Von Bärentreibern und Kellnern beim Pfeffern

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Die beiden schwarz-weiß Bilder zeigen "Pfeffera" Mitte des vorigen Jahrhunderts in Birnbaum. Das Bild rechts unten zeigt schneidige Pfefferburschen aus Neufang, die sich auch noch im 21. Jahrhundert der Tradition verbunden fühlen. Repros: Marco Beetz und Lukas Müller
Die beiden schwarz-weiß Bilder zeigen "Pfeffera" Mitte des vorigen Jahrhunderts in Birnbaum. Das Bild rechts unten zeigt schneidige Pfefferburschen aus Neufang, die sich auch noch im 21. Jahrhundert der Tradition verbunden fühlen. Repros: Marco Beetz und Lukas Müller
 
 

In manchen Orten des Frankenwaldes ist das Pfeffern eine alte Tradition - zum Teil auch heute noch. Ein Blick in die Geschichte zeigt, wie der Brauch vor 125 Jahren abgelaufen ist.

Das Ritual des "Pfefferns" mit Glück- und Segenswünschen am "Unschuldig-Kindertag" in den Frankenwaldorten Lahm, Nurn, Windheim und Neufang reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Folgender Bericht aus dem Bamberger Staatsarchiv schildert die Ereignisse und den Ablauf eines "Pfeffertages" im Jahr 1893, also genau vor 125 Jahren, in Birnbaum.

In Birnbaum, "einem vom Weltverkehr abgelegenen Bauerndorf auf den Höhen des Frankenwaldes", gehörte der "Pfeffertag" am 28. Dezember als Schlusstag zur sogenannten Weihnachtskirchweih, die am 26. Dezember mit dem Fest des heiligen Stephanus als Kirchenpatron begann. Der Tag wurde von der Gemeinde als willkommener Fest- und Feiertag gehalten.

Ledige Mannsbilder

Das Pfeffern spielte sich ab im Rahmen eines von ledigen Mannsbildern in Szene gesetzten, öffentlichen Umzuges. Am Vormittag nach der Kirche holten die Burschen vom Schulthes, dem Bürgermeister, die Erlaubnis zum Pfeffern ein und bestellten die Ortsmusik. Dann ging es an die Verteilung der Rollen. Drei wurden bestimmt als die eigentlichen Pfefferburschen. Sie warfen sich in den besten Zwirn ihres "Sonntagsstaates" und bekamen links an ihre seidenen Mützen einen kleinen Blumenstrauß angesteckt. In der Hand trug jeder seine Pfeffergerte. Diese bestand aus grünenden Birkenzweigen, an die einige Rosmarinzweige mit rotseidenen Band befestigt wurden. Das Protokoll berichtet: "Noch jetzt benützt man als Christbaum einen Birkenast, der, an Sankt Barbaratag geschnitten, in einen mit warmen Wasser gefüllten Topf gestellt und so im warmen Zimmer aufbewahrt, bis Weihnachten hübsche Blätter treibt; diesen Ästen werden die Zweige zur Pfeffergerte entnommen".

Ein weiterer Bursche wurde als Kellner mit einer blendendweißen, rotausgenähten Schürze ausstaffiert. Seine Mütze war ebenfalls mit einem Blumensträußlein geschmückt. Dabei hatte er einen Gießer voll Bier und ein Maßblech. Gießer und Maßblech zierten rotseidene Bänder. Zwei andere Burschen schulterten die Leinensäcke. Sie hatten den Pfefferlohn entgegenzunehmen, der aus einem halben Metzen Getreide pro Haus bestand. Diese sechs Burschen bildeten zusammen mit den Musikanten den eigentlichen Pfeffererzug. Ihre Eskorte waren vier recht hässlich vermummte Gestalten, der sogenannte Pöbel, der mit Birkenbesen bewaffnet, "die allzu dreiste Dorfjugend in respektvoller Entfernung vom Zuge zu halten hatte".

Voraus marschiert der Kellner

Mittags um 12 Uhr setzte sich der Zug vom Dorfwirtshaus aus in Bewegung. Voraus marschierte der Kellner mit der Gießkanne, dann die Musikanten, hierauf die Pfefferburschen mit den Gerten in der Hand und zuletzt die Sackträger. Ihnen folgte der Pöbel; hinzu gesellten sich im geordneten Chaos: Teufel, Schlotfeger, Tanzbär und Treiber, Mausfallenhändler, Förster und Doktor.

So begab sich der Zug zuerst zur Wohnung des Schulthes. Zutritt ins Haus hatte nur der eigentliche Pfeffererzug, wo die Pfefferburschen alle weiblichen Hausbewohner die Pfeffergerten gefühlvoll um die Füße schlugen und mit folgendem Sprüchlein umgarnten: "Da tret ich her und wünsch das Allerbest, grüß die Hausfrau und all ihre Gäst; sollt ich die eine grüßen und die andere nicht, so wär es der rechte Pfeffertag nicht. In unserem Land ist alles wohl geraten, Zitronen und Muskaten. Wenn ich an zu pfeffern fang, fängt alles an zu grünen. Grün, grün im ledigen (ehelichen) Stand wie der Weizen auf dem Land, wie die Blume auf dem Feld, daß sie ihre Ehr behält. Schmeckt der Pfeffer gut, schmeckt der Pfeffer gut?" Bei diesem Zusatz wurden "die Herrschaften leicht an der Nase gepfeffert".

Reichlich Nachschub

Während der Zeremonie sorgte der Kellner für reichlich Nachschub bei der Feuchthaltung der Kehlen und füllte fleißig Bier vom Gießer in das Maßblech. Dann spielte die Musik drei Tanzreigen auf, wobei die Pfefferer mit den Hausbewohnerinnen "die drei herunterrissen". Die beiden Sammler hatten derweil ihren Pfefferlohn eingesackt, um sich anschließend im geordneten Zug zusammen mit den Pfefferern der übrigen Dorfbevölkerung zu widmen.

Inzwischen übte das "Gefolge" vor und in den einzelnen Häusern ihre "Profession" aus. Der Bärentreiber führte seinen Bären vor, ließ ihn tanzen und sammelte sein Trinkgeld ein; der Schlotfeger fegte den Kamin für "drei Kreuzer drei Pfennig Schlotfegersgeld"; der Mausfallenhändler verscherbelte seine Mäusefallen; der Förster griff gelegentlich einen aus dem Publikum auf und bezichtigte ihn des Holzdiebstahls. Er holte den Schulthes als Zeugen herbei und steckte dann hinter dem Rücken des Ortsoberhauptes von dem Ertappten ein "Schweigegeld" ein, wofür er den Frevler entwischen ließ. Gleich darauf brachte er, um die Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu lenken, durch Abklatschen eines Zündhütchens auf seinem Jagdgewehr einen herumlungernden Pöbel zur Strecke.

Das war ein gefundenes Fressen für den Teufel. Wie er den Pöbel umfallen sieht, ist er geschwind "wie der Teufel" zur Stelle, um den Gefallenen für sich in Beschlag zu nehmen und mit einer Schaufel im Schnee zu begraben. Doch schon hat auch der Herr Doktor den Vorfall bemerkt. Rasch eilt er herbei, um durch ein Zauberwort den Teufel zu verscheuchen und den toten Pöbel wieder zum Leben zu bringen.

Mit dieser turbulenten Komödie auf der eher verschlossenen "Volksbühne" des alten Nordwaldes ist einzigartiges Brauchtum überliefert. Es offenbart die Kreativität und die Lebensfreude der Vorfahren. Viele andere Traditionen, die fester Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens waren und wichtige soziale Funktionen hatten, schlummern in der Tiefe der Vergangenheit. Die Bräuche früherer Generationen berühren uns heutige Menschen immer wieder aufs Neue und sie dünken wie Überbleibsel aus einer anderen, fernen Welt.