Gespräche mit der Stadt
;
Dass es sich bei der Bürgerbefragung tatsächlich um diese Immobile handelt, bestätigt Georg Köstner, Leerstandsmanager der Stadt, unserer Redaktion auf Anfrage. Der Investor habe vor einigen Wochen Gespräche mit der Stadt geführt und dabei erklärt, im unteren Bereich Gewerberäume schaffen zu wollen. Drei Ladengeschäfte sollen dort Platz finden, sagte Hiltl vergangenen Mai. Unter anderem für ein Nahversorgungsgeschäft - einen klassischen Tante-Emma-Laden. "Uns schwebt das Eck im Erdgeschossraum der Hausnummer 16 vor", erklärte Hiltl. Von der Größe her sei der Raum mit einer Fläche von 50 Quadratmetern samt Nebenräumen für ein Lager auf jeden Fall geeignet.
Bei seinem jüngsten Besuch in Kronach habe er nun wissen wollen, ob die Stadt Interesse daran hätte, dass sich ein solches Geschäft in der Oberen Stadt ansiedelt, sagt Köstner. "Der Bürgermeister war natürlich erfreut und konnte sich so etwas gut vorstellen."
Da eine direkte Förderung freilich nicht möglich sei, habe die Stadt angeboten, auszuloten, wie ein solches Geschäft bei potenziellen Kunden ankommen würde. "Sozusagen über den kleinen Dienstweg", sagt Köstner. "Somit muss er nicht eine große Studie bei einem Ingenieurbüro in Auftrag geben, die wahrscheinlich ein paar Tausend Euro kosten würde."
Ein Engagement, das in der Oberen Stadt offenbar auf Zustimmung stößt. "Ich finde es gut, dass die Leute befragt werden, damit man sieht, ob es wirklich gebraucht wird", sagt eine Anwohnerin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Gerade Nachbarn, die unterhalb der Festung im Bereich der Haingasse wohnen, hätten schon einen weiten Weg, bis sie Brot bei der Bäckerei Röckelein oder Wurst bei der Metzgerei Kraus einkaufen können. "Vor allem für ältere Leute macht das Sinn", meint sie.
Moderate Mietforderungen
;
Entsprechende Umfragebögen gingen übrigens nicht nur an Privathaushalte, sondern auch an Behörden, die in der Oberen Stadt liegen. "Die wurden im Haus herumgeben, und jeder, der Interesse hatte, konnte sie ausfüllen", erzählt Köstner. Am heutigen Freitag endet die Frist, bis zu der die Umfragezettel im Rathaus wieder abgegeben werden können. "Mit dem daraus gewonnenen Wissen wollen wir auf den Investor zugehen. Damit kann er das Objekt dann entsprechend anbieten und sich auf die Suche nach einem Betreiber machen." Auch die Stadt werde die drei Geschäftsräume in ihr Leerstands-Portfolio aufnehmen und möglichen Interessenten anbieten.
An zu hohen Mietforderungen solle das Projekt nicht scheitern. "Er hat schon gesagt, dass er an großen Mieteinnahmen nicht interessiert ist", sagt der Leerstandsmanager. "Ihm wäre es wichtig, dass in die Ladenlokale überhaupt jemand reingeht." Zu der Erlebnisgastronomie, die es bisher in der Oberen Stadt gibt, sei ein solches Geschäft sicher eine tolle Ergänzung, erzählte Hiltl 2018.
Start im März
;
Wann genau die Gerüste, die noch immer die Fassade des Eckgebäudes zieren, wieder abgebaut werden, ist noch unklar. Vergangenes Jahr sprach Hiltl noch von Mitte 2019, er wolle sich aber auch nicht unter Druck setzen. Begonnen hatten die Sanierungsarbeiten bereits im Herbst 2017. Während im Erdgeschoss die drei Ladenlokale geplant sind, will der Investor in den oberen Stockwerken sieben Wohnungen errichten.
Doch nicht nur in der Amtsgerichtsstraße wird fleißig renoviert. Deutlich weiter sind die Arbeiten am Hussitenplatz, wo in der ehemaligen Traber-Beck-Filiale schon Anfang März ein Tante-Emma-Laden eröffnen soll. "Mir ist es wichtig, dass für die Bevölkerung in dieser Hinsicht wieder mal was getan wird. Vor allem für die älteren Leute", sagt die neue Mieterin Nadine Schlißke. Mit dem Namen "Ottos Enkel" will die 38-Jährige ihrem bereits verstorbenen Großvater "ein kleines Andenken" setzen und zu einer Art Anlaufstelle werden.
Während in der einen Hälfte des Ladens Grundnahrungsmittel wie Mehl, Milch oder Eier sowie regionales Obst und Gemüse angeboten werden, wird die andere zu einem kleinen Café, in dem selbst gebackene Kuchen gegessen werden können. "Es soll eine ganz gemütliche Atmosphäre haben", sagt die gebürtige Kronacherin, die mittlerweile mit ihrem Mann in Wilhelmsthal wohnt. "Wirklich so, wie es früher in den Tante-Emma-Läden gewesen ist, in denen man die Kunden noch mit dem Namen gekannt hat."
Komplikationen verhindern
;
Die Stadt hat auch Schlißke ihre Hilfe angeboten. Da das Gebäude unter dem sogenannten Ensembleschutz steht, könne das Leerstandsmanagement Hinweise geben, bei welchen Punkten der städtische Bauausschuss erfahrungsgemäß konsequent sein Veto einlegt, sagt Köstner. So sollen eventuelle Komplikationen verhindert werden.
Verhindern, dass es ein ähnliches Angebot wie am Hussitenplatz bald auch in der Oberen Stadt geben wird, könnten aktuell wohl nur zwei Szenarien: Im ersten würden die Rückmeldungen der Anwohner aussagen, dass es keinen Sinn hat, ein solches Geschäft zu eröffnen. Im zweiten würde kein passender Betreiber gefunden. Doch hier ist wohl noch mehr Konjunktiv im Spiel.