Trotz Pandemie: Tourismus in Kronach setzt auf neue Ideen

3 Min
Andreas Beetz hat eine Vision: Der Küpser hat die Firma "Frankenwald Chalets" gegründet und baut in Tiefenbach neben einem Ferienhaus vier Lodges. Er will Touristen die Natur im Frankenwald näherbringen.Fotos: Bastian Sünkel
Andreas Beetz hat eine Vision: Der Küpser hat die Firma "Frankenwald Chalets" gegründet und baut in Tiefenbach neben einem Ferienhaus vier Lodges. Er will Touristen die Natur im Frankenwald näherbringen.Fotos: Bastian Sünkel
Wie halbierte Röhren sehen die Holzhütten aus, die in Tiefenbach in der Gemeinde Wilhelmsthal gebaut werden. Foto: Bastian Sünkel
Wie halbierte Röhren sehen die Holzhütten aus, die in Tiefenbach in der Gemeinde Wilhelmsthal gebaut werden. Foto: Bastian Sünkel
 
Kerstin Löw leitet die Veranstaltungs- und Tourismusbetriebe der Stadt Kronach. Foto: Bastian Sünkel
Kerstin Löw leitet die Veranstaltungs- und Tourismusbetriebe der Stadt Kronach. Foto: Bastian Sünkel
 

Der Tourismus im Frankenwald ist rasant gewachsen - bis zur Pandemie. Aber warum verzweifeln? Andreas Beetz will die Region wachrütteln und setzt dabei auf halbrunde Hütten.

Es braucht eine Vision, damit ein unscheinbarer Ort ein Touristenziel wird. Die Idee hat Andreas Beetz in einer Mappe unter seinem Arm geklemmt, am Fuß der grünen Wiese, die steil nach Tiefenbach hinabstürzt. Durch den Ort führt eine schmale Straße, aber nicht mehr heraus.

Dazwischen leben etwa 30 Menschen, die seit vergangenem Jahr regelmäßig Besuch von Touristen bekommen. Ein Ferienhaus hat der 28-Jährige unter dem Namen "Frankenwald Chalets" fertig gestellt und nun kommt in die Lücke, wo weiter oben hin und wieder Schafe grasen, der zweite Teil seines Projekts und seiner Vision.

Andreas Beetz hat eine Philosophie: "Ich will die Region wachrütteln. Alle Gäste sind so begeistert vom Frankenwald." Er holt ein Bündel Papiere aus der Mappe und zeigt Ferienhütten, wie hölzerne Halbröhren, auf deren Stelzen vorne eine komfortable Terrasse in das Tal hineinragt. Lodges nennt der Bauherr seine 18-Quadratmeter-Bauten, auf die Namen Sepp und Traudel werden die ersten beiden getauft.

Beetz ist in Neukenroth aufgewachsen, lebt in Küps und erinnert sich an seine Kindheit bei seiner Verwandtschaft in Tiefenbach. Das Gefühl der Freiheit zwischen Wald und Forellenteich will er seinen Gästen näherbringen. "Es soll kein Bunkerurlaub werden. Die Natur steht an erster Stelle." Bis zu drei Erwachsene haben in einer Lodge Platz. Fränkisch und modern sollen sie werden. Die Innenausstattung lässt er von heimischen Schreinern fertigen. Küche, Bad, Französisches Doppelbett, Schlafcouch, TV und WLAN - auf Technik sollen die Gäste auch im Natururlaub nicht verzichten.

Touristenziel Frankenwald

Mit dem Ferienhaus hat er bereits gute Erfahrungen gesammelt, die ihn darin bestärken, dass der Frankenwaldtourismus Zukunft hat. Es sei ein erster Versuch gewesen - nun ist er auch im Corona-Jahr über Wochen ausgebucht. Die Gäste kommen zum Wandern, Radfahren, bringen ihre Haustiere mit und genießen die Ruhe, erklärt er. Von der Ruhe ist im schmalen Tal von Tiefenbach viel zu spüren. Beetz hofft, dass mit seinem Projekt auch die Umgebung angekurbelt wird. Traditionelle fränkische Wirtshäuser gehören für ihn genauso dazu, wie der dichte Wald.

Genau diese Synergieeffekte will auch Kerstin Löw nutzen. Die Leiterin der Tourismus- und Veranstaltungsbetriebe der Stadt Kronach klingt trotz der Corona-Krise optimistisch. Das ist nicht selbstverständlich. Denn während des Lockdowns waren die städtisch verwalteten Attraktionen wie die Festung Rosenberg und Beherbergungsmöglichkeiten wie das Jufa-Hotel "auf Null", sagt die Betriebsleiterin. Das Jahresergebnis bei den Festungseintritten werde etwa um die Hälfte einbrechen, prognostiziert sie. Doch ab Mai hat sie eine Überraschung erlebt. Gäste kamen nach Kronach, auf Tagestrips oder mit Übernachtungen - und davon mehr als erwartet.

Gibt es neben all den Einbrüchen und Hilfszahlungen also doch einen positiven Corona-Effekt? "Viele Menschen haben sich ab Mai für einen Urlaub daheim entschieden, in Deutschland", erklärt Kerstin Löw. "Im August war die Festung voller Familien mit Kindern." Zum Teil haben die Tourismusbetriebe der Stadt Führungen doppelt besetzen müssen, weil sich so viele Reisende für die Besichtigung der Festung entschieden haben. Auch das Jufa-Hotel, das in der Festung Gästezimmer anbietet, hat mehr Gäste beherbergt als erwartet.

Dazu kommt jener Effekt, den auch Andreas Beetz für die Region herauskitzeln will. Auch Einzelhändler in der Stadt haben Betriebsleiterin Löw berichtet, dass viele Touristen bei ihnen in den Monaten eingekauft haben, als die Ausbreitung des Virus' ein Sommertief erreicht hat. Kerstin Löw spricht betriebswirtschaftlich von Umwegrentabilität, also von Einnahmen, die außerhalb des Betriebs erzielt werden und einen positiven Effekt auf die ganze Stadt haben. Dabei sind Übernachtungsgäste lukrativer als Bustourismus Die grobe Formel lautet: Ein Tagesgast lässt etwa 60 Euro in der Stadt, ein Übernachtungsgast im Schnitt 120 Euro. Qualität zahlt sich aus.

Seit 2006 leitet Kerstin Löw die Tourismus- und Veranstaltungsbetriebe. 2019 verzeichnete die Frankenwald-Region sogar bayernweit die höchsten Steigerungsraten in der Branche, berechnet an Übernachtungszahlen und Gästeankünften. "Corona hat uns anschließend etwas ausgebremst", sagt Kerstin Löw. Nichtsdestotrotz arbeiten sie und ihre Kollegen seit Jahren am Image der Stadt. Lucas Cranach und "eine der schönsten Festungen Deutschlands" sollen die Stadt mit dem Label Kultur und Geschichte etikettieren. Dazu kommt die Genussregion: Klöß', Bräten, Bier und was die Region eben sonst noch zu bieten hat.

Das wiederholen die Vermarkter gebetsmühlenartig und verknüpfen ihre Werbeaktionen mit Veranstaltungen. 2015, im Lucas-Cranach-Jahr, hatte die Festung so viele Besucher wie noch nie. Für 2022 stehen gleich drei Jubiläen an, die Touristen in die Stadt holen wollen: der 550. Geburtstag von Lucas Cranach dem Älteren, das 500. Jubiläum des Septembertestaments - jene berühmte Luther-Bibelübersetzung mit den Zeichnungen aus der Werkstatt Lucas Cranachs des Älteren - und der 500. Todestag Hans Süß' von Kulmbach. "Die Idee ist, mit den Stärken zu wuchern", fasst Kerstin Löw das Tourismuskonzept zusammen.

Doch was sind die Schwächen, die in den nächsten Jahren beseitigt werden sollen? Kronach sei immer noch Saisonziel, erklärt die Tourismusleiterin. Die tourismusarmen Wintermonate sollen in den nächsten Jahren gestärkt werden. Außerdem erkennt sie einen Platzmangel: "Wir haben nach wie vor zu wenige Gästebetten im Frankenwald, da gibt es noch Luft nach oben." Schließlich bleibt die Frage, wie lange das Virus die Branche im Klammergriff halten wird. Für das Jahr 2021 sind Veranstaltungen wie die Rosenberg Festspiele mit reduziertem Publikum fest eingeplant. Ob sie wirklich ausgetragen werden, entscheidet die Pandemie. "Wir wollen das Corona-Jahr mit Würde und Freude gestalten, weil wir alle Erlebnisse brauchen, die uns Kraft geben."