Die Schallplatte der Fotografie

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Voll im Trend: Etwa 20 Prozent aller in seinem Geschäft verkauften Kameras sind Sofortbildkameras, sagt Ulf Krause, Inhaber von Foto Dölling in Kronach. Foto: Cindy Krause
Voll im Trend: Etwa 20 Prozent aller in seinem Geschäft verkauften Kameras sind Sofortbildkameras, sagt Ulf Krause, Inhaber von Foto Dölling in Kronach. Foto: Cindy Krause

Sofortbilder erfreuen sich momentan großer Beliebtheit - gerade bei einer Zielgruppe, die die Hochphase dieser Technologie gar nicht miterlebt hat.

Irgendwo zwischen den Dr.-Sommer-Fragen und ihrem Starschnitt spekuliert die Bravo über die Zukunft: "Sind Leer-Cassetten der Tod der Schallplatte?", fragt die Jugendzeitschrift im August 1977. Ihr Fazit: Das Ende sei noch nicht in Sicht. Noch gebe es keinen vollwertigen Ersatz. Den sah die Phonoindustrie Anfang der 1990er Jahre mit der Audio-CD schließlich gefunden, als die wichtigsten Musik-Konzerne das Ende der Vinyl-Scheiben verkündeten.

Doch Tod war sie nie. Seit sieben Jahren steigen nicht nur wieder die Schallplattenverkäufe, sie haben sich sogar verdreifacht. Von 0,6 auf knapp zwei Millionen. Todgesagte leben länger. Auch wenn die nachfolgende Technologie nach objektiven Kriterien deutlich überlegen ist - nicht nur in der Musik-Branche. Denn der Trend zu alten, analogen Produkten greift um sich.


"Ein richtiger Hype"

Die Schallplatte der Fotografie heißt Sofortbildkamera. Den besten Beweis habe wohl die Kronacher XXL-Einkaufsnacht Anfang Mai gegeben, glaubt Ulf Krause. "Da klebten junge und ältere Leute mit der Nase förmlich an der Schaufensterscheibe", erzählt der Inhaber von Foto Dölling in Kronach und muss schmunzeln. "Das ist schon ein richtiger Hype, der in den letzten ein bis zwei Jahren entstanden ist."

Ob klassisch schwarz, lila, gelb, rosa oder rot: Die handflächengroßen Kameras mit Plastikgehäuse bieten sich den neugierigen Nasen in den unterschiedlichsten Farben an. Die größte Nachfrage gebe es für die Instax Mini 8 der Firma Fujifilm, sagt Krause.

Das japanische Unternehmen hat den einstigen Marktführer Polaroid, der 2001 nach einer Insolvenz neugegründet wurde, längst von der Spitze verdrängt. Krause vermutet, dass das vor allem an den Kosten liegt. Während die Polaroid-Modelle zum Teil an die 300 Euro kosten, sind die der Konkurrenz aus Asien schon für deutlich unter 100 Euro zu haben. "Instax-Apparate sind oftmals Spontankäufe", meint Krause. "Der Preis ist noch überschaubar und dann gibt es die für die Kinder eben mal zwischendurch oder zur Kommunion beziehungsweise Konfirmation." Inzwischen seien schon an die 20 Prozent der Kameras, die über seine Ladentheke gehen, in der Lage, fertige Bilder auszuspucken.


Vom großen Interesse überrascht

Besonders beliebt seien die Kameras allerdings nicht bei Erwachsenen, die die Sofortbildtechnik teilweise noch selbst benutzt haben, sondern bei einer Altersgruppe, die bereits im digitalen Zeitalter aufgewachsen ist. "Käufer sind eher die Zehn- bis 25-Jährigen, oder die Oma, die es für den Enkel kauft", weiß Krause. Ältere verstünden oft gar nicht, was jüngere Generationen an der alten Technik finden - schließlich gebe es doch längst eine viel ausgefeiltere.

Aber was fasziniert eine Altersgruppe, der das Wort "Röhrenfernseher" inzwischen wahrscheinlich ebenso fremd ist wie "Wählscheibe" an einem derart analogen Produkt wie einer Sofortbildkamera? "Die ganzen digitalen Bilder verlieren sich ja auf dem Handy oder auf dem Computer", vermutet Krause. Ausgedruckt würden sie nur äußerst selten. "Hier kommen die Bilder raus und man hat sie sofort, kann sie zeigen oder gleich verschenken." Krause geht davon aus, dass die Kameras vor allem für Reisen oder auf Partys eingesetzt werden.

Überrascht war auch Thomas Stadelmann vom großen Interesse junger Leute an der alten Technik. "Die ganzen gebrauchten Polaroid-Kameras von damals haben ja nur noch Schrottwert, waren bei unserer letzten Fotobörse aber sehr beliebt", sagt der Zweite Vorsitzende der Fotofreunde Steinberg. Auch die Kosten für die dafür nötigen Filme hätten nicht abgeschreckt. Etwa ein Euro kostet jeder Druck auf den Auslöser. Da überlegt man sich genau, ob es ein Motiv wirklich wert ist, abgelichtet zu werden. Womöglich liegt jedoch genau dort ein weiterer Erklärungsansatz für das Instax-Phänomen: der Blick fürs Motiv wird geschärft.

Der Trend scheint aber nicht überall im Landkreis angekommen zu sein. Im Kronacher Expert-Markt etwa ist keine Sofortbildkamera mehr im Sortiment zu finden. "Vor drei bis vier Monaten hatten wir mal die Variante von Polaroid in der Werbung, aber da war die Nachfrage nicht sehr groß", erzählt Christian Michalka, Abteilungsleiter für Foto und Navigation.

Obwohl Stadelmann in Steinberg erlebt hat, dass Interesse an Sofortbildkameras besteht, glaubt er nicht, dass der Trend anhält. "Das ist eine Luftblase, die sich auch schnell wieder auflösen wird", vermutet der 56-Jährige. Doch Todgesagte leben ja bekanntlich länger.

Hintergrund: Foto auf Knopfdruck

Die gängigen Sofortbildkameras unterscheiden sich in erster Linie über die Bildformate. Während das klassische Polaroidbild 7,7 mal 7,9 Zentimeter groß ist, ähneln die Bilder der Instax mini in der Größe einer Visitenkarte (8,6 mal 5,4 Zentimeter). Es gibt aber auch größere Varianten.

Die erste Sofortbildkamera entwickelte der Amerikaner Edwin Herbert Land 1947 und brachte sie mit seiner Firma Polaroid auf den Markt. 1999 folgte Fujifilm mit den ersten Instax-Kameras.

Kommentar von Lisa Kieslinger: Dem Instax-Wahn verfallen

Jedes Bild, dass man mit einer Sofortbildkamera macht, muss wohl überlegt sein. Passt das Licht und wie will ich das Motiv überhaupt in Szene setzen?

Dinge, über die man plötzlich wieder anfängt, nachzudenken, wenn ein Bild einen Euro kostet. Und genau das macht für mich den Reiz an Sofortbildkameras aus: Weg vom wahllosen fotografieren ganz nach dem Motto: "Die Bilder kann ich am Ende 'eh noch aussortieren", hin beziehungsweise zurück zum Besonderen. Schließlich hat man sich früher auch genau überlegt, welche Momente es tatsächlich wert sind, fotografisch festgehalten zu werden, da der Film nur eine gewisse Kapazität hatte. Mit meiner Spiegelreflex ist es mir schon öfters passiert, dass ich nach einem Wochenendausflug mehrere hundert Bilder auf der Speicherkarte hatte, die erst einmal durchforstet werden mussten.

Und zugegeben: Von der Masse an Bildern hängt man sich dann wahrscheinlich nur eins in die Wohnung. Die restlichen Bilder verstauben dann sowieso nur auf der Festplatte und werden kaum mehr angeschaut.