archiv soll Funde auswerten

Die Mühe, die Schriften auszuwerten, möchte er sich aber nicht machen. "Das ist jetzt die Aufgabe von anderen Leuten", sagt Gräbner. Genauer von den Mitarbeitern des Landeskirchlichen Archivs der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (LAELKB). "Die sollen es auswerten und dann einschätzen, welche Bedeutung sie haben", sagt Claudia Grüning-Göll. Selbst könne sie die Funde noch nicht einschätzen, sagt die Pfarrerin der Kirchengemeinde Pressig-Rothenkirchen, die unter anderem auch für Steinbach am Wald und Lauenhain zuständig ist. Denn offiziell gehören die Funde der Kirchenstiftung Lauenhain.

Doch wie konnte es dazu kommen, dass die Bücher und die Buchführung jahrzehntelang auf dem Dachboden ausharrten? Und wie kommt die Buchführung von Lauenhain nach Steinbach am Wald? Eine Teilantwort gibt ein blauer Stempelabdruck. "Archivpfleger für den Landkreis Kronach" ist darauf zu lesen. Hinterlassen hat ihn offenbar ein Mann mit dem Nachnamen Silbermann. Vorname unbekannt. "Der hat die Stücke 1947 bis 1949 erfasst und Pfarrer Rüpplein zurückgegeben. Der nahm sie mit, als er nach Steinbach zog", weiß Gräbner. "Er hat sie dann auf dem Dachboden verstaut, wo sie wohl schlicht in Vergessenheit geraten sind." Der 57-Jährige hat sichtlich Spaß an den historischen Stücken. "Es ist alles von Hand geschrieben. Jeder Buchhalter hatte seinen eigenen Stil", sagt er begeistert.

Das kostbarste Buch sei aus seiner Sicht das "Erbauungsbuch der abgebrannten Lehestener Kirche". Das liege inzwischen bei der Regionalbischöfin Dorothea Greiner in Bayreuth. "Sie hat ein Buch über Luther und die Geschichte aus der Region herausgegeben. Da dachte ich, dass sie das bestimmt interessiert", so Gräbner.
Nun ist er gespannt, ob seine nächtliche Putzaktion zu mehr geführt hat, als nur den Dachboden zu reinigen.