Demographischer Wandel: Wenn die Heimat wieder ruft

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Grafik: Franziska Schäfer
Grafik: Franziska Schäfer

Der Landkreis schrumpft: Längst geht die Schere der Geburten- und Sterberate auseinander. Städte und Gemeinden setzen auch auf Rückkehrer.

Erst schließen die Kindergärten, dann die Schulen. Der Grund: Es fehlen schlicht die Kinder. Realität ist das nicht - zumindest im Kreis Kronach. Daran dürfte sich auch in den kommenden Jahren trotz stetig sinkenden Einwohnerzahlen wenig ändern. "Die Geburten sind bei uns relativ konstant", erklärt etwa Ludwigsstadts Bürgermeister Timo Ehrhardt (SPD).

Der schwächste Wert waren in den vergangenen zehn Jahren die 15 Geburten, die 2010 registriert wurden. Die 26 für das Jahr 2015 gezählten lagen dagegen meist über dem Schnitt von rund 20 Kindern. "Die Schulen sind bei uns daher in der ersten Klasse immer zweizügig", so Ehrhardt. Ein Wert, mit dem die Kommune in Zeiten des Demographischen Wandels gut Leben kann. Das eingangs gezeichnete Horrorszenario ist weit entfernt. Die Frage ist nur, ob ein "noch" hinzugefügt werden muss.


Die Bevölkerung schrumpft

Denn gruselig sind die Zahlen, die das Bayerische Landesamt für Statistik auf Anfrage mitteilte, dennoch, hinkt das Verhältnis von Sterbefällen zu Geburten doch gewaltig. Nicht nur in nahezu allen Städten und Gemeinden des Landkreises, sondern bundesweit. Folge: Die Bevölkerung schrumpft.

Doch obwohl den Todesfällen letztlich weniger Geburten gegenüberstehen, muss die Einwohnerzahl nicht zwangsläufig sinken. "Man sieht, dass es zu einer Stabilisierung der Einwohnerzahlen gekommen ist", sagt Erhardt und verweist auf die Auswertungen seines Rathauses, die für die vergangenen vier Jahre mehr Zu- als Wegzüge verzeichnen.

2015 stieg die Einwohnerzahl demnach sogar wieder um eine Person. "Das liegt sicher auch an den rund 60 Flüchtlingen, die in den letzten beiden Jahren hinzugekommen sind", sagt Ludwigsstadts Bürgermeister. "Die möchten wir auch gerne hier behalten und freuen uns, wenn sie sich in Ludwigsstadt wohlfühlen." Das soll freilich auch für die umworbene Gruppe der 20- bis 35-Jährigen gelten. "Bei den Jüngeren haben wir auch Zuzüge, weil es bei uns ein großes Angebot an Wohnungen gibt."


Bindung aufbauen

Doch nicht nur Ludwigsstadt hat es auf potenzielle Neu-Bürger aus dieser Altersschicht abgesehen. In Stockheim etwa sehen die Pläne nicht viel anders aus. Der gerade frisch wiedergewählte Bürgermeister Rainer Detsch (FW) sieht für ländlichere Regionen gar einen Standortvorteil. "Junge Leute können sich hier leichter ein Grundstück leisten, leichter eine Immobilie erwerben und renovieren oder neu bauen", erklärt der 58-Jährige.
Erfreut beobachte er dabei, dass Kinder, die in Stockheim aufgewachsen sind, wieder zurückkehren. "Die jungen Leute sollen ruhig weg, sollen studieren, ihre berufliche Erfahrung sammeln. Ich habe es ja nicht viel anders gemacht", erklärt Detsch. Aber wer seinen Heimatort verlasse, solle etwas mitnehmen. Die emotionale Bindung. Sofern es die Rahmenbedingungen wie Arbeit oder Partnerschaft zulassen und diese Bindung noch bestehe, kämen sie zurück, um dort zu leben.

Ganz wichtig seien dafür die Vereine, betont Hans Pietz (FW). Der Bürgermeister von Pressig hofft ebenfalls auf Rückkehrer. "Schon durch die Integration in jungen Jahren wird diese Verbindung erzeugt", so Pietz. "Und die pflegen die Jungen auch, wenn sie ihren Heimatort verlassen haben."

Detsch beobachtet zudem einen Rückgang der Verstädterung - die daher auch nicht länger gefördert werden solle. Statt Geld in Ballungszentren zu pumpen, müsse dem ländlichen Raum mit seinen Kommunen und Kleinstädten die Möglichkeit gegeben werden, sich weiterzuentwickeln. "Mobilität muss da Vorrang haben", betont Detsch.


Kurze Wege

Während Ludwigsstadt, Stockheim und Pressig alle mit der Bahnanbindung zufrieden sind - Ehrhardt mit seiner Stadt bekanntlich bald sogar einen IC-Halt erhalten soll - sieht das bei den Straßen anders aus. "Was den Verkehr angeht, kennt man ja die Diskussion", bemerkt Ehrhardt vielsagend.

Je weiter es nördlich in den Landkreis geht, desto schwieriger wird es, mit der Anbindung ans Straßennetz oder gar der Entfernung zur nächstgelegenen Autobahnzufahrt argumentieren zu können.

Ziel der Landkreis-Kommunen ist es, ein möglichst attraktives Angebot zu schaffen. Mit einer guten Anbindung in umliegende Städte, mit dem Ausbau der DSL-Leitungen oder der Investition in Schulen. Doch egal wieviele junge Familien ihre Zukunft im Kreis Kronach sehen. Die Einwohner werden weniger. "Wir können den Wandel nicht aufhalten, aber wir müssen ihn gestalten", sagt Ehrhardt daher.

Und weil zum demographischen Wandel dazugehöre, dass die Bevölkerung älter wird, müsse auch dafür gesorgt werden, dass deren Bedürfnissen gerecht werden kann. Durch kurze Wege bei der Lebensmittelversorgung ebenso wie durch die Ansiedlung von Fachärzten: "Man muss halt versuchen, die Rahmenbedingungen zu erfüllen. Da sind alle aus der Region sehr bemüht."