Kommunen müssen für Müllbeseitigung tief in die Tasche greifen
Das Phänomen, über das Claudia Wellach schimpft, hat einen Namen: Littering. Dieses Problem steht im Landratsamt und in der Stadt Kronach fest auf der Agenda.
"Die Sauberkeit in unseren Fluren symbolisiert par excellence unsere Lebensqualität und liegt den meisten Menschen sehr am Herzen", stellt Pressesprecher Bernd Graf vom Landratsamt fest. "Aber anscheinend nicht allen und nicht immer." Inzwischen werde das Littering, also das bewusste und unbewusste Wegwerfen oder Liegenlassen von Müll, von den Bürgern als Problem empfunden.
"An den Rändern der Kreisstraßen wird der Müll jedes Jahr im Frühjahr durch die Mitarbeiter des Kreisbauhofes eingesammelt", sagt Graf. Für die Müllentsorgung würden mehrere große Abfallcontainer benötigt. Die größten "Fundstücke" seien alte Bremsscheiben, Autoreifen und teilweise Möbel. Die größte Gefahr gehe von Glasflaschen aus ("Hier werden teilweise bis zu zehn Kästen Leergut eingesammelt"). Diese Flaschen könnten bei Mäharbeiten zerbrechen. Dann drohten die Scherben auf die Fahrbahn zu gelangen.
Wilde Entsorgung
Auch in der Kreisstadt geht die Verwaltung davon aus, dass "die Tendenz derzeit leider dahingehend ist, dass die wilde Entsorgung von Müll - von der Zigarettenkippe bis zum Bauschutthaufen im Wald - zunehmend ist", so Hauptamtsleiter Stefan Wicklein. Er bestätigt einen der von Wellach genannten Problempunkte in der Industriestraße, sieht solche Schwierigkeiten wie Dieter Krapp vom Ordnungsamt und Stadtwerke-Leiter Jochen Löffler aber auch andernorts. Sogar in der freien Natur gebe es solche Plätze, beispielsweise an der Marter in Rennesberg, "wo viele Unbekannte wahrscheinlich die schöne Aussicht genießen und ihren ganzen Müll arglos auf der Wiese entsorgen".
Was bleibt, ist massenweise Dreck in der Landschaft, der irgendwann entsorgt werden muss. Ein teurer Spaß für die Stadt - und dadurch letztlich für den Steuerzahler. Pro Kalenderjahr schlägt die Reinigung der öffentlichen Flächen mit 250 000 Euro im städtischen Haushalt zu Buche.
Wenn Bürger Problembereiche im Gebiet der Kreisstadt ausgemacht haben, sollten diese bei den Stadtwerken gemeldet werden. Einerseits, um den Unrat zu beseitigen, andererseits, um möglichst auch die Verursacher zur Rechenschaft zu ziehen.
"Soweit der Stadt wilde Müllablagerungen bekannt werden, werden diese zur Anzeige gebracht", erklärt Wicklein das weitere Vorgehen in solchen Fällen. Polizei und Landratsamt würden die Ermittlungen führen.
Strafen drohen
"Wer nachgewiesen dabei erwischt wird, wie er Abfälle illegal entsorgt, muss gemäß Paragraf 69 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes mit einem Verwarnungsgeld oder der Einleitung eines Ordnungswidrigkeiten-Verfahrens mit Geldbußen bis zu 100 000 Euro rechnen", erklärt Graf, was den Verursacher des Drecks erwarten kann. Landen gar gefährliche Abfälle, zum Beispiel asbesthaltige Eternitplatten in der Landschaft, droht eine Geld- oder sogar eine Freiheitsstrafe.
Doch das Landratsamt und die Stadt wollen nicht nur über Strafen zu einem Umdenken bewegen. Auch sie sehen hinter dem Problem eine Charakterfrage. Sie appellieren daher an die Vernunft der Menschen. Und die Abfallberatung des Landkreises geht mit Aktionen gezielt auf den Nachwuchs zu, um frühzeitig das Bewusstsein für den Umweltschutz und einen vernünftigen Umgang mit Müll und Verpackungen zu schärfen.
Kommentar von Marco Meißner
Alle reden über Umweltschutz. Alle wollen die Natur genießen. Aber (zu) viele wollen sich auch ihre kleinen Sünden leisten. "Ist doch nichts Großes", habe ich einmal auf die Nachfrage gehört, warum eine Bekannte ihre Bonbonfolie aus dem Autofenster geworfen hat, obwohl doch der Aschenbecher genauso weit entfernt war. Offensichtlich hatte sie nicht eine Sekunde darüber nachgedacht. Unterbewusst siegte die Bequemlichkeit; der Aschenbecher musste dann ja nicht geleert werden.
So landet eine "Kleinigkeit" im Straßengraben, bald eine zweite, dann eine dritte, und irgendwann folgt Größeres. Der Müll wird zu einem Magneten mit wachsender Anziehungskraft. Fragt sich nur: Was würden die gleichen Leute sagen, wenn sich dieser Magnet im eigenen Garten aufbauen würde, weil im Vorbeigehen immer wieder jemand etwas über den Zaun wirft ...?