In der 500 Jahre alten Markthalle feiert die Werkbühne den 450. Geburtstag von Lope de Vega - und zwar mit der "keuschen Witwe".
"Welche Freude, welches Glück, das war mal wieder ein schönes Stück", reimt Urban (Nadja Geuther), der Diener der keuschen Witwe am Ende der Premiere. Das fand das Publikum auch - dem Applaus und den begeisterten Gesichtern der Besucher nach zu urteilen.
Das Stück, das dem Publikum an diesem Abend dargeboten wurde, war wohl eines der klassischsten Mantel-und-Degen-Spektakel überhaupt.
Tollpatschige Verehrer Von tollpatschigen Verehrern - die versuchen, sich gegenseitig im Kampf um die Gunst der schönen, keuschen Witwe auszuspielen -, über die rabiate Zofe Julia - die im fränkischen Dialekt frischen Wind in die Handlung bringt und den Zuschauer zum Lächeln zwingt -, bis hin zur unnahbaren Schönen - die doch so fromm und spröde tut, jedoch im tiefsten Inneren lustvoll wie eh und eh ist -, beinhaltet das Stück einen obligatorischen Kern: die Liebe.
Schauplatz der Komödie ist Spanien, genauer: Valenzia. Hier trifft die hübsche Witwe Leonarda (Caroline Horn), begleitet von Urban, ihrem Diener (Nadja Geuther), und ihrer Zofe Julia (Anja Schindler) den Edelmann Camillo (Daniel Leistner). Leonarda, die immer noch ihrem verstorbenen Gatten hinterher trauert und keinen Mann mehr an sich heran lassen will, ist jedoch vom stattlichen Camillo angetan.
Daraufhin beschließt sie, ihre Zofe und Urban einzuweihen.
Zusammen mit ihren Vertrauten schmiedet sie einen Plan, denn sie möchte nicht, dass ihr guter Ruf eben als keusche Witwe mit einem tugendhaften Lebenswandel in Verruf gerät: Urban soll maskiert nochmals in den Park und versuchen, Camillo dazu zu bringen, bei Nacht in die Gemächer einer Verehrerin zu kommen. Auch Camillo soll sich vermummen, damit er sie nicht sehen kann und nicht weiß, mit wem er es zu tun hat.
Der Plan geht auf - Camillo ist alleine von der Stimme der schönen Witwe verzaubert. Die Sache hat jedoch einen Haken: Camillo hat Nebenbuhler, wenn man die tollpatschigen Verehrer der Witwe überhaupt als solche bezeichnen kann. Don Lisandro (Julia "Lobby" Knauer) und Don Velerio (Emanuel Bauer) versuchen sich zwar ständig gegenseitig auszuspielen, müssen aber doch zusammenarbeiten, um ihrem Ziel, die Gunst der Witwe zu erlangen, einen Schritt näher zu kommen.
Währenddessen kommt zu allem Übel noch der Onkel der Witwe (Gerald Fischer) mit der guten Absicht, seine Nichte wieder zu verheiraten, schließlich könne es sein, dass man in der Gesellschaft auf unerhörte Gedankenspinnereien komme. Er legt ihr deshalb ans Herz, den Heiratsvermittler (Dirk Stauch) zu empfangen, um ihren guten Ruf zu wahren.
Alt und hässlich? Wie durch Zufall treffen sich Leonarda und Camillo wieder im Park. Mit dem Unterschied: Er weiß nicht, dass sie seine Geliebte ist, denn er durfte sie ja nur im Dunkeln treffen.
Um seine Liebe zu testen, stellt Leonarda ihm provokative Fragen und er lässt verlauten, dass er die Treffen mit der unbekannten Schönen aufgeben will, denn er verstehe nicht, warum sie sich ihm nicht zeigen wolle. Leonarda versucht das zu verhindern, hat sie sich doch bereits unsterblich in "ihren" Camillo verliebt.
Ein zweiter Plan soll helfen: Sie bricht jeglichen Kontakt zu ihm ab, um sich interessanter zu machen. Jedoch wird ihr noch eine Hürde in den Weg gelegt: Bei einem nächtlichen Zwischenfall muss Urban seine Maske abnehmen und Camillo prägt sich das Gesicht des Dieners seiner Geliebten genau ein.Camillo könnte sie mit ihm zusammen auf der Straße sehen und sie wäre überführt. Deshalb beschließt Leonarda kurzum, Urban zu ihre alten Cousine in Stellung zu schicken. Prompt begegnet Camillo tatsächlich Urban - jedoch mit der betagten Cousine.
Der verwirrte Camillo zählt sofort eins und eins zusammen und für ihn gibt es nur eine Möglichkeit: Seine Geliebte kann nur alt und hässlich sein - weshalb, so schließt sich für ihn der Kreis, er sie nur bei bei Nacht und in der Dunkelheit lieben durfte. Für ihn gibt es nur eine Möglichkeit und die bedeutet Rache. Er schreibt ihr einen Brief, in dem er ihr unmissverständlich mitteilt, dass er sie durchschaut habe. Verpackt in Reim und Vers wie hässlich und verbraucht sie ist, macht er seinem Ärger Luft. Urban befielt er den Brief an seine Geliebte zu überreichen.
Am Ende klärt sich jedoch alles auf.: Leonarda zeigt sich ihm in ihrer vollen Schönheit- ohne Maske. Die beiden liebestollen Nebenbuhler geben auf und überlassen Camillo das Feld und auch der Onkel gibt seinen Segen
Fazit Alles in allem wurde den Besuchern ein aufregendes Stück mit viel Aktion geboten. Langeweile kam nicht auf. Die beiden Nebenbuhler nahmen zwar einen zu dominanten Part ein, gewannen aber schnell die Sympathie der Besucher mit ihrer herrlichen Naivität und Tollpatschigkeit. Leonarda spielte ihre Rolle souverän und authentisch. Durch die "fränkische Zofe" wurde die Brücke zu Kronach geschlagen. Jedoch wurde - typisch Leistner - wieder einmal viel gerannt und Hektik verbreitet. Hinzu kam viel Geschrei und Theatralik, was die einen als äußerst unterhaltsam auffassten, die andren vielleicht beinahe als stressig empfanden.
Mit den meisten Witzen erzielten die Darsteller eine Punktlandung. Für den ein oder anderen Gag war jedoch die Vorlage zu eindeutig, als dass die Pointe noch große Überraschung war. Für Theaterliebhaber, die Freude an einem feurigen Stück mit sehr ambitionierten und talentierten Darstellen haben, ist diese Stück jedoch ein Muss.