Mit der Ausstellung "Erinnere dich ans Fliegen" der iranischen Künslerin Leila startete die Galerie im Finanzamt ins Ausstellungsjahr 2016.
"Das ist mein Lieblingsbild", sagt Leila und zeigt auf ein großes Bild. Zärtlich umfasst darauf eine muslimische Frau mit ihren beiden Händen einen wunderschönen Vogel. Gedankenverloren schweift ihr Blick dabei in die Ferne: Es ist ein sehnsuchtsvoller Blick -Sehnsucht, der Wunsch nach Freiheit. "Das ist Partridge (Rebhuhn) - ein Vogel aus meiner Heimat. Er kann nur sehr niedrig fliegen und nicht hoch hinaus", erzählt die Künstlerin. Auch iranische Frauen wollten höher fliegen. Sie seien mutig und versuchten, alle Möglichkeiten dafür zu nutzen.
Eine dieser mutigen Frauen ist Leila, deren zutiefst berührende Bilder derzeit die Wände der Galerie im Servicezentrum zieren. Das beschriebene Bild "Anteil am Fliegen" steht symbolisch für ihre Ausstellung. Leila, die heute in Burgkunstadt wohnt, hat von 2001 bis 2003 an der Universität in Shiraz Kunst mit Abschluss studiert. Aktiv setzte sie das bei der Theatermalerei, bei der Restaurierung von alten Gemälden, aber auch bei der Verschönerung des Rathauses in Shiraz um. In ihrer Heimat konnte sie in Gruppen-Ausstellungen in Shiraz (2004 und 2011) ihre Arbeiten zeigen. Später stellte sie in Vancouver/Kanada (2015) aus.
2012 verließ die Künstlerin Persien aus politischen Gründen mit ihren beiden Töchtern Mona und Tina. Hier in Deutschland kann sie nun alle ihre Gedanken durch ihre Malerei ausdrücken, was ihr im Iran in weiten Teilen aufgrund der iranischen islamischen Verfassung versagt geblieben war.
Auch auf diese biografischen Aspekte von Leila ging Ingo Cesaro ein, der die Galerie konzeptionell betreut. Ihre Arbeiten hatte er bereits 2015 beim 10. Mitwitzer Künstler-Markt und bei der 33. Kunstmesse "Art
Kronach" in der Kronacher Synagoge gezeigt. Bereits damals fanden sie starke Beachtung. Mit dieser ganz besonderen Ausstellung bekenne man "nicht nur im übertragenen Sinn Farbe".
"Die Diskussion, die seit Monaten im Land läuft, ist nicht spurlos an der Künstlerin vorübergegangen", erklärte er. Der Titel "Erinnere dich ans Fliegen" sei selbsterklärend: Wer im Käfig sitze, denke ans Fliegen.
"Bei meinem ersten Durchgang habe ich zwei Arten von Bildern gesehen: einmal die negativen Auswirkungen ihrer Zeit im Iran aber auch andere Bilder, denen man nicht anmerkt, was sie erlebt hat und was sie bedrückt", erklärt Professor Horst Böhm, der Leila als "virtuos malende junge Frau" bezeichnete.
Die Bilder, die ihn am meisten beeindruckt hätten, seien die großen Porträts - beispielsweise jenes, auf dem sie sich eine Dornenkrone auf das Haupt gedrückt habe und damit auch den Hauch des christlichen Abendlands vermittle. Es freue ihn sehr, dass sie aber auch andere, positiv und optimistisch stimmende Bilder malen könne.
"Der Titel der Ausstellung ist sehr gut gewählt", zeigte sich Kronachs Zweite Bürgermeisterin Angela Hofmann sicher; assoziiere man Fliegen doch mit Freiheit - auch eine Freiheit der Kunst, die Leila in ihrem Heimatland nicht möglich gewesen sei und die sie nun in Deutschland vollends zum Ausdruck bringen könne. Die Gedanken anderer Kulturkreise in der Ausstellung anschauen zu dürfen, sei ebenso interessant wie beeindruckend.
Günter Wolkersdorfer, Leiter des Finanzamts Kronach, freute sich über den enormen Zuspruch der Vernissage. Die erste Einzelausstellung Leilas geriet zu einem Plädoyer gegen Unterdrückung, Zensur und Willkür und zugleich für Freiheit, Verständigung und Toleranz: Das geht tief unter die Haut. Ihre von Peter Bannert gehängten Bilder wie beispielsweise "Mädchen ohne Vaterland", "Die Geburt, "Der Traum vom Fliegen", "Schweigen" oder "Erleuchtet" offenbaren Leilas Seelenzustände und zeigen ihre Verletzungen, erlitten unter den Zwängen des iranischen Regimes. Aber sie schenken auch so viel Hoffnung - Hoffnung, die diese Welt gerade in Zeiten wie diesen so bitter notwendig hat.