Der Kunstverein Kronach ist vom Umbau des Kreiskulturraumes betroffen, er hat derzeit keinen Ausstellungsraum. Aber das bedeutet nicht, dass der Kunstverein derzeit nicht aktiv ist - im Gegenteil.
Kunstvereins-Vorsitzender Karol J. Hurec spricht im Sommerinterview über Kunst und Kunstsinnigkeit - und will auch bei jungen Menschen die Lust auf Kunst wecken.
Der Kunstverein Kronach hat es sich zum Anliegen gemacht, Kunst verschiedenster Art zu zeigen. Wie viele Profi-Künstler haben Sie in Ihren Reihen - und wie finden die den Weg zum Kunstverein?Karol J. Hurec: Ungefähr fünf Prozent unserer Mitglieder sind professionelle Künstler, nicht nur Kronacher - bei mehr als 200 Mitgliedern im Kronacher Kunstverein. Wir sind aber kein Verein, der sich gegründet hat, als Vereinigung von Künstlern, um sich gegenseitig auszustellen, sondern wir wollten bewusst zeitgenössische Kunst von außerhalb nach Kronach bringen. Und das ist uns auch gelungen. Wir sind also eher ein Kunstvermittlungsverein.
Ich persönlich habe am Anfang meiner Lehrerzeit am Kaspar-Zeuß-Gymnasium die Erfahrung gemacht, dass ich mit den Schülern nach Nürnberg oder München fahren musste, um diesen moderne Kunst zu zeigen- das hat sich durch den Kunstverein geändert.
Welche Arten von Kunst gibt es im Kunstverein? Eigentlich haben wir nahezu jegliche Art von Kunst. Neunzig Prozent unserer Kunst ist natürlich schon aus den Bereichen Malerei und Grafik. Aber wir zeigen auch Plastiken und Skulpturen oder Naturkunst. Auch aus den Bereichen Fotografie, Videokunst und Installationen gab es schon Ausstellungen und gibt es immer wieder. Wir haben ganz moderne Dinge dabei - beispielsweise bei unseren Debütanten ausstellungen. Eines unserer vorrangigen Ziele ist es junge Künstler zu fördern.
Im Bereich der Formate waren wir bisher beschränkt aber durch den Umbau des Kreiskulturraumes steht uns in Zukunft mehr Platz zur Verfügung. Dann können wir auch größere und schwerere Formate präsentieren.
Hat Kronach als relativ kleine Stadt überhaupt so viel Potential und wie finden Sie Kontakt zu international bekannten namhaften Künstlern?Jeder Künstler kennt wieder andere Künstler. Wir haben kein Problem, Künstler zu finden - im Gegenteil. Wir können nur etwa fünf oder sechs Ausstellungen pro Jahr machen, aber wir haben im Jahr durchschnittlich dreißig Bewerbungen und mehr.
Potential im Bereich der Kunstfreunde ist auch vorhanden. Der Besuch ist wie in allen Galerien schwankend. Manchmal kommen zu einer Vernissage nur zwanzig Interessierte, manchmal sind es über sechzig.
Doch wir haben mit unserer Galerie den Vorteil, dass im Kreiskulturraum viele unsere Kunst anschauen in der Pause von Theateraufführungen und bei Musikveranstaltungen - dreihundert Besucher am Wochenende sind durchaus normal! In großen Metropolen wie Berlin geht der Trend schon dahin, nur noch eine Eröffnung zu machen und die Ausstellungen beispielsweise freitags, samstags, sonntags zu zeigen - denn wer dann nicht kommt, kommt auch sonst nicht.
Gibt es ein Auswahlverfahren, das für die Qualität der Kunst bürgt - und haben Sie schon einmal einen Künstler abgelehnt? Ja, es muss ein Auswahlverfahren geben. Die Künstler bewerben sich mit Katalogen, per Mail oder per DVD. Und wir stellen jährlich eine Jury zusammen - bestehend aus dem Vorstand, einigen Mitgliedern und Künstlern und dann wird diskutiert, wen wir ausstellen wollen. Wir empfehlen manche Künstler auch weiter.
Letztlich sind viele Künstler die sich bewerben wieder Empfehlungen von anderen Künstlern. Aber wir stellen keine Künstler aus, die sonst nur in Pizzerien oder Cafes ausstellen.
Was macht professionelle Kunst im Vergleich zu Hobby-Kunst aus? Oje, das ist eine sehr schwierige Frage, mit der man sich intensiv beschäftigen muss. Um das zu durchschauen muss man viel in Galerien gehen, Fachliteratur lesen, etc.. Ich denke, man kann es so sagen: Hobbykünstler, müssen nicht unbedingt kreativ sein. Sie können auch kopieren - das ist erlaubt. Und ihre Werke können durchaus schön und hochwertig sein.
Professionelle Künstler müssen kreativ sein, sie kümmern sich auch um die Vermarktung, stellen sich einem gehobenen Wettbewerb. Professionelle Künstler schaffen etwas Neues, sie sind kreativ, indviduell und leben von der Kunst.
Wie viele Ausstellungen machen Sie im KKV pro Jahr - und wo? Wir haben immer zwei feststehende Ausstellungen - Kunst macht Schule - Schule macht Kunst, und wir haben außerdem die Jahresausstellung unserer Mitglieder, wo auch jeder ein Werk präsentieren kann. Und dann machen wir noch fünf oder sechs weitere Ausstellungen pro Jahr - nicht nur im Kreiskulturraum, sondern auch auf der Festung Rosenberg oder in der Synagoge.
In Metropolen wie Berlin oder New York ist Kunst oft progressiv, bunt und provokant. Wie beurteilen Sie den Stellenwert der Kunst in Kronach? Genau so. Wir haben genau so Top-Künstler, die auch in Berlin, Dresden, London ausstellen und sich dort behaupten.
Aber natürlich haben wir auch Künstler, die es traditioneller mögen, die vielleicht nicht in Metropolen bestehen könnten.
Gibt es, Ihrer Meinung nach Themen, die dringend in der Kunst aufgegriffen oder verarbeitet werden müssten - und welche? Ich denke, die Themen, die in der Kunst aufgegriffen werden und aufgegriffen werden müssen, sind immer Themen aus den Grundwerten und -bedürfnissen der Gesellschaft. Generell geht es um die Ästhetik des 21. Jahrhunderts. Kunst kann heute auch auf einer sehr intellektuellen Ebene gestaltet werden. Ich denke manchmal muss aktuelle Kunst für den Betrachter in Worte übersetzt werden - und das kann der Kunstverein auch in seinen Vernissagen leisten.
Was macht der Kunstverein aktuell? Wir haben keine aktuelle Ausstellung, denn der Kreiskulturraum wird ja umgebaut.
Aber wir möchten in diesem Jahr die Sandsteinskulpturen auf dem Landesgartenschau-Gelände reinigen und versiegeln lassen. Die Figuren sind ja schon über zehn Jahre alt. Unsere "Dicke" hat Grünspan angesetzt. Unsere Sandstein Triennale, die übrigens sehr international ist, werden wir natürlich fortführen.
Die Kunstszene in Kronach - wie würden Sie die beschreiben? Wo passiert Sie? Wodurch zeichnet Sie sich aus? Die Kronacher Kunstszene findet - ganz klar - im Kunstverein statt. Eine Spezialität des KKV ist, dass wir auch Neulinge fördern - zum Beispiel durch unsere Debütantenausstellungen die vom Kultusministerium bezuschusst werden. Wir haben zum Beispiel Judith Raum, Anna-Lena Jeske, Lisa Stöhr und Kathrin Bauer gefördert und bei der Erstellung eines Kataloges geholfen. Auch bei der Vermittlung von Atelierstipendien waren wir schon aktiv.
Das und die Empfehlung an andere Galerien und Ausstellungsmacher hilft jungen Künstlern schon.
Sie selbst sind vor 37 Jahren nach Kronach gekommen. Warum, wie haben Sie sich als Künstler etabliert und könnte man als Künstler in Kronach leben? Ich war Kunsterzieher am Gymnasium und Beratungslehrer. Und in den ersten Jahren habe ich auch ein paar "verrückte" Dinge gemacht : Performance - wir haben zum Beispiel, weil ich das immer auf meinen Bildern dargestellt habe, in realiter eine Straße gesperrt und vernäht. Aber dann habe ich meine Ausstellungstätigkeit reduziert und habe mich auf die pädagogische Arbeit konzentriert. Schule, Kunstverein und die Kunstvermittlung - das hat gut zusammengepasst. Und wenn ich jetzt, wo ich nicht mehr Kunsterzieher bin, "Kunst" mache, dann ist das nur für mich.
Ohne Ausstellungen und den Konkurrenzkampf des Kunstmarktes ist Kunst bereichernd, auch entspannend.
Wie hat sich in den letzten Jahren das Kunstverständnis gewandelt? Sehr. Vor 30 Jahren waren 18 bis zwanzig junge Leute eines Jahrganges im Leistungskurs Kunst, davon vielleicht 15 Männer und mehr. Heute interessieren sich noch zwölf - oder etwas mehr Schüler für Kunst als Schwerpunktfach - alles Mädchen. Das Bedürfnis, dass man mit Kunst etwas bewegen möchte, etwas ausdrücken möchte, ist zurückgegangen. Die Kunst ist weiblicher geworden, hat einen anderen Stellenwert bekommen. Für die jungen Leute insbesondere Männer sind andere Dinge interessanter - Computer, die Cyber-Welt, interaktive Medien.
Sie selbst sind auch Künstler - wie ist Ihre Kunst? Na, meine Kunst ist schön - für mich.
Ich mache Kunst nur noch zu meiner eigenen Erbauung. Für mich hat Kunst einen meditativen Charakter. Auslöser für meine Kunst zurzeit ist immer eine schnelle Linie - die arbeite ich dann aus. Meine Bilder male ich anfangs in Acryl, dann kommen noch einige Schichten Ölfarbe drauf. Ich mag die "Tiefe" der Flächen, die durch die Lasurtechnik entsteht.
Erst vor kurzem hat der Kunstverein den Kulturpreis des Landkreises bekommen. Was bedeutet das für Sie? Sehr viel. Der Kronacher Kunstverein hat viel Kunst in den Landkreis gebracht - schon seit 1981. Es ist schön, wenn man feststellt, dass dies auch gewürdigt wird. Das Geld - 5000 Euro - werden wir natürlich in die Ausstattung der neuen Räume investieren.
Wir brauchen ja neue Stühle, neue Hängesysteme, eine neue Galerieausstattung.
Der Kunstverein ist auch von der Sanierung des Kreiskulturraumes als Ausstellungsort betroffen. Wie behelfen Sie sich? Wir haben keine aktuelle Ausstellung, aber wir planen schon viele Dinge. Nächstes Jahr wird es eine Ausstellung mit einer polnischen Hinterglaskünstlerin geben. Diese Ausstellung wird in Oberammergau und bei uns in Kronach gezeigt.Außerdem planen wir einen "caricare" - Ausstellung. Das soll ein Gegenpol zu den Ausstellungen im Jubiläumsjahr von Lucas Cranach dem Jüngeren werden. Diese Ausstellung wird zeigen, dass Kunst auch amüsant sein kann.
Wenn sie sich für den Kunstverein und die Künstlerszene in Kronach etwas wünschen könnten, was wäre das? Den neuen Kunstraum mit mehr Platz bekommen wir ja, wenn ich mir etwas wünschen dürfte, dann wären dies viele neue aktive Mitglieder. Denn wir haben mit denselben Probleme zu kämpfen wie alle anderen Vereine auch. Die Mitglieder werden immer älter ...
Das Gespräch führte Sonja Adam.