Zahlreiche Anwohner wünschen sich, dass im Ziegelwinkel Pläne für eine Querspange umgesetzt werden, um die Verkehrslage zu entspannen.
Dem Anwohner Werner Weber wächst der Verkehr im Ziegelwinkel langsam über den Kopf hinaus. Damit steht er nicht alleine da. Die vielen in den vergangenen Jahren neu errichteten Wohnhäuser sorgten dafür, dass die Zahl der Autos in der Ringstraße um ein Vielfaches gestiegen ist. Freie Parkmöglichkeiten - für Anlieger wie Besucher - wurden im gleichen Atemzug zur Seltenheit. So schildert Weber die Situation, wie sie sich für ihn und Dutzende andere Anwohner im Ziegelwinkel darstellt.
Nach Ansicht der Initiative "Nachbarn vom Ziegelwinkel", in dessen Organisationsteam Weber sitzt, könnte eine Straßenspange für Abhilfe sorgen. 93 Unterschriften hat Weber dafür zusammen mit dem Leiter der Initiative, Thomas Christel, gesammelt und dem Bürgermeister zukommen lassen.
Doch es gibt auch andere Stimmen, wie unsere Nachfrage beim Stadtoberhaupt und der Verwaltung ergibt. Dort will man eine Entscheidung daher erst fällen, wenn alle Argumente gut abgewogen wurden. "Als wir die Unterschriften gesammelt haben, habe ich keine negativen Stimmen gehört", erklärt Christel. Bei den direkten Anwohnern habe es die Initiative allerdings gar nicht erst probiert, Unterschriften einzuholen. Er hofft, dass sich mit der Querspange die Verkehrsituation entzerrt. "Gerade der vordere Teil des Ziegelwinkels würde entlastet werden", sagt Christel.
Kaum mehr freie Bauflächen
Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein (FW) und Georg Köstner von der Stadtverwaltung stellen fest, dass es die Planungen für eine Spange aus der Mitte des vergangenen Jahrhunderts wirklich gibt. "In einem damals so genannten Baulinienplan", erklärt Köstner zum Konzept aus den 1950er Jahren.
Darin war eine Verbindungsstraße vorgesehen, die von der Kurve beim Tüv zur hinteren Teilstraße des Ziegelwinkels führen sollte. Eben dorthin, wo viele der Neubauten entstanden sind, deren Bewohner und Besucher nun rings ums Wohngebiet herumfahren müssen, um in die Innenstadt oder zu einer Fernstraße zu kommen, wie aus Webers Schilderung hervorgeht. Der Anwohner spricht weiter von etlichen Baustellenfahrzeugen wegen der Neubauten, die auf Grund der zahlreich am Straßenrand parkenden Autos auch schon mal auf den Gehsteig ausweichen und zudem die ohnehin schlechte Straßendecke noch mehr beschädigen.
Beiergrößlein sieht es auch so, dass der Baustellenverkehr in der jüngeren Vergangenheit eine Zusatzbelastung für die Anwohner war. Doch das Potenzial an Bauplätzen im Ziegelwinkel sei so gut wie ausgereizt, weshalb sich dieses Problem von selbst lösen sollte. Wie es dann um den Verkehr bestellt sein wird, will der Bürgermeister genau prüfen lassen. Dazu könnte seiner Meinung nach eventuell auch eine Verkehrszählung beitragen.
Die Unterschriften der Spangen-Befürworter habe sich Beiergrößlein zu Herzen genommen. Aber es gebe auch Gegner dieser Forderung, deren Argumente ebenso gehört werden müssten.
Das verwundert nicht, würde der Neubau einer Straße finanziell doch ganz wesentlich zu Lasten der wenigen Anlieger an dieser neuen Verbindung gehen. Eine neue Straße würde ersten Schätzungen nach deutlich über 200 000 Euro kosten. Die Stadt müsste zehn Prozent davon tragen und 90 Prozent auf die Anlieger umlegen. Das würde Kosten von durchschnittlich jeweils etwa 40 000 Euro pro Grundstück bedeuten.
In den Startlöchern
Davon könnte auch die Oberfränkische Baugenossenschaft betroffen sein. Sie hat im Bauausschuss die Zustimmung zu ihrer Bauvoranfrage für eine Wohnanlage in diesem Bereich erhalten. Die Kalkulation der Gesellschaft würde durch fünfstellige Mehrausgaben natürlich beeinträchtigt. Das sieht auch Alexander Kleylein so, einer der Vorstände der Oberfränkischen Baugenossenschaft.
"Wir warten nur, dass das mit der Straße geklärt ist", stellt er fest, in den Startlöchern für den Bau der Anlage mit zehn Wohneinheiten zu sitzen. Das Gebäude werde separat erschlossen, alle anderen Anwesen in dem Bereich seien bereits erschlossen - eine neue Straße brauche es aus seiner Sicht daher nicht. "Sie würde unsere Baukosten in die Höhe treiben", betont Kleylein, der auf Grund der Grundstücksgröße durchaus mit einem Kostenanteil von an die 100 000 Euro für seine Firma rechnen würde. Letztlich würde sich eine solche Ausgabe auf die Miete auswirken.
Sollte die Spange doch in Erwägung gezogen werden, würde sich Kleylein zumindest wünschen, dass alle ins Boot geholt werden - auch die Befürworter aus der baulich gesehen zweiten Reihe. Sonst müssten nur die unmittelbaren Anlieger die Zeche für eine Straße zahlen, die sie selbst gar nicht interessiere.
Und zu den Kosten für die Straße kämen laut Köstner auch noch die Investitionen für den Grunderwerb. Nur etwa die Hälfte der benötigten Fläche gehört bereits der Stadt. Den Rest müsste sie zukaufen - und wieder zu 90 Prozent auf die Anlieger umlegen.
Was die fehlenden Stellplätze betrifft, betont Köstner, dass es für frühere Bauvorhaben zum Teil gar keine Vorgaben gegeben habe. Das verschärfe die Situation. Ausweichflächen für zusätzliche Parkmöglichkeiten sieht er im Ziegelwinkel kaum.
Sensibles Thema
Das alles macht die Entscheidung nicht leichter. Beide Seiten haben Argumente, die stichhaltig sind. "Es ist ein sehr sensibles Thema", meint Beiergrößlein, der deswegen keinen Schnellschuss will. "Wir prüfen die Angelegenheit in alle Richtungen." Im ersten Quartal 2017 will er das Thema im Stadtrat auf den Tisch bringen.
Einen kleinen Lichtblick kann er vorab jedoch allen Anwohnern geben. Der schlechte Straßenzustand ist von der Stadt längst zur Kenntnis genommen worden. Hier wären Verbesserungen vermutlich schneller zu erreichen als der Bau einer Straßenspange, spekuliert das Stadtoberhaupt.