CSU-Basis begrüßt Seehofer-Rückzug - Gemeinderat: "Er hat das Fußvolk vergessen"

3 Min
2013 war Horst Seehofer als bayerischer Ministerpräsident gern gesehener Gast auf der Festung Rosenberg. Jetzt freuen sich auch im Landkreis Kronach einige über seinen Rückzug als CSU-Vorsitzender. Foto: Archiv/Barbara Herbst
2013 war Horst Seehofer als bayerischer Ministerpräsident gern gesehener Gast auf der Festung Rosenberg. Jetzt freuen sich auch im Landkreis Kronach einige über seinen Rückzug als CSU-Vorsitzender. Foto: Archiv/Barbara Herbst
Hans Michelbach. Foto: Archiv
Hans Michelbach. Foto: Archiv
 
Jürgen Baumgärtner. Foto: Archiv
Jürgen Baumgärtner. Foto: Archiv
 
Rudolf Kotschenreuther. Foto: Archiv
Rudolf Kotschenreuther. Foto: Archiv
 

Die Kronacher Abgeordneten und ein Gemeinderat sind sich einig: Der Rücktritt von Horst Seehofer als Vorsitzender der CSU war überfällig.

Ob gewollt oder nicht: Horst Seehofer hat seinem Rivalen Markus Söder am Montag noch einmal ein Schnippchen geschlagen. Die Meldung über seinen Rückzug vom CSU-Vorsitz, aber sein Bleiben als Bundesinnenminister, hat die Bildung des neuen bayerischen Kabinetts in den Nachrichtenspalten nach unten verdrängt. Die Freude über seine Entscheidung ist derweil groß. Und in der CSU wünschen sich viele nun Markus Söder als Seehofers Nachfolger.

Hans Michelbach

Der Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Coburg-Kronach, der am Sonntag in der Sitzung der rund 20 CSU-Entscheider mit am Tisch in München saß, begrüßt den Rückzug des Parteivorsitzenden. "Es muss einen Neuanfang geben - inhaltlich und auch strukturell. Das habe ich Horst Seehofer auch persönlich gesagt."

In den vergangenen Jahren haben Michelbach und Seehofer - beide Jahrgang 1949 - zusammen viele politische Schlachten geschlagen. "Wir sind befreundet und respektieren uns - auch wenn wir in der Sache oft gestritten haben", erinnert sich Michelbach. Häufig vertraten sie gegensätzliche Positionen, als Seehofer als Sprecher der Sozialausschüsse eher die Arbeitnehmer und Michelbach, seit 2000 Landesvorsitzender der Mittelstands-Union, eher Arbeitgeber vertrat. "Aber wir haben zusammen viel erreicht", sagt Michelbach, und zeigt Respekt vor Seehofer. "Es hat Größe, ein Amt abzugeben."

"Charakterlich ganz schwach"

Enttäuscht ist Michelbach über Parteikollegen, die der Presse bereits am Sonntag Ergebnisse der Sitzung gesteckt haben. "Es wurde einstimmig beschlossen, erst nach der Vereidigung des neuen bayerischen Kabinetts an die Öffentlichkeit zu gehen. Dass einige ihren Vorteil sehen und denken, Journalisten schreiben dann besser über sie, ist charakterlich ganz schwach", findet Michelbach, der selbst acht Presse-Anfragen während der Sitzung hatte.

Als Nachfolger von Seehofer wünscht er sich Ministerpräsident Söder. "Wir sind immer am besten gefahren, wenn die Ämter bei einer Person lagen. Das hat in Berlin mehr Durchschlagskraft." Doch nicht nur personell brauche es Änderungen. "Wir müssen wieder mit den Leuten diskutieren. Die Menschen fühlen sich nicht eingebunden - dann hast du keine Akzeptanz."

Jürgen Baumgärtner

Der Landtagsabgeordnete für Kronach/Lichtenfels war am Tag nach der Landtagswahl einer der Ersten, der die Verantwortung bei Horst Seehofer sah. Die Rücktrittsforderung der Frankenwald-CSU begründete Baumgärtner auch in überregionalen Medien. Die Reaktion des 45-Jährigen am Montag verwundert daher nicht: "Ich danke Horst Seehofer für das, was er für die CSU geleistet hat. Aber ich bin froh, dass er endlich den Weg frei macht für einen Neuanfang."

Verständnis für Weitermachen als Minister

Verstehen kann der Steinberger, dass Seehofer Innenminister bleibt. "Er ist auf Bundesebene anerkannt, weil er das konservative Profil einbringt, das die CDU nicht mehr hat. Deshalb macht es Sinn." Spätestens ein Jahr vor der nächsten Bundestagswahl müsse er aber gehen. Als Seehofer-Nachfolger plädiert Baumgärtner für Söder. "Ich favorisiere es, die Ämter bei einer Person zu halten." Zum Zeitpunkt des Seehofer-Abgangs am Tag der Kabinetts-Vorstellung sagt Baumgärtner: "Er ist nicht glücklich, aber Seehofer hatte zuletzt selten ein glückliches Händchen."

Um wieder Wahlen zu gewinnen, müsse sich die CSU breiter aufstellen. Diesbezüglich hält er das verjüngte Kabinett Söder II und Markus Weber als Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei für die Europawahl für gute Entscheidungen. "Wenn wir Volkspartei bleiben wollen, brauchen wir realpolitische Antworten." Baumgärtner nennt pragmatisches Vorgehen in der Flüchtlingspolitik, eine professionellere Organisationsstruktur der Partei, einen radikalen Wandel beim Klimaschutz und mehr Basisdemokratie.

Baumgärtner selbst möchte sich künftig in zwei neuen Ausschüssen beweisen: in Bau und Verkehr, der aus dem zweigeteilten Wirtschaftsausschuss hervorgeht, in dem Baumgärtner bislang saß. Außerdem will er den Gesundheits- gegen den Wissenschaftsausschuss eintauschen, um das Projekt "Hochschulregion Kronach" voranzutreiben. Die Entscheidung darüber fällt in der nächsten Woche.

Rudolf Kotschenreuther

Der Steinwiesener Gemeinderat ist einer von der Basis. Seit 16 Jahren sitzt der Unternehmer, der zusammen mit seinem Bruder das Unternehmen "Kotschenreuther Stapler und Systemtechnik" als Geschäftsführer leitet, im Gremium des Marktes im Frankenwald. Seit 2002 ist Kotschenreuther CSU-Mitglied, vorher war er in der Jungen Union (JU). Seit sechs Jahren ist der 50-Jährige zudem Vorsitzender des Ortsverbandes Neufang.

Mit der Arbeit von Horst Seehofer war Kotschenreuther lange Zeit zufrieden. "Ich fand gut, dass Bayern als erstes Bundesland ein Heimatministerium eingeführt hat", nennt er ein Beispiel. Allerdings erinnere sich Kotschenreuther noch gut an das, was der Noch-Parteichef vor fünf Jahren im Rahmen einer Veranstaltung in Neufang gesagt habe: "Er sprach davon, dass er die Weichen für einen Übergang stellen will."

"Zeichen der Zeit nicht erkannt"

Genau das habe Seehofer aber versäumt. "Er hätte sich schon vor ein, zwei Jahren verabschieden müssen." Seehofer habe in diesem Punkt versagt. "Wenn ein Unternehmer wie ich nicht seine Nachfolge rechtzeitig regelt, hat er auch ein Problem. Seehofer hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt. Er hätte die Verantwortung eher an Junge weitergeben müssen."

Wie die Abgeordneten Hans Michelbach und Jürgen Baumgärtner wünscht sich auch Rudolf Kotschenreuther nun Markus Söder als CSU-Vorsitzenden. "Wir brauchen jetzt jemanden, der die Partei führt."

Die wichtigste Aufgabe sei es nun, wieder auf die Basis einzugehen. "Die CSU darf keine Politik an den Leuten vorbei machen." Seehofer habe gleiche Fehler begangen wie Edmund Stoiber am Ende seiner Amtszeit. "Er hat nicht mehr zugehört, das normale Fußvolk vergessen."

Für die Ortsverbände gelte es nun, motiviert nach vorne zu blicken. "Im Zusammenspiel zwischen Abgeordneten und Basis können wir die Leute für uns motivieren", ist Kotschenreuther, der den Ortsverband Neufang von 26 auf 55 Mitglieder vergrößert hat, überzeugt.