Kronach ist Uwe Herrmann ans Herz gewachsen

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Uwe Herrmann fühlt sich als Polizist in Kronach wohl. Foto: Marco Meißner
Uwe Herrmann fühlt sich als Polizist in Kronach wohl. Foto: Marco Meißner

Uwe Herrmann ist seit fast 15 Jahren Polizeichef in Kronach. Der Trogener hat in dieser Zeit die spezielle Art der Frankenwälder schätzen gelernt.

Seit 2002 verrichtet der Trogener Uwe Herrmann seinen Dienst in Kronach. Der 57-jährige Polizeioberrat und zweifache Familienvater leitet die Inspektion in der Kreisstadt. Er hat auf diesem Weg die Menschen im Frankenwald kennen, schätzen und richtig zu nehmen gelernt. Im Interview berichtet er über seinen Alltag und seine Eindrücke von Land und Leuten.

Wie leicht oder schwer ist es, als Polizist in einer ländlich geprägten Region wie dem Landkreis Kronach seinen Dienst zu tun?
Uwe Herrmann: Das kommt auf die Vergleichsgrundlagen an. Ich habe beispielsweise noch nie in einer Großstadt wie München gearbeitet. Aber ich war in Hof tätig und habe in meiner Laufbahn verschiedene Funktionen übernommen. Die Menschen in Kronach sind ein bisschen anders gestrickt als in Hof.
Sie sind etwas direkter, "groudoa". Ich habe mich an diese Art gewöhnt und finde sie heute gar nicht so schlecht, denn es ist wichtig, dass die Menschen offen miteinander umgehen. Die Kronacher beschreibe ich vom Charakter her gerne als Frankenwald-Fichten: harte Schale, weicher Kern. Das Hinterhältige mag ich nicht, und so sind die meisten Leute hier nicht. Sie sind eher mal ... eruptiv, dann aber auch wieder sehr herzlich. Wenn man sie kennen gelernt hat, dann wachsen sie einem ans Herz.

Wie sehr haben Sie sich die Leitung der Kronacher Inspektion gewünscht?
Ich wollte ein Dienststellenleiter sein und wurde von dieser Aufgabe nicht enttäuscht. Es macht Spaß, einen gewissen Gestaltungsspielraum zu haben. Es macht mir auch Spaß, Probleme zu lösen. Entscheidungen sind bei der Polizei immer gefordert, und in aller Regel müssen Probleme schnell gelöst werden. Gleichzeitig bin ich in Kronach aber nicht nur an den Bürostuhl gefesselt.

War Polizist Ihr Wunschberuf?
Mein Traumberuf war Profifußballer, ein wenig später Pilot. Dafür hatte ich mich auch bei der Bundeswehr beworben. In meinen zwei Jahren bei der Bundeswehr habe ich mich ans Geldverdienen gewöhnt und wollte nicht mehr studieren. So bin ich auf die Polizei gekommen. Es war also nicht mein Traumberuf - aber er wurde es. Ich habe aber auch viel Glück gehabt, eine solche Position zu erreichen und diesen Gestaltungsspielraum zu haben.

Würden Sie jungen Leuten die Arbeit bei der Polizei empfehlen?
Klar! Sie ist abwechslungsreich und vielschichtig. Auch der Verdienst ist nicht schlecht. Und man hat einen sicheren Job. Es gibt natürlich auch belastende Situationen, mit denen ein Polizist umgehen muss, zum Beispiel wenn ein Kind überfahren wird. Und eine gewisse Gefahr ist auch dabei - das darf man nicht außer Acht lassen -, aber es ist nicht wie für Polizisten in manch anderen Ländern. Wenn man in Kronach arbeitet, braucht man nicht jeden Tag Angst um sein Leben zu haben.

Als Polizist sehen Sie auch die Schattenseiten Kronachs. Wächst einem die Stadt dennoch ans Herz? Oder braucht es für Sie gar eine gewisse Distanz?
Mir ist die Stadt sehr ans Herz gewachsen. Das Ambiente in Kronach ist viel schöner als in Hof - auch wenn's die Hofer bestimmt nicht gerne hören werden. Gleichzeitig genieße ich es aber auch, eine gewisse Distanz zu wahren, indem ich nicht hier wohne, sondern abends nach Hause fahre. Andere, die dort wohnen, wo sie ihre Dienststelle leiten, müssen sich ähnlich wie ein Bürgermeister für alles rechtfertigen. Ich dagegen kann abends in meiner Heimatgemeinde völlig unbehelligt herumspazieren. Im Landkreis Kronach muss ich aber auch meine Ansprechpartner loben, wie zum Beispiel die Bürgermeister und den Landrat. Das sind alles patente Leute. So etwas ist keine Selbstverständlichkeit. Das ganze Umfeld in Kronach macht Spaß.

Wo hat sich die Stadt in den Jahren seit ihrem Dienstantritt zum Positiven verändert?
Wenn man bei der Polizei denkt, man hat ein Problem gelöst, dann taucht ein Neues auf. Deshalb will ich nicht den Eindruck erwecken, alles wäre besser geworden, seit ich hier bin. Wir hatten zum Beispiel zu Beginn mit der Punkerszene ein großes Problem. Wir haben's gelöst. Jetzt haben wir allerdings eine neue Szene mit vorwiegend Jugendlichen im Bereich des Landesgartenschau-Geländes und des Bahnhofs. Wir haben ein Konzept entwickelt und gehen jetzt volle Kanne an diese Aufgabe ran. Es ist schon besser geworden, aber das Problem ist noch nicht behoben. Wir haben hier in Kronach sicherlich andere Herausforderungen als in einer Großstadt, aber wir merken auch, dass uns bei der personellen Ausstattung irgendwo Grenzen gesetzt sind.

Wo hakt es noch bei der Polizeiarbeit im Kreis Kronach?
Die Justizvollzugsanstalt ist ein Riesenproblem für eine so kleine Dienststelle. Wir müssten eigentlich mehr Präsenz zeigen. Unsere Leute sollten nicht den ganzen Tag unterwegs sein, um einen Gefangenen durch die Gegend zu fahren oder vier, fünf Vorführungen bei Gericht zu bewerkstelligen. Es bräuchte gerade in der jetzigen Zeit Luft für meiner Auffassung nach wichtigere Polizeiaufgaben. Bei uns ist da wesentlich mehr Flexibilität als in einer Großdienststelle gefordert.

Wie stellt sich die Zusammenarbeit mit der Dienststelle in Ludwigsstadt dar?
Ludwigsstadt ist die kleinste Polizeiinspektion in Oberfranken. Sie gewährleistet dennoch einen Schichtdienst. Bei einer Stärke von etwa 20 Leuten ist das schwer. Wir müssen die Kollegen daher natürlich unterstützen. Aber das passiert auch in umgekehrter Richtung. Wir lassen den Ludwigsstadter Kollegen als ihre so genannte Leit-PI den größtmöglichen Handlungsspielraum. Ich finde, es herrscht ein gutes Miteinander.

Früher kannten die Kronacher die Polizisten oft beim Namen. Wie dicht sind die Beamten heute am Puls der Bevölkerung?
Da hat sich schon etwas geändert. Ich bin mal mit einem älteren Kollegen meiner Dienststelle, einem typischen Kronacher, Streife gefahren. Der war mit den meisten Bürgern perdu - und trotzdem haben die Leute gespurt, wenn er etwas gesagt hat. Die jungen Kollegen werden heute hingegen sehr sachlich und formal ausgebildet - so brauche ich die Kronacher allerdings nicht anzusprechen. Doch es ist schwierig, wenn man den Umgang verallgemeinert. Die Nähe zum Bürger ist heute nicht mehr ganz so groß wie vor 20 Jahren - allerdings hatte das früher auch nicht nur Gutes; manchmal ist so ein Umgang vielleicht auch ausgenutzt worden. Und die jungen Kollegen werden es sicherlich mit der Zeit lernen, wie man mit den Kronachern umgeht.