Forstunternehmer fürchten um ihre Existenz

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Die Unternehmer Reinhard Müller-Gei (links) und Ralf Kremer beleuchteten das Gebiet, das für einen Nationalpark Frankenwald infrage kommen könnte. Foto: Veronika Schadeck
Die Unternehmer Reinhard Müller-Gei (links) und Ralf Kremer beleuchteten das Gebiet, das für einen Nationalpark Frankenwald infrage kommen könnte.  Foto: Veronika Schadeck

In Neuengrün trafen sich in erster Linie Forstdienstleister, um über einen möglichen Nationalpark Frankenwald zu reden. Die Diskussion verlief emotional.

Während draußen die Wallfahrtsprozession zu hören, suchte mancher im Saal der Gastwirtschaft "Hildner" vergeblich einen freien Platz. Groß war das Interesse an der Veranstaltung, zu der Forstdienstleister zum Thema "Nationalpark Frankenwald" geladen hatten. Und so mancher Besucher mag das Lied "O Maria hilf" als Zeichen verstanden haben.

In der Versammlung wurde sachlich und kontrovers, aber mitunter auch emotional diskutiert. Dabei zeichnete sich ab, dass die Mehrheit, einem Nationalpark skeptisch gegenübersteht. Es fielen Aussagen wie "Wir verkaufen unsere Seele nicht", "Meine Oma würde sich im Grab umdrehen" oder "Ein stolzer Frankenwäldler hält seinen Wald zusammen". Und trotzdem: Am Ende zeigte sich die überwiegende Mehrheit bereit für einen Dialog. Man will nicht, dass wegen des Naturparks Gräben aufgerissen werden, in denen der Frankenwald als gespaltener Wald hervorgeht.

Eines wurde an diesem Abend deutlich: Es bestehen viele Unsicherheiten und eine Menge an Informationsbedarf. Abgestimmt wird letztlich freilich im Landtag, und das - so war von MdL Ludwig Freiherr von Lerchenfeld (CSU) zu hören -, in nichtöffentlicher Sitzung.

Vor Ort in Neuengrün waren viele Forstleute und auch Mandatsträger aus den Frankenwaldgebieten, die nicht zum Landkreis Kronach gehören. Dazu gehörten der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU), der Hofer SPD-Landtagsabgeordnete Klaus Adelt (SPD) und eben Ludwig Freiherr von Lerchenfeld. Es kam zum Ausdruck, dass sich die Forstleute um die Ökologie des Waldes, um die Schwarzwildproblematik und natürlich um den Erhalt von Arbeitsplätzen sowie um ihre Existenz sorgen.

Wie stehen Forstunternehmen zu einem Nationalpark? Wie groß ist die Angst der Waldbesitzervereinigung vor einem harten Konkurrenzkampf? Was wird aus dem privaten Wald, wenn der Borkenkäfer sein Unwesen treibt? War die Hege und Pflege des Frankenwaldes in den vergangenen Jahren umsonst? Sind bei einem Nationalpark Bereiche des Frankenwaldes für die Bevölkerung nicht mehr zugänglich? Was wird aus der heimischen Landwirtschaft? Was ist mit der Bejagung? Wo gibt es Unterstützung? Werden käferbefallene Fichten wirklich Touristen anlocken? Das alles waren die Fragen des Initiators der Veranstaltung, Ralf Kremer aus Steinbach bei Geroldsgrün (Landkreis Hof).

Sägewerksbesitzer Reinhard Müller-Gei (Wallenfels) gab einen Überblick über die Situation. 10 000 Hektar Wald sollen herangezogen werden. 7000 Hektar an Staatsforst kämen direkt aus dem Frankenwald, der Rest müsse vom angrenzenden Thüringen hinzugenommen werden. Nach seinen Informationen stünde der thüringische Ministerpräsident Bodo Ramelow dem Vorhaben aufgeschlossen gegenüber.

Müller-Gei sieht darin ein Problem, dass nur Flächen vom Staatsforst verwendet werden sollen, diese oftmals aber gar nicht zusammenhängend sind. "Was passiert mit den Flächen dazwischen, die sich in privater Hand befinden?"


100 000 Festmeter fallen weg

Bezüglich des wirtschaftlichen Aspekts der Sägewerker sprach der Unternehmer von 240 Mitarbeitern in der Branche und davon, dass der Frankenwald eine Einschnittskapazität von jährlich 350 000 Festmetern an Holz aufweise. Er gehe davon aus, dass bei einem Nationalpark 100 000 Festmetern wegfallen würden. Die Forstdienstleister müssten also Holz ebenso wie Hackschnitzel importieren.

Müller-Gei sieht in der Idee eines Nationalparks Frankenwald eine Notlösung, da in anderen Gebieten wie dem Steigerwald das Projekt auf großen Widerstand stieß. Insgesamt hofft Müller-Gei auf den "Verstand der Bevölkerung". "Der eine oder andere werde bei einem Nationalpark das Geld sehen, sollen wir aber deshalb unsere Heimat aufgeben?"

Der Geschäftsführer des Sägewerkverbandes, Jochen Winning, sprach sich gegen einen Nationalpark aus. Es würde dadurch einen Kampf um den einzigen Rohstoff geben, den es in der Region gibt, nämlich um das Holz.
Der Vorsitzende des Frankenwaldvereins, Dieter Frank, bangte um das Engagement seiner Mitglieder. Zahlreiche Wanderwege hätten diese hergerichtet, der Frankenwald habe deshalb als erste Region in Bayern die Auszeichnung "wanderbares Deutschland" bekommen. "Ich finde es nicht gut, dass Anträge über die Köpfe der Bürger hinweg formuliert werden."

Offiziell habe er nichts von den Plänen gewusst, so MdL Klaus Adelt (SPD), der Mitglied im Umweltausschuss ist. Seiner Ansicht eignet sich der Frankenwald als Nadelwald nicht für einen Nationalpark. Außerdem erhalte man für einen Baumwipfelpfad unabhängig davon Zuschüsse.

Der Hofer Landrat Oliver Bär (CSU) sprach von vielen E-Mails von Bürgern, die in einem Nationalpark auch große Chancen sehen. Er selbst sieht das anders: "Mir gefällt der Frankenwald so, wie er ist."

Freiherr von Lerchenfeld sagte, man wolle versuchen, über den Naturpark Frankenwald mehr Zuschüsse zu generieren. Er appellierte an die Anwesenden, den Dialogprozess nicht zu stören, sondern Fragen zu bündeln. Er hielt die Ausweisung von kleineren Naturschutzgebieten für sinnvoller. Bei der Frage, wie er denn als MdL und gleichzeitiger Waldbesitzer im Landtag abstimmen würde, verwies er auf die Nichtöffentlichkeit. Er sagte aber: "Der Nationalpark ist nicht die Meinung der CSU-Fraktion im Landtag, sondern die Meinung eines Einzelnen."
Die Bürgermeister Jens Korn (CSU/Wallenfels) und Michael Pöhnlein (FW/Nordhalben) warnten vor Schnellschüssen. Man sollte alles, sowohl die Chancen als auch die Risiken, abwägen. Zunächst gelte es, in der Dialogphase viele Informationen zu sammeln. Man sollte nicht außer acht lassen, dass man mit Staatsmitteln eine touristische Struktur aufbauen könne. Und dennoch: Es dürfe keine Verlierer geben, betonte Jens Korn.


MdL Jürgen Baumgärtner nimmt Stellung


Bei der Zusammenkunft der Forstdienstleister war Jürgen Baumgärtner, der einen Nationalpark Frankenwald ins Spiel gebracht hat, nicht anwesend. Auf Anfrage erklärte er, dass er dem Initiator Ralf Kremer äußerst dankbar sei für die Einberufung dieser Versammlung. Die Zusammenkunft habe gezeigt, dass viele berechtigte Fragen vorhanden sind, die geklärt werden müssen. Er freue sich deshalb, dass die Forstdienstleister und alle beteiligten Interessengruppen am nächsten Freitag beim Dialog mit der Umweltministerin Ulrike Scharf in Neukenroth teilnehmen werden.

Gerne wäre er bei der Veranstaltung in Neuengrün dabei gewesen, ihm sei aber nahe gelegt worden, der Veranstaltung fernzubleiben. Umso überraschter sei er, dass andere Landtagsabgeordnete eine Einladung hatten. Kritisch äußert er sich über seinen CSU-Kollegen im Landtag, Freiherr von Lerchenfeld. Dessen gesamtes Handeln sei der Förderung des Dialogs nicht dienlich.

Außerdem gehe es nicht darum, ob der Frankenwald ein Nationalpark wird oder nicht, betont Baumgärtner. Es gehe vielmehr um ein Angebot der Bayerischen Staatsregierung, das mit hohen Förderungen verbunden ist. Er wäre ein schlechter Abgeordneter, wenn er dieses Angebot nicht prüfen und er in seiner Heimat zusammen mit den Bürgern nicht darüber diskutieren würde, erklärt Baumgärtner. Ein Nationalpark sei schließlich mit vielen Chancen für die Region verbunden. Baumgärtner verspricht, dass es beim Dialog mit der Ministerin viele Antworten auf vorhandene Fragen geben wird.


Kommentar von Alexander Löffler

D ass ein möglicher Nationalpark Frankenwald kontrovers diskutiert wird, ist angesichts der Tragweite des Projekts nicht überraschend. Dass allerdings bei der Veranstaltung in Neuengrün unter anderem Politiker aus dem benachbarten Landkreis Hof vertreten waren, der für den Vorschlag verantwortliche Landtagsabgeordnete Jürgen Baumgärtner aber nicht willkommen war, muss zumindest verwundern. Mit Sicherheit hätte dieser bereits die eine oder andere offene Frage beantworten können... Dennoch muss es es als Erfolg bezeichnet werden, dass trotz der aktuell überwiegend ablehnenden Haltung der Forstunternehmer nun auch diese bereit sind, in den Dialog einzutreten. Denn nur wenn alle Interessensgruppen zu Gesprächen bereit sind, und das scheint aktuell der Fall zu sein, können alle Argumente ausgetauscht werden. Und ausschließlich dann wird es möglich sein, die für die Region beste Entscheidung zu treffen.