Die neue Heimat der Musikszene in Kronach ist bei Holly's

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Paul (links) und Garri spielen beim Musikerstammtisch in "Holly's Cinema Bar" eine fetzige Polka. Die beiden haben schon öfter zusammen gespielt. Foto: Dominic Buckreus
Paul (links) und Garri spielen beim Musikerstammtisch in "Holly's Cinema Bar" eine fetzige Polka. Die beiden haben schon öfter zusammen gespielt. Foto: Dominic Buckreus
Mit Bass und Keyboard wird es gefühlvoller bei Neil Youngs "Heart of Gold". Foto: Dominic Buckreus
Mit Bass und Keyboard wird es gefühlvoller bei Neil Youngs "Heart of Gold". Foto: Dominic Buckreus
 
Foto: Dominic Buckreus
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Foto: Dominic Buckreus
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Frankie an der Gitarre Foto: Dominic Buckreus
Frankie an der Gitarre Foto: Dominic Buckreus
 
Foto: Dominic Buckreus
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Foto: Dominic Buckreus
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Foto: Dominic Buckreus
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Im November hat sich in "Holly's Cinema Bar" in Kronach ein neuer Musikerstammtisch gegründet. Jeder kann mitmachen und mit Freunden oder Fremden jammen.

Drei Musiker sitzen in der Ecke gepfercht in "Holly's Cinema Bar". Keyboard, Akustik-Gitarre, Cajon - zwei von ihnen singen in die Mikros. "Friday I'm in love" von The Cure. Und verliebt scheinen sie, in ihre Instrumente, in die Musik. Auch wenn heute Donnerstag ist. Einen Namen hat die Formation nicht. Sie sind nämlich spontan zusammengekommen: heute ist Musikerstammtisch. Erst zum zweiten Mal findet er in der kleinen Kneipe neben dem Kino statt.

"Könnten wir da auch einfach mitspielen?", fragt ein Gast. Jeder kann mitspielen, erklärt Bar-Chef Tobias Holland, von allen nur Holly genannt. Instrument mitbringen und loslegen. Die Anlage gehört dem Haus und steht immer bereit. Genauso wie Gitarre und Cajon, einem Trommelinstrument. "Es kommt immer darauf an, was da ist. Heute hat einer sogar ein Keyboard mitgebracht", sagt Holly und lacht. Richtig glauben kann er es noch nicht, dass sein Stammtisch so schnell wächst.


Alles steht bereit

19 Uhr, kurz bevor das Event offiziell startet: Ein paar Gäste an den Tischen, einer sitzt am Tresen. Noch einen Burger und ein Bier zum Abendessen, hinter der Glasscheibe marschieren die Kinobesucher in die nächste Vorführung. An einem Tisch hat sich aber schon eine besondere Gruppe zusammengerottet. Sie wollen keinen Burger, kein Bier, keinen Film - sie wollen Musik machen. Das Keyboard steht in der Ecke schon bereit. Dazu eine Gitarre, zwei Mikros, zwei Cajons. Neben dem Mischpult steht ein halbleeres Weizenglas.

Um halb acht füllt sich langsam der Raum. Die Musiker stellen zwei Tische zusammen - jetzt ist es ein richtiger Stammtisch, so wie es auf der Tafel über ihnen mit weißer Kreide geschrieben steht.

Ein junger Mann in Lederjacke, Holger, spielt mit Schlagzeugbesen auf seinen Beinen. Er kann es wohl nicht mehr erwarten. Dann wagt er sich an das Keyboard, das er mitgebracht hat. Er stellt sein Tablet auf den Notenständer. Darin hat er wohl hunderte Songs gespeichert. Schnell schnappt sich Frankie die Gitarre. Erstmal stimmen, Tablet raus, kurzer Soundcheck, dann der erste Song: "Verdamp lang her", der Klassiker von BAP.


Spontan und unverbindlich

"Es war ganz spontan", sagt Holly, noch bekleidet in seiner Kochschürze. "Wir saßen zusammen und haben überlegt, wie wir Musiker unverbindlich zusammenbringen könnten." Im Sommer musste ein Konzert wegen Regen absagt werden. Zwei Bandmitglieder und ein weiterer Musiker sind dennoch aufgetaucht und haben spontan gespielt. Da sei Holly die Idee gekommen. Viel Zeit zum Reden hat er nicht. Er muss erstmal zurück in die Küche. Die Gäste haben Hunger.

Mittlerweile ist die Ein-Tages-Band gewachsen. Eine Frau singt. Sie habe vorher nur beim Karaoke mitgemacht - mit den anderen habe sie noch nie zusammen gespielt, erklärt Holly. Ein Mann mit rot-kariertem Hemd gibt den Rhythmus am schwarz und cremefarben gestreiften Cajon vor. Er nickt leidenschaftlich, fast gedankenverloren im Takt.


Den Nachwuchs fördern

Später gönnt sich Holly draußen eine Pause. Die Kochschürze hat er abgelegt. Er möchte vor allem den Musik-Nachwuchs ansprechen. "Wir wollen den jungen Musikern eine Chance geben, sich zu zeigen. Viele Möglichkeiten haben sie ja nicht", sagt er. Aber das dauert. Die Jungen würden sich noch etwas scheuen. Die Erfahrung fehlt. Dabei könnten sie von den Älteren viel lernen. "Hier ist keiner arrogant oder so", sagt Holly.

Alle paar Minuten kommt jetzt jemand in die Kneipe. Jeder begrüßt Holly, man kennt sich eben unter Musikern. Wieder hat einer von ihnen seinen Gitarrenkoffer dabei. Holly ist sichtlich erstaunt. Beim ersten Treffen im November waren vielleicht fünf oder sechs Leute da. Jetzt, um acht Uhr, tummeln sich schon rund 20 Musikbegeisterte im Vorderraum. Sie stimmen alle beim Refrain von "Über sieben Brücken musst du geh'n" ein.

Der neue Gitarrist, Garri heißt er, packt seinen Zwölfsaiter aus. "Zwölf Saiten sind sechs zu viel", sagt sein Gegenüber. "Quatsch", antwortet Garri. Er dreht sich nach rechts zu Paul: "Komm, jetzt spielen wir mal was fetziges."


Von Maffay zur Polka

Paul packt seine "Quetschn" aus und die beiden legen los mit ihrer Polka. Ein Tablet brauchen sie nicht. Die Tonart zu wissen, reicht. Ein energischer Auftritt. Der spiegelt sich auch im Gesicht von Garri wider. Beim Spielen zieht er die Augenbrauen nach oben, macht große Augen. Die Lippen fest aufeinander gepresst. Kräftige Schläge auf der Gitarre. Er schaut nach links, nach rechts, starrt Paul regelrecht an.

"Wahnsinn", sagt Holly, als er über die vielen Anfragen für Auftritte spricht. Weihnachten kommt etwa Roland Hagen. Unter anderem Mitbegründer der Rammstein-Coverband Stahlzeit. Er war schon beim ersten Stammtisch dabei. Die Austropop-Band "Servus Austria" hat Holly gebucht. Und der nächste Stammtisch wird auch gleich ausgemacht: Am 9. Januar.

Mittlerweile haben Paul und Garri eine Pause eingelegt. Das Anfangs-Ensemble hat wieder seinen Platz eingenommen, verstärkt durch einen Bassisten. Mit "Heart of Gold" von Neil Young wird es wieder gefühlvoller in der Bar.