Druckartikel: Gottfried-Neukam-Mittelschule Kronach geht digitalen Weg

Gottfried-Neukam-Mittelschule Kronach geht digitalen Weg


Autor: Marco Meißner

Kronach, Dienstag, 05. Februar 2019

Die Gottfried-Neukam-Schule in Kronach ist in Sachen Digitalisierung schon sehr weit. Ihr Konzept unterscheidet sich von dem vieler anderer Bildungsstätten.
Mirjam Fuchs nutzt auch die im Werkunterricht gebaute Alternative zur Dokumentenkamera. Foto: Marco Meißner


Mirjam Fuchs steht vor der Klasse M10c. Sie legt das Lineal an, zeichnet eine diagonale Linie in ein Raster. Dann bildet sie ein Dreieck, malt es aus und erklärt den Schülern, was es damit auf sich hat. Die ganze Zeit über dreht sie der zwei Meter entfernten Tafel den Rücken zu. Ein Tablet-PC und ein Beamer machen's möglich - ohne dass die grüne Tafel verschwunden wäre.

"Ich möchte das Gerät nie wieder hergeben. Ich benutze es im Unterricht die ganze Zeit über", freut sich Mathelehrerin Fuchs über die neuen Möglichkeiten. Auch ihre Schülerin Paula findet's toll. "Der Unterricht ist so schöner als früher. Wir können uns jetzt zum Beispiel Videos für Mathe anschauen", erklärt sie, dass die Technik den Zugang zum Unterrichtsstoff oft erleichtert.

Mirjam Fuchs nennt weitere Beispiele. Übers Internet kann sie den Schülern im Nu zeigen, wo sie zusätzliches, interaktives Übungsmaterial finden - und das kann sie auch gleich in den Unterricht einbinden. Ebenso kann sie auf elektronischem Weg Unterrichtsinhalte mit Kollegen austauschen - beispielsweise für Vertretungsstunden.

Fuchs legt das Tablet auf eine kleine Holzkonstruktion. Knapp 40 Zentimeter darunter platziert sie einen Taschenrechner, dessen Bild an der Wand erscheint. Schritt für Schritt kann sie nun die Funktionsweise der Rechenhilfe erklären. Der kleine PC übernimmt derweil die Funktion einer teuren Dokumentenkamera.

Neue Möglichkeiten

;

Jörg Schnappauf, Geschäftsführer des Schulverbandes Kronach III, ist davon begeistert. Zwei Fliegen wurden mit einer Klappe geschlagen; das Tablet ist multifunktional einsetzbar, und die Schüler haben im Werkunterricht die kleinen Pulte selbst gebaut. Das sparte Kosten. Der Weg , den die Mittelschule bei der Digitalisierung der Klassenzimmer eingeschlagen hat, habe nicht nur dadurch Vorbildcharakter.

"Früher hat man Fernseher und Videorekorder reingeschoben, wenn man etwas vorführen wollte. Heute verbindet man sich einfach mit dem Internet", erklärt Schnappauf. Ein Selbstläufer ist die technische Neuausrichtung des Unterrichts aber nicht. Sie braucht viel Fingerspitzengefühl und ein exakt auf die Schule angepasstes Konzept, wie er ergänzt.

Dieses Konzept weicht an der Mittelschule Kronach ein Stück weit von dem ab, was an anderen Schulen derzeit gepredigt wird. Den jetzigen Schritt hin zu digitalen Klassenzimmern machten die Verantwortlichen an den oft gepriesenen Whiteboards vorbei. Sie entschieden sich für eine mobile Lösung mit Tablet-PC und Beamern. Systembetreuer Jürgen Groh nennt dafür Gründe: "Whiteboards sind grundsätzlich nicht schlecht, aber sie haben doch einige Nachteile." Bei der Beschaffung, der Installation und der Zuverlässigkeit hapere es gerne mal. Die weißen Tafeln seien zudem nur stationär einsetzbar, Reparaturen würden teuer.

Die mobilen Tablets könnten die gleichen Aufgaben erfüllen und mit den bereits vorhandenen Beamern gekoppelt werden. Zudem besitze jede Lehrkraft ihr eigenes Gerät und könne damit in jedem Zimmer unterrichten. Mirjam Fuchs sieht auch den Vorteil, dass sie das Gerät mit nach Hause nehmen, dort ihren Unterricht vorbereiten und die Noten verwalten kann. Bei einem Whiteboard mit Desktop-PC wäre das unmöglich.

Und wie schwer fällt ihren Kollegen der Einstieg in diese Form des Unterrichts? "Man muss es nur probieren, muss die Sachen benutzen, dann lernt man auch den Umgang damit", ist die Lehrerin überzeugt. Schulleiterin Anita Dauer sieht durch Online-Schulungen und die Möglichkeit, zu Hause mit dem Gerät zu üben, eine große Chance für alle Lehrkräfte, sich Schritt für Schritt - ganz nach dem individuellen Zugang zur neuen Technik - immer weiter in die Materie einzuarbeiten.

Alt und Neu verbinden

;

Dass es diese Möglichkeit gibt, sei übrigens keine Selbstverständlichkeit, betont Jürgen Groh. Die Unterstützung des Schulverbands und von Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) bei der Umsetzung des Konzepts sei einmalig, sind er und Anita Dauer sich einig. Gleiches gelte für das Vertrauen in die Lehrer, die Geräte aus der Schule mit in den privaten Bereich nehmen zu dürfen.

Der jetzige Schritt ist in den Planungen der Mittelschule allerdings nur ein Zwischenschritt. Groh schwebt eine sukzessive Weiterentwicklung vor, die allerdings auch von der Breitbandanbindung (momentan nur 16 Mbit pro Schule am Schulzentrum) abhängig ist. Vor allem eine bessere Vernetzung und dabei eine engere Einbindung der Schüler in das System schweben ihm vor.

Auch das soll so gut geplant werden, wie der aktuelle digitale Ausbau. "Da hat alles Hand und Fuß, weil alles ineinander greift", stellt Lehrerin Susanne Vogler fest. Anita Dauer fügt an: "Wir machen so etwas nicht um der Technik Willen, sondern nur wenn's für den Unterricht auch etwas bringt." Deshalb müssen die Eltern nicht fürchten, dass ihre Kinder nur noch Technik vor Augen haben. So wird in einem Atemzug beispielsweise auch die Leseerziehung im Unterricht forciert.

Die herkömmlichen Tafeln möchte übrigens auch niemand aus den Klassenzimmern verbannen. Deshalb ergänzt Mirjam Fuchs ihre anfängliche Aussage: "Ich möchte neben dem Tablet auch die grüne Tafel nicht hergeben. Zusammen sind sie eine gute Kombination."