"Die Bambergers" heißt eine Ausstellung über die Geschichte einer jüdischen Familie aus Kronach. Sie wird am Montag um 16 Uhr in der Synagoge eröffnet. Rund 20 Nachkommen von Marie und Max Bamberger werden - zum Teil von weit her - anreisen.
Odette Eisenträger-Sarter und Gisela Zaich stehen vor einer großen Tafel, auf der unter anderem Ernst Bamberger und seine Ehefrau Martha zu sehen sind. Das Ehepaar lebte in Frankfurt am Main mit den beiden Söhnen Max und Werner. Im Zuge der Novemberpogrome verhaftete man Ernst Bamberger und verschleppte ihn in das Konzentrationslager Buchenwald, wo er unter den grausamen Misshandlungen und Haftbedingungen am 9. Dezember 1938 starb.
Der Prokurist war eines von neun Kindern von Marie und Max Bamberger - einer in Kronach verwurzelten, sehr angesehenen Familie. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurden sie Opfer von Mord und Vertreibung.
Es ist eine "schlichte" Ausstellung, die in der Kronacher Synagoge zu sehen ist. Große Tafeln mit Texten, Bildern zu Familienereignissen, Kindheitsbildern aber auch Diplomen und Zeugnissen sowie einem Stammbaum informieren über die Bambergers.
Einzigartige Dokumente Georges Segal, Enkel des in die Schweiz ausgewanderten Bamberger-Sohnes Heinrich, hat vor drei Jahren Kontakt zum Aktionskreis Kronacher Synagoge aufgenommen. Er bot Hunderte von Familienfotos, Ansichtskarten, Briefe und Dokumente aus der Zeit seiner Groß- und Urgroßeltern für eine Ausstellung an. Diese Zeitdokumente stellen einen so umfassenden Fund dar, wie er für eine jüdische Familie aus Deutschland einzigartig ist.
Die Ausstellung beleuchtet anhand der Geschichte der Familie Bamberger exemplarisch die deutsch-jüdische Geschichte in der Zeit zwischen deutscher Reichsgründung 1871 und Drittem Reich beziehungsweise den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die weitverzweigte Familie, deren Kern die neun zwischen 1870 und 1886 geborenen Geschwister bilden, ist in vielerlei Hinsicht repräsentativ für die Geschichte der deutschen Juden in dieser Zeit. So berichten die einzelnen Biografien der Familienmitglieder ebenso von erfolgreicher Emanzipation und beruflichem Aufstieg wie auch von gelungener oder gescheiterter Auswanderung in Zeiten des Nationalsozialismus.
Gebildete, vornehme Familie "Die Ausstellung dokumentiert die Geschichte einer gebildeten, vornehmen Kronacher Familie jüdischen Glaubens, für die sich ab 1933 alles grundlegend verändert hat. Wir wollen damit auch zeigen, wie rechtschaffenen und anständigen Menschen von heute auf morgen die Lebensgrundlage entzogen, das Leben bedroht und genommen wurde", erklärt Odette Eisenträger-Sarter, Vorsitzende des Aktionskreises Kronacher Synagoge.
Viele der Mitglieder arbeiteten in ihrer Freizeit an der Umsetzung dieser umfangreichen Ausstellung. Die Mutter von Georges hatte nie die Kraft oder Zeit, die Fotos zu ordnen oder Hinweise auf ihre Herkunft zu geben. Aufbewahrt wurden die Dokumente in einer Wäschekommode, die auch in der Ausstellung zu sehen ist. Sie stammte wohl aus dem Besitz der Großeltern Bamberger.
Als Georges Segal und seine Ehefrau Margaret sein Elternhaus vor über 20 Jahren übernahmen, wanderte der Inhalt der Kommode in einen hölzernen Offizierskoffer. Die Sammlung geheimnisvoller Fotos und Papiere weckte das Interesse von Margaret, einer passionierten Ahnenforscherin, und wurde Ausgangspunkt ihrer akribischen Forschung.
Vor zwei Jahren reiste das Ehepaar Segal nach Kronach. Hier sichteten Gisela Zaich sowie Peter und Ingrid Steinhäußer erstmals das Material.
Bis dahin hatte der Aktionskreis keine Fotos von den einst in Kronach lebenden jüdischen Familien. Bald kristallisierte sich die Idee heraus, in der Synagoge eine Ausstellung zu organisieren.
Für die grafische Umsetzung wandte man sich an das Büro Rolf Hering. Christian Porzelt, der Geschichte studiert, bereitete den geschichtlichen Hintergrund wissenschaftlich auf. Alle vorhandenen, mehr als 200 Bilder und Dokumente wurden eingescannt. Nahezu alle wurden in den Begleit-Katalog zur Ausstellung aufgenommen und erklärt.
Die Sammlung war so umfangreich, dass man nicht alles bei der Ausstellung zeigen kann. Bei der Ausstellung laufen die Bilder in einer Diashow in einem Fernseher. Originaldokumente sind in zwei Vitrinen ausgestellt. Georges Segal hat einen Text aufgesprochen, der an einer Hörstation abgerufen werden kann.
Dass rund 20 Nachkommen der Bambergers im Alter von 20 bis 90 Jahren zur Ausstellung anreisen freut Odette Eisenträger-Sarter und ihre Stellvertreterin Gisela Zaich ganz besonders. Die Gäste kommen am Sonntagabend mit dem Zug oder Auto in Kronach an. Am Montagmorgen ist ein Empfang bei Bürgermeister Wolfgang Beiergrößlein vorgesehen sowie ein Stadtrundgang mit Christian Porzelt. Um 16 Uhr wird die Ausstellung eröffnet. Am Dienstag begibt sich die Familie auf Spurensuche in Oberfranken.
"Wir sind schon voller gespannter Vorfreude auf die Gäste und sehr aufgeregt", gestehen Eisenträger-Sarter und Zaich. Die Beiden hoffen, dass viele Interessierte - gerade auch junge Leute und Schulklassen mit ihren Lehrern - die Ausstellung besuchen. Am 9. Juni findet hierfür auch eine Lehrer-Fortbildung statt.
Die Schau ist als Dauerausstellung konzipiert, die auch portabel ist.
Nach der "offiziellen" Ausstellungsdauer bis zum 30. August wird sie ab September auf der Frauen-Empore der Synagoge aufgebaut.
Die Öffnungszeiten sind Sonntag, Dienstag bis Freitag: 14 bis 17 Uhr, Samstag 10 bis 13 Uhr und nach Vereinbarung. Montag geschlossen. Der Eintritt ist frei.