Hochwasser reißt Fußgängerbrücke in Oberfranken ein

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Manchen war sie ein Dorn im Auge, andere können sich das Ortsbild ohne sie nicht vorstellen: Die umstrittene Fußgängerüberführung fiel am Mittwoch den Hochwasserfluten zum Opfer. Einige Gundelsdorfer waren ohne Strom.

Er war gerade aus seinem Auto an einer Baustelle im Gundelsdorfer Ortskern gestiegen, als er das laute Knallen hört. "Ich dachte, da zündet jemand noch ein paar übrig gebliebene Silvesterböller", erzählt der Mitarbeiter der Münchener Baukranfirma BKL. Doch das Knallen hört nicht auf - und als er nachsieht, traut er seinen Augen kaum: "Die Brücke war plötzlich weg. Ein Stromkabel hing aus den Trümmern, das ständig Funken gesprüht hat. Es war wie ein Feuerwerk."

Die Nachricht spricht sich herum wie ein Lauffeuer. Anwohner machen vom Ufer aus Fotos mit ihren Handys. Immer wieder treiben massive Baumstämme - bis zu zehn Meter lang - in den Fluten des Hochwassers, das sich seinen Weg durch die Haßlach bahnt.

Ein solcher wurde der alten Fußgängerbrücke am Mittwochmorgen zum Verhängnis. Er trifft den mittleren Pfeiler der Beton-Stahl-Konstruktion - zu viel für das in die Jahre gekommene Bauwerk, das in der Mitte auseinanderbricht.

Durch die Wucht werden die beiden Brückenenden aus dem Erdreich gerissen und bleiben schließlich im Flussbett liegen. Auch Stunden später ragt das Ende des Holzstamms - wie ein Mahnmal für die Zerstörungskraft der Fluten - aus der Haßlach, deren Tosen schon aus der Ferne zu hören ist.

Keine Hinweise auf Instabilität

Wenige Minuten nach dem Einsturz sperren Mitarbeiter des Kronacher Bauhofs die Zuwege ab. "Bei diesen Verhältnissen können wir aktuell nicht viel machen. Wir können niemanden in den Fluss schicken", erklärt der Leiter der Kronacher Stadtwerke Jochen Löffler.

Bis zuletzt habe es keinerlei Hinweise darauf gegeben, dass die Brücke nicht mehr stabil ist. "Grundsätzlich sollten Brücken allen vorhersehbaren Dingen standhalten." Der Einsturz sei jedoch ein unglückliches Zusammentreffen von mehreren Ereignissen gewesen.

Vor ein paar Jahren hätten Mitarbeiter kleinere Schönheitsreparaturen an dem Bauwerk durchgeführt, Schadstellen am Geländer und dem Belag ausgebessert." Die nächste Überprüfung auf Verkehrssicherheit und Standfestigkeit hätte laut dem Stadtwerke-Leiter für 2021 angestanden.

Das vom Einsturz betroffene Stromkabel sei selbstverständlich umgehend stillgelegt worden.

Das hat zur Folge, dass fünf Häuser auf der Flussseite der Haiger Straße zwischenzeitlich ohne Elektrizität sind. "Das Ortsnetzkabel lief an der Brückenunterseite entlang", berichtet Christian Martens vom Netzbetreiber Bayernwerk AG. "Mit dem Einsturz der Brücke ist auch das Kabel gerissen."

Die Kollegen vor Ort hätten provisorisch ein Stromkabel verlegt, das in etwa acht Metern Höhe über den Fluss führt. Dazu hätten sie sich zwei vorhandene Maste an den jeweiligen Ufern zunutze gemacht. "Sie haben einen Stein, der an einem Verbindungsseil befestigt war, über den Fluss geworfen und konnten das Stromkabel anschließend mit Umlenk-Rollen über den Fluss ziehen."

Brücke nicht bei allen beliebt

Die betroffenen Haushalte hatten am Mittwochabend wieder Strom. Parallel haben die Arbeiter mit einem Bagger das gerissene Kabel in der Erde freigelegt und abgesichert. "Dieses Provisorium kann erst einmal so bleiben", versichert der Bayernwerk-Sprecher. "Wir warten erst einmal ab, was nun mit der Brücke passiert."

Während die Arbeiten an der Unglücksstelle voranschreiten, wird unter den Anwohnern am Ufer eifrig diskutiert. Anja Viehweger gehört das Grundstück, auf dem sich der Zugang zur Brücke befindet. Die Bürger durften die Überführung seit Jahr und Tag aufgrund eines öffentlichen Wegerechts nutzen - zum Ärger der 41-Jährigen. "Die Brücke wird nur von ein paar Gassi-Gängern genutzt", erzählt sie. "Die kommen hier rüber, lassen ihre Hunde ihr Geschäft verrichten und gehen wieder nach Hause."

Die meisten Bürger würden - wie sie - sowieso die andere Brücke etwa 100 Meter flussabwärts nutzen, die auch von bis zu 3,5 Tonnen schweren Fahrzeugen befahren wird. Zwar hat Viehweger schon als Kind auf der nun eingestürzten Brücke gespielt und viele schöne Erinnerungen. Jedoch habe sie auch miterlebt, wie das Bauwerk mit den Jahren verfallen sei. "Jetzt ist das passiert, was wir schon vor Jahren vorausgesagt haben."

Dass die Brücke nun weg ist, tut ihr nicht leid. "Ich habe schon lange angeregt, dass dieser Weg weg gehört. Doch so lange sich einzelne Anwohner dagegen sträuben, konnte man da nichts machen."

Einer von ihnen ist Stephan Porzelt. "Diese Fußgängerbrücke hat die Häuser am anderen Ufer mit dem Ort verbunden", erklärt der Anwohner von der anderen Flussseite. "Ich bin jetzt auch schon über 60. Ältere Menschen und Kinder brauchen diese Anbindung."

Weil die andere Brücke schmal und nur einseitig befahrbar ist, sei sie für Fußgänger nicht sicher. "Da besteht Gefahr für Leib und Leben." Darum erachtet es Porzelt als notwendig, dass die Brücke wieder aufgebaut wird. Immerhin handele es sich um einen gewidmeten Weg.

Kurz bevor die Brücke eingestürzt ist, sei seine Frau noch dort entlang gegangen. "Man darf sich gar nicht vorstellen, was passiert wäre, wenn in dem Moment jemand auf der Brücke gewesen wäre."

Vor dem, was jetzt passiert ist, hat der Anwohner laut eigener Aussage schon länger gewarnt, unter anderem bei Bürgerversammlungen. "Da ist so viel Treibgut hängen geblieben, dass sich schon eine richtige Barriere aufgebaut hat. Aber niemand hat sich darum gekümmert."

Bislang liegen keinerlei Hinweise darauf vor, dass zum Zeitpunkt des Unglücks jemand in der Nähe der Brücke war. Trotzdem wird dieser Mittwoch den Gundelsdorfern noch lange in Erinnerung bleiben - und auch dem Münchener Ladekranfahrer: "Ich dachte, hier passiert