Der Musketier aus Kronach und seine Muskete

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Walter Schinzel-Lang zielt mit einer nachgebauten Muskete aus dem 17. Jahrhundert auf eine zeitgenössische Rüstung. Foto: Dominic Buckreus
Walter Schinzel-Lang zielt mit einer nachgebauten Muskete aus dem 17. Jahrhundert auf eine zeitgenössische Rüstung. Foto: Dominic Buckreus
Die Lunte brannte in der Halterung (rechts) und schlug beim Abziehen auf die Zündpfanne (links) auf. Foto: Dominic Buckreus
Die Lunte brannte in der Halterung (rechts) und schlug beim Abziehen auf die Zündpfanne (links) auf. Foto: Dominic Buckreus
 
Auf die Zündpfanne legte der Musketier das Zündkraut. Foto: Dominic Buckreus
Auf die Zündpfanne legte der Musketier das Zündkraut. Foto: Dominic Buckreus
 
Die Zündpfanne konnte geschlossen werden, wenn der Musketier gerade nicht schießen wollte. Foto: Dominic Buckreus
Die Zündpfanne konnte geschlossen werden, wenn der Musketier gerade nicht schießen wollte. Foto: Dominic Buckreus
 
Unter dem Lauf der Muskete steckt der Ladestock. Foto: Dominic Buckreus
Unter dem Lauf der Muskete steckt der Ladestock. Foto: Dominic Buckreus
 
Eine Bleikugel und eine Schnur für die Lunte. Foto: Dominic Buckreus
Eine Bleikugel und eine Schnur für die Lunte. Foto: Dominic Buckreus
 
Das Bandelier mit Beutel für Kugeln und Fläschchen für Schwarzpulver Foto: Dominic Buckreus
Das Bandelier mit Beutel für Kugeln und Fläschchen für Schwarzpulver Foto: Dominic Buckreus
 
Zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs waren die Musketen noch schwerer. Daher benutzten sie eine Stützgabel (Furkett). Foto: Dominic Buckreus
Zu Beginn des Dreißigjährigen Kriegs waren die Musketen noch schwerer. Daher benutzten sie eine Stützgabel (Furkett). Foto: Dominic Buckreus
 
Foto: Dominic Buckreus
Foto: Dominic Buckreus
 
Das Original von Johann Michael Wagner aus Kronach mit einer sogenannten Radschlosszündung Foto: Dominic Buckreus
Das Original von Johann Michael Wagner aus Kronach mit einer sogenannten Radschlosszündung Foto: Dominic Buckreus
 
In diesen Fläschchen bewahrten die Musketiere ihr Zündkraut für die Zündpfanne auf. Foto: Dominic Buckreus
In diesen Fläschchen bewahrten die Musketiere ihr Zündkraut für die Zündpfanne auf. Foto: Dominic Buckreus
 

Walter Schinzel-Lang ist einer der letzten Musketiere. Er weiß, wie die Kronacher im 17. Jahrhundert die Stadt verteidigten und wofür sie berühmt waren.

Walter Schinzel-Lang zieht vorsichtshalber seine weißen Samthandschuhe an. Schließlich verunreinigt jede Berührung sein wertvollstes Stück. Aus einer länglichen, dunkelgrünen Tasche zieht er behutsam eine alte Muskete. Ein Original aus dem Jahr 1695. Gebaut von einem Kronacher, namens Johann Michael Wagner.

Kronach war im 17. und 18. Jahrhundert bekannt für seine Büchsenmacher. Sie waren keine Massenproduzenten, wie etwa in Suhl, sagt Schinzel-Lang. Aber sie waren wohl technisch und vor allem künstlerisch begabt: "Solche Musketen wurden auch gern als Geschenke gekauft", erklärt er.


Kein Hexenwerk

Heute sind solche Stücke sehr wertvoll. Und Musketiere schießen nur noch in die Luft - ungeladen natürlich. Etwa am Melchior-Otto-Tag, wenn die Kronacher den einstigen Bamberger Fürstbischof ehren. Genauer gesagt dieCronacher Ausschuss Compagnie. Walter Schinzel-Lang ist ihr Obrist und hat in seiner "Waffenkammer", wie er sie nennt, ein ganzes Arsenal an Musketen.

Eine nach der anderen holt er aus den Regalen, präsentiert sie stolz, legt sie an. Mal mit Radschloss-, mal mit Steinschlosszündung. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges hätten die Soldaten ihre Waffe aber meist mit einer Lunte gezündet, erklärt er. "Diese Waffen waren recht einfach gebaut", sagt Schinzel-Lang. Die meisten Schmiede hätten so etwas anfertigen können. Im Grunde sei es nur ein Rohr aus Eisen und ein Holzschaft, sagt er.


Schießen will gelernt sein

Die Kronacher Soldaten hatten damals schwer zu tragen. Bis zu acht Kilo konnte eine Muskete wiegen, "im Laufe des Krieges wurden sie aber leichter gebaut", erläutert der Historiker. Leichter wurde das Schießen trotzdem nicht. 143 Einzelbefehle listet der Militärschriftsteller Johann Jacobi von Wallhausen in seiner "Kriegskunst zu Fuß" von 1615 auf. "Das wurde aber nie gemacht. Die Anleitung war nur für die Ausbildung", sagt Schinzel-Lang.

Im Feld legte der Musketier Zündkraut - ein feines Schwarzpulver - auf die sogenannte Zündpfanne. Durch ein Loch ist sie mit dem Lauf verbunden. Dann schüttete er das grobe Schwarzpulver in den Lauf, stopfte es mit dem Ladestock schön fest und ließ die tödliche Bleikugel hineinrollen. Zwischen 13 und 19 Millimeter waren diese klein. Damals gab es noch keine Norm.

Dann zündete er die Lunte an. Meist eine Hanfschnur, manchmal getränkt mit Salpeterlösung, erklärt der Unterrodacher. Wenn der Soldat abdrückte, schlug die brennende Lunte auf die Zündpfanne mit dem Zündkraut auf. Das Feuer sprang von dort über die Bohrung in den Lauf über und entzündete das Schwarzpulver. Die Explosion schleuderte die Kugel aus der Muskete.

Bis etwa 50 Meter richtete die Kugel noch Schaden an. Die Soldaten trugen die runden Geschosse in einem kleinen Beutel mit sich. Zusammen mit kleinen Holzfläschchen mit einer Ladung Schwarzpulver drin, hing alles an einem Lederriemen um den Oberkörper, genannt Bandelier. Dazu noch ein Fläschchen für das Zündkraut, einen Degen (Rapier) für den Nahkampf und fertig war der Musketier. Eine Rüstung trugen sie nicht mehr: "Die hat bei einem Treffer nichts mehr genützt", sagt Schinzel-Lang.


Die taktischen Feinheiten

"Ein einigermaßen geübter Schütze konnte zweimal pro Minute schießen", fügt er an. In der Schlacht haben sich die Musketiere deshalb auch abgewechselt. In den Reihen sei immer eine Lücke gewesen, sagt der Obrist. Wenn die Vorderen nachladen mussten, sind die Hinteren vorgerückt, um die nächste Salve auf den Gegner abzufeuern.

Die Kronacher hätten damals aber anders gekämpft, als die Schweden vor den Toren standen: "Die Kronacher saßen in ihrer ummauerten Stadt und haben auf alles gefeuert, was kam", sagt er.


Jeder kann eine Muskete kaufen

Der Historiker weiß das, weil es für die Stadt aussagekräftige Quellen gibt. Etwa die Kriegschronik von Hans Nikolaus Zitter. Darin beschreibt er auch den Salut für Melchior Otto - an dessen Gedenktag. Der Kronacher Ausschuss praktiziert das heute noch "ungefähr so, wie es Zitter beschreibt", erklärt Schinzel-Lang. Nur seien damals noch etwa 100 Kronacher Bürger und Offiziere beteiligt gewesen.

Für die Salutschüsse brauche die Compagnie eine Sondergenehmigung wegen des Lärmschutzes, sagt er. Eine Muskete kaufen könne aber jeder ab 18. Nur für das Schwarzpulver braucht es eine Erlaubnis.

Beim Ehrentag wird Schinzel-Lang natürlich nicht das wertvolle Original von Johann Michael Wagner verwenden. Dieser entstammt übrigens aus einer "regelrechten Büchsenmacherdynastie", sagt Schinzel-Lang. Seine Werkstatt befand sich damals in der Strau, an der Stelle der evangelischen Kirche. Ursprünglich stand dort die Büchsenschmiede eines anderen Kronacher Meisters: Andreas Limmer. Die entsprechende Straße ist heute noch nach ihm benannt.


Der Melchior-Otto-Tag in Kronach

Im Dreißigjährigen Krieg hat die Kronach mehrere Angriffe erfolgreich überstanden.

Fürstbischof Melchior-Otto Voit verlieh der Stadt wegen ihrer Tapferkeit im Jahr 1651 unter anderem ein neues Stadtwappen. Dies steht heute auf der 1654 errichteten Säule auf dem Melchior-Otto-Platz.

Den Gedenktag feiern die Kronacher zu seinen Ehren immer am Sonntag nach Sebastiani. Er beginnt mit einem Gottesdienst in der St. Johannes-Kriche um 9 Uhr. Treffpunkt ist um 8.45 am historischen Rathaus.

Die Cronacher Ausschuss Compagnie beteiligt sich dabei mit mehreren Salutschüssen aus ihren historischen Waffen auf dem Melchior-Otto-Platz gegen 9.45 Uhr bis 10 Uhr.