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Schnee auf dem Gehweg: Wer nicht schieben will, muss zahlen


Autor: Dominic Buckreus

Kronach, Dienstag, 24. Januar 2017

Nach unserer Berichterstattung über einen ungestümen Schneepflug fragten sich viele Leser, wer im Unglücksfall zur Rechenschaft gezogen wird.
Ein Hinweisschild reicht nicht aus, um sich vor Schadensersatzforderungen zu schützen. Symbolbild: Tobias Kleinschmidt, dpa


Es ist schon eine verzwickte Angelegenheit: Einerseits freut man sich, wenn der Winterdienst die Straße vom Schnee befreit. Andererseits macht er manchmal auch die eigene Arbeit zunichte. Gerade den Gehweg vor dem eigenen Haus geräumt, schiebt der Schneepflug das kalte Weiß von der Straße wieder darauf. Am besten dann, wenn man es gar nicht merkt, etwa weil die Arbeit ruft.

Bereits in der vergangenen Woche berichteten wir über den Ärger eines Lesers aus Rothenkirchen mit dem Winterdienst. Daraufhin haben sich weitere Leser bei uns gemeldet, denen es ähnlich geht. Auch auf Facebook debattierten viele eifrig. Sie fragen sich vor allem: Wer haftet, wenn etwas passiert?

"Grundsätzlich hat der Hausbesitzer die Räumpflicht", sagt Claudia Weilmünster. Sie ist Richterin am Amtsgericht Kronach. Damit ist er auch verantwortlich dafür, was auf seinem Bereich geschieht. Es gebe aber einige Ausnahmen, denn jede Kommune hat unterschiedliche Vorschriften für den Winterdienst.

Zunächst könne der Hausherr seine Pflicht auf den Mieter übertragen. Das gehe aber nur, wenn das explizit im Mietvertrag steht. Oder aber auf einen Räumdienst. Dann hafte derjenige, dem die Aufgabe übertragen wurde.
Normalerweise ist das kein großes Problem. Doch natürlich kann nicht jeder den ganzen Tag zu Hause bleiben. Trotzdem muss der Gehweg auch in dieser Zeit begehbar bleiben. Dann brauche es einen Ersatz: "Wenn man acht bis zehn Stunden am Tag weg ist, muss man theoretisch eine Ersatzperson beauftragen", erklärt Weilmünster. Das gelte auch für alte oder kranke Menschen.


Pflicht muss zumutbar sein

Ganz so streng ist die Räumpflicht aber nicht immer: "Man kann keine unzumutbaren Voraussetzungen stellen. Alle halbe Stunde muss man sicherlich nicht räumen", sagt die Richterin. Sollte nach einer halben Stunde jemand stürzen, habe der Hausherr seine Pflicht nicht verletzt, ist sie sich sicher. Letztlich komme es auch auf das Wetter an. Bei Glatteis sei größere Wachsamkeit geboten als etwa bei fünf Zentimeter Schnee, erklärt Weilmüller.

Für den konkreten Fall, wenn der Schneepflug den Gehsteig zuschüttet, konnte sie aus dem Stegreif keine genaue Antwort geben: "Das sind Einzelfälle. Das kann man nicht verallgemeinern." Prinzipiell müsse alle paar Stunden geprüft werden, wie der Gehweg aussieht. "Kommt man aber erst nach zwei Stunden heim, kann man den Schnee schon mal liegen lassen", sagt sie.

Vor der Räumarbeit drücken, geht nur schwer. Einfach ein Schild aufzustellen, mit dem Hinweis, dass nicht geräumt wird, reiche jedenfalls nicht: "Wenn die Gemeinde eine Räumung vorschreibt, kann man sich mit einem Schild sicherlich nicht aus der Affäre ziehen", sagt die Richterin.

Helfen könne so ein Schild dennoch. Etwa dann, wenn Gefahren vorhersehbar sind. "Wenn vom Dach öfter viel Schnee fällt, ist man fast schon verpflichtet, ein Schild aufzustellen", sagt Claudia Weilmünster.


Haftpflicht hilft nicht immer

Wenn trotz allem doch etwas passiert, habe dies zumindest strafrechtlich geringe Konsequenzen. "Allenfalls ist das fahrlässige Körperverletzung", die in der Regel eine geringe Geldstrafe nach sich ziehe, erläutert Weilmünster. Teuer könnten aber eventuelle Schmerzensgelder und Arztkosten werden.


Absicherung

Dagegen gibt es aber eine Absicherung. In solchen Fällen greife die Haftpflichtversicherung, erklärt Weilmünster. "Aber auch die haben Ausschlussbedingungen." Handelt der Versicherte grob fahrlässig oder gar vorsätzlich, verweigere die Versicherung in den meisten Fällen, den Schaden zu übernehmen. "Liegt nur eine Fahrlässigkeit vor, treten sie aber in der Regel ein", ergänzt sie. Doch auch hier handeln die Unternehmen immer unterschiedlich.