Glasindustrie am Rennsteig stellt Frage nach Energie

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Die Herstellung von Behälterglas und Glasflakons gehört zur Rennsteig-Region. Die dortigen Glashütten sind mit ihren rund 5000 Mitarbeitern ein wichtiger Arbeitgeber. Foto: Veronika Schadeck
Die Herstellung von Behälterglas und Glasflakons gehört zur Rennsteig-Region. Die dortigen Glashütten sind mit ihren rund 5000 Mitarbeitern ein wichtiger Arbeitgeber. Foto: Veronika Schadeck

Der Klima- und Umweltschutz soll Thema eines runden Tisches im Landkreis Kronach werden. Dabei wird es auch um die Windenergie gehen. Die Glasindustrie horcht auf.

Es war eine Überraschung, als stellvertretender Landrat Gerhard Wunder (CSU) bei der Jubilarehrung bei Wiegand-Glas für die nächste Zeit einen "runden Tisch" angekündigte. Dabei soll es um die Themen Energiewende, bezahlbare Strompreise und Wettbewerbsfähigkeit gehen. Zudem wird die Idee in den Fokus gerückt, die Windkraft in der Rennsteig-Region besser zu etablieren. Neben Landrat Klaus Löffler (CSU) und den Bürgermeistern sollen die Unternehmer der Glasindustrie am Tisch sitzen.

"Veränderungen wegen des Klima- und Umweltschutzes müssen sein, aber dies mit Maß und Ziel sowie mit Herz und Verstand", betonte Wunder in seiner Rede. Er hob die Bedeutung der Industrie für die Region hervor, die mit ihren Mitarbeitern nicht zuletzt dazu beitrage, dass Steuern in die Gemeindekassen fließen. Die Glasindustrie am Rennsteig "ist ein schweres Pfund, von dem auch der Landkreis profitiert!"

Wenn Veränderungen gewünscht seien, so der Stellvertreter des Landrats, müssten auch Lösungen dafür aufgezeigt werden. Es müsse erklärt werden, wie diese Anpassungen - ohne den Wirtschaftsstandort zu gefährden - durchgeführt werden sollen.

Politik muss Lösungen bieten

Solche Aussagen vermisse Wunder bisher von der großen Politik. Er habe den Eindruck, dass auf dieser Ebene vielmehr städtische Ideologien Einzug gehalten hätten. Wunder erklärte, dass die Politik die Industrie unterstütze. Dazu gehöre auch, dass dafür Sorge getragen werde, dass Arbeitnehmer und Auszubildende beispielsweise von Nordhalben nach Steinbach beziehungsweise nach Tettau zu ihrem Arbeitsplatz gelangen.

Der Geschäftsführer der Wiegand-Glas-Unternehmensgruppe, Oliver Wiegand, wies auf Anfrage des Fränkischen Tags darauf hin, dass Wiegand-Glas schon vor Jahren begonnen habe, die Energieeffizienz zu verbessern und damit auch den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Beispielsweise sei es im Steinbacher Werk gelungen, durch die Steigerung des Altglaseinsatzes und den Einsatz von Scherben beziehungsweise Schmelzgutvorwärmern die CO2-Emissionen der Schmelzwannen in den letzten fünf Jahren um mehr als 20 Prozent zu reduzieren.

Der hohe Altglaseinsatz sei durch den Bau zweier leistungsfähiger Aufbereitungsanlagen möglich geworden. Mit diesen und mit den weiteren Maßnahmen in den anderen Glaswerken sei Wiegand-Glas Spitzenreiter bei der Reduzierug von CO2-Emissionen in der europäischen Glasindustrie.

Der Geschäftsführer wies darauf hin, dass derzeit an unterschiedlichen Projekten gearbeitet werde, mit dem Ziel, eine Schmelzwanne zu entwickeln, die kein oder fast kein CO2 emittiert. Oliver Wiegand äußerte sein Unverständnis darüber, dass viele keinen Strom aus Atomkraft und Kohlekraft wollen. Gleichzeitig sei dieses Klientel aber auch gegen Windkraft, Stromleitungen, Photovoltaik und dergleichen.

Für ihn steht fest, dass die Regierung Tempo zulegen muss, um den Klimaschutzplan einhalten zu können. Dabei spricht er von einem dreifachen Ausbau der erneuerbaren Energien. Dazu gehöre neben dem Bau von Stromleitungen, der Ausbau von Wind- und Solarenergie "und das auch bei uns in der Region".

Das Thema Energie und Klimaschutz steht schon seit Jahren in der Glasindustrie auf der Tagesordnung. So fand im Frühjahr 2019 beispielsweise eine von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE) initiierte Veranstaltung mit Vertretern der Glasindustrie, der Gewerkschaft und der Politik statt, in der die "Tettauer Erklärung" verfasst wurde.

Damals meldeten sich die Unternehmer Nikolaus Wiegand (Wiegand-Glas-Unternehmensgruppe), Carl-August Heinz (Heinz Glas) und Bernd Hörauf (Gerresheimer Glas) mehrmals zu Wort. Insgesamt wurden die Energiewende und der Klimaschutz befürwortet. Kritisiert wurde der aus Sicht der Redner undurchdachte Vollzug, der für die Glasindustrie mit Wettbewerbsnachteilen verbunden ist.

Wie der Geschäftsführer der IG BCE, Holger Kempf, nun auf Nachfrage erklärte, sei die Tettauer Erklärung an verschiedene politische Stellen übergeben worden. Er betonte, dass man diesbezüglich an einem Strang ziehe.

Labile Energieversorgung

Bei einem Gespräch vor wenigen Wochen sprach Carl-August Heinz von einer heute schon labilen Energieversorgung. Die Politik nehme diese Situation zwar ernst, wolle sich aber mit niemandem anlegen. "Wir sind ein schizophrenes Volk geworden", so Carl-August Heinz. Jeder ist gegen alles. Der Unternehmer spricht davon, dass 80 Prozent der Bürger für Windkraft seien.

Für ihn steht fest, dass es nach der Abschaltung der Atomkraftwerke ohne die Windkraft nicht gehen werde. Die Höhenzüge des Thüringer Waldes und des Frankenwaldes seien windreiche Gebiete, hier könnte verbrauchernah grüner Strom gewonnen werden, ist Carl-August Heinz überzeugt. Er spricht davon, dass drei Windräder 150 Hektar Solarfläche und auch die Energie für die Glashütte ersetzen könnten.

Heinz äußerte sein Unverständnis dahingehend, dass der Landkreis in einer Resolution den Bau von Windrädern im benachbarten Thüringen abgelehnt hat. Auch Solarflächen an einem verwilderten Bahndamm in Ludwigsstadt wurden verhindert.

Bevölkerung mitnehmen

Außerdem stellt er klar, dass es nicht stimme, dass die Glasindustrie von der EEG-Umlage entlastet werde. Sie erhalte zwar eine Teilentlastung, aber "wir bezahlen weit mehr als das, was wir erlassen bekommen!"

Bei der Frage an Gerhard Wunder, ob sich denn am "runden Tisch" etwas bewegen könnte, meinte er: "Windkraft ist schon möglich, allerdings müssen hier die Bevölkerung mitgenommen und die Belange von Interessensverbänden und Behörden gehört werden." Letztendlich bedeute das: "Die Bürger müssen es wollen."